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Oneiros: Tödlicher Fluch

Oneiros: Tödlicher Fluch

Titel: Oneiros: Tödlicher Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Rudervereins im Seitenarm des Elstermühlgrabens, wo er sein schnelles Boot vertäut hatte. Er löste die Leinen und überlegte, wie er mit seinem verletzten Bein über die senkrechten Metallsprossen nach unten gelangen sollte.
Vielleicht nehme ich ausnahmsweise die Tram an den See?
    »E-e-es ist gar nicht so leicht, Sie zu finden«, sagte eine Frauenstimme in seinem Rücken. »Aber ich dachte mir, dass ich S-s-sie früher oder später bei Ihrem Boot antreffen würde.«
    Konstantin wandte sich langsam um, die Tüte immer noch über der Schulter.
In letzter Zeit wollen zu viele Menschen was von mir.
    Er stand einer gutaussehenden Frau von Anfang dreißig gegenüber, die ein fließendes Sommerkleid einer Edelmarke trug und darin umwerfend aussah; das Hellgrau betonte ihre leuchtenden braunen Haare, die kurz geschnitten, aber hinten lang genug für eine Spange waren. Das Griffende der Haarnadel, die durch eine Lederlasche gesteckt war und einen kleinen braunen Zopf in Zaum hielt, gefiel Konstantin: Es war ein grinsender Totenschädel, so geschickt gearbeitet, dass das Motiv erst auf den dritten Blick auffiel. »Wer hat Ihnen denn verraten, dass ich ein Boot und eine Anlegestelle habe?«
    »Ihre S-s-ekretärin. Nachdem ich bereits im Krankenhaus war und man mir sagte, dass Sie gegangen sind, vermutete ich Sie hier. Oder auf Ihrem H-h-hausboot.« Sie lächelte und hielt ihm die Hand hin. »Ich bin Sophie Kronau, und ich habe einen Auftrag für Sie, Herr Korff. Bitte v-v-verzeihen Sie mein Stottern. Die A-a-aufregung.«
    Es kam Konstantin merkwürdig vor, dass die Frau ihn spätabends am Anleger abpasste und nicht einfach gewartet hatte, bis er morgen früh wieder im Büro saß. Entweder war die Sache dringend – oder es verbarg sich ein ganz anderer Grund dahinter.
    Daher blieb er vorsichtig, als er ihre Hand nahm und sie schüttelte; an ihrer Pulsader und auf der Innenseite des Oberarms sah er Ankhs, ägyptische Kreuze, eintätowiert. Das Symbol für Unsterblichkeit. »Kommen Sie doch bitte morgen ins
Ars Moriendi.
Meine Geschäftszeit ist für heute vorbei.« Er wollte rasch auf die
Vanitas,
sich umziehen und die Nachforschungen starten.
    Sophie machte keine Anstalten zu gehen. »Das s-s-sagte mir Ihre Sekretärin auch, aber es ist sehr d-d-dringend. Sie müssten mich heute noch begleiten.« Sie sah an ihm herab, von dem dreckigen Polohemd über die Krankenhaushose bis zu dem verkrusteten Schuh. »Aber vielleicht packen Sie vorher noch ein paar Dinge, damit Sie sich u-u-umziehen können … und am Flughafen durch die Sicherheitsk-k-kontrolle kommen.«
    Ihren leicht rollenden Akzent konnte er nicht recht einordnen, er ließ ihn ans Banater Deutsch denken. »Wenn ich Sie richtig verstehe, soll ich Sie sofort begleiten? Um
was
zu tun?«
    »S-s-sie sind der beste Thanatologe Europas, wurde mir gesagt.« Sophie schien sich über ihr Stottern selbst zu ärgern und mied seinen Blick. Sie kramte in ihrer kleinen Handtasche und nahm ein Röhrchen mit Tabletten heraus, öffnete es, schüttete zwei auf die Hand und schleuderte sie mit einer routinierten Bewegung in den Mund. »Entschuldigung. G-g-gleich wird es besser.«
    Konstantin hatte noch nie von einer Pille gegen Stottern gehört. Vermutlich waren die Tabletten ein psychologischer Trick aus einer Therapie, der half, die Sprachblockade zu lösen. »Tut mir leid, aber Frau Kawatzki hätte Ihnen gleich sagen sollen, dass ich die nächsten Tage ausgebucht bin. Und mit dem verletzten Bein kann ich ohnehin kaum reisen. Fragen Sie den Kollegen Kuckelkorn aus Köln. Er steht im Telefonbuch. Entschuldigen Sie mich bitte.« Er streckte die Finger nach dem Handlauf aus, um die erste Sprosse zu erklimmen und zu seinem Boot zu klettern.
    »Bitte! Es ist für Sie nicht mehr als ein Tag Arbeit. Mein Bruder ist von einer Straßenbahn erwischt worden, und meine Familie möchte Abschied nehmen. Ich bin mir sicher, dass kein anderer als Sie es hinbekommen kann, dass mein Bruder wieder nach meinem Bruder aussieht.« Sie blickte ihn flehend an, doch etwas an ihrem Gesichtsausdruck wollte nicht recht passen. In ihren Augen fehlte die Emotion. Eine Laienschauspielerin.
    Konstantin wurde misstrauisch.
Weg von hier.
»Es tut mir leid, Frau Kronau. Ich habe zu tun.«
    » 50 000  Euro, Herr Korff? Hin- und Rückflug erster Klasse, Fünf-Sterne-Hotel inklusive.«
    »Einen schönen Abend und nichts für ungut.« Konstantin stieg langsam hinab, biss auf die Zähne, weil sein Bein höllisch weh

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