Operation Romanow
ukrainische Feldwebel mit einem boshaften, hämischen Gesichtsausdruck und der Nagaika in der rechten Hand.
Tarku legte das Gewehr an. Keine Sekunde später zischte die Nagaika mit einem lauten Knall durch die Luft und traf die Hand des Unteroffiziers. Er schrie auf und ließ die Waffe fallen. Die Peitsche zischte erneut und schlang sich um Tarkus Hals. Der große Ukrainer zog ihn zu sich heran und verpasste ihm eine Kopfnuss, worauf der Unteroffizier wie ein Sack Mehl zu Boden ging.
Der Ukrainer grinste. »Jetzt bist du dran, Andrew. Es wird mir großes Vergnügen bereiten, dir eine Lektion zu erteilen!«
Andrew versuchte, der Peitsche auszuweichen, doch sie traf seine verwundete Schulter. Ein stechender Schmerz schoss durch die Wunde, und ihm entfuhr ein verzweifelter Schrei.
Mersk warf die Nagaika feixend auf den Boden und zog einen Kosakendolch mit doppelter Schneide vom Gürtel. Die Klinge blitzte in seiner Hand. »Es wird Zeit, dass ich das hier ein für alle Mal beende! Ich werde dir bei lebendigem Leibe die Haut abziehen, Andrew.«
Das Pfeifen der Lokomotive aus Omsk schrillte durch die Nacht, als sie in der Nähe des Lagers um eine Biegung fuhr. Die Stirnleuchte war keine fünfhundert Meter mehr entfernt. Eine Rauchfahne quoll aus dem Schornstein und wehte über die Lokomotive hinweg. Als Mersk den Zug sah, fiel der Groschen. »Das hast du also vorgehabt, Andrew? Eine schnelle Fahrt in die Freiheit? Zu spät! Das schaffst du nicht mehr.«
Stanislaw stöhnte benommen und rappelte sich mühsam auf.
»Und wo willst du hin, du kleiner Scheißkerl?«, sagte Mersk zu ihm.
Der Junge war noch nicht ganz zu sich gekommen und konnte sich kaum auf den Beinen halten. »Mein … mein Gewehr …«
Als der verstörte Stanislaw seine Waffe aufheben wollte, holte der Ukrainer aus und stieß ihm die Klinge in den Rücken. Stanislaw schrie und bäumte sich auf. Seine Augen spiegelten nacktes Entsetzen wider, als er auf dem schneebedeckten Boden zusammenbrach. Mit einem Grinsen im Gesicht zog der Ukrainer die Klinge aus der Wunde und wischte sie an seinem Mantelärmel ab.
»Nein!«, stammelte Andrew ungläubig, und ein Schrei des Entsetzens kroch seine Kehle hinauf.
»Jetzt bist zu dran …«
»Du elendes Schwein!«, schrie Andrew und starrte fassungslos auf Stanislaws sterbenden Körper. Mit geballter Faust stürzte er sich auf den Ukrainer und verpasste ihm einen harten Schlag aufs Kinn. Der kräftige Mann geriet ins Taumeln und war sekundenlang wie benommen, doch dann sauste sein Dolch wieder durch die Luft.
»Sag dem Teufel guten Tag, Andrew, denn du wirst ihn gleich treffen.« Als Mersk zustoßen wollte, ging Andrew blitzschnell in die Hocke, machte einen Satz nach vorn und trat Mersk gegen den linken Knöchel. Der Ukrainer verlor das Gleichgewicht und stürzte in den Schnee.
Als er sich anschickte aufzustehen, schlang Andrew seinen gesunden Arm um den Hals des Feldwebels, rammte ihm ein Knie in den Rücken und drückte ihm mit aller Kraft die Kehle zu. Der Ukrainer schnappte nach Luft und versuchte, sich aus dem Würgegriff zu befreien, doch ihm schwanden die Sinne. Er brach zusammen und blieb reglos liegen.
Mit wackeligen Beinen und stechenden Schmerzen in der Schulter stand Andrew auf und rang nach Atem.
Der Zug aus Omsk raste auf ihn zu. Dampfwolken vernebelten den Nachthimmel, und ein schrilles Pfeifen ertönte. Andrew beugte sich über Stanislaw, dessen Augen weit aufgerissen waren. Er fühlte seinen Puls – der Junge war tot.
»Du armes, unschuldiges Kind.« Andrew bekam feuchte Augen, als er Stanislaws Lider zudrückte. Er wiegte ihn in den Armen und schüttelte untröstlich den Kopf. »Warum er? Warum? Er war noch ein Kind, verdammt … ein Kind!«
Als er das Pfeifen des Zuges erneut hörte, wischte sich Andrew über die Augen und legte den Toten behutsam in den Schnee. Dann riss er Tarku hoch und schüttelte ihn. »Wachen Sie auf! Wachen Sie auf, verdammt!«
Allmählich kam Tarku wieder zu sich. Benommen schob er die Brille auf den Nasenrücken und starrte auf die beiden leblosen Körper. »Was … was ist passiert?«
»Später. Der Zug, Tarku! Rennen Sie zu den Schienen!«
»Haben Sie Mersk getötet?«
»Wir haben keine Zeit, das zu überprüfen. Laufen Sie!«
Der Güterzug näherte sich, und plötzlich war er direkt vor ihnen. Das schrille Pfeifen hallte in ihren Ohren, und der Boden bebte unter ihren Füßen, als er langsam um die Biegung fuhr.
Andrew warf einen letzten kummervollen
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