Operation Zombie
hatten die Fenster hochgekurbelt, Sicherheitsglas. Die Toten konnten nicht hinein, aber die Lebenden konnten nicht hinaus. Ich sah, wie einige Leute in Panik gerieten, durch Windschutzscheiben schössen und so selbst den einzigen Schutz zerstörten, den sie hatten. Dumm. Sie hätten sich da drin ein paar Stunden erkaufen und möglicherweise sogar entkommen können. Aber vielleicht gab es gar kein Entkommen, nur ein schnelleres Ende. Ich sah einen Pferdetransportwagen, noch an einen Pick-up auf der mittleren Spur angekoppelt. Er schaukelte wie verrückt hin und her. Die Pferde befanden sich noch darin. Der Schwarm setzte weiter seinen Weg zwischen den Autos hindurch fort und fraß sich buchstäblich durch die stehende Kolonne und alle armen Teufel, die zu fliehen versuchten, und das quält mich am meisten daran, sie hatten überhaupt kein Ziel vor Augen. Dies war die I-80, der Abschnitt der Autobahn zwischen Lincoln und North Platte. In beiden Städten grassierte die Infektion ebenso schlimm wie in den Ortschaften dazwischen. Was glaubten die, hatten sie für Chancen? Wer organisierte diesen Exodus? Überhaupt jemand? Sahen die Leute nur eine Autoschlange und reihten sich ein, ohne Fragen zu stellen? Ich versuchte mir vorzustellen, wie es gewesen sein musste, Stoßstange an Stoßstange, weinende Kinder, bellende Hunde, das Wissen, was einen nur wenige Meilen weiter hinten verfolgte, und hoffen, beten, dass jemand weiter vorn weiß, wohin er flieht. Haben Sie jemals von dem Experiment gehört, das ein amerikanischer Journalist in den 1970er Jahren in Moskau durchgeführt hat? Er stellte sich einfach vor ein Gebäude, kein besonderes, irgendeine willkürlich gewählte Tür. Und tatsächlich stellte sich jemand hinter ihm an, dann noch ein paar, und nicht lange, da standen sie um den ganzen Häuserblock herum. Niemand fragte, warum hier Schlange gestanden wurde. Die gingen einfach davon aus, dass es sich lohnen würde. Ich kann nicht sagen, ob die Geschichte wahr ist. Vielleicht ist es eine populäre Legende oder ein Mythos des Kalten Krieges. Wer weiß?
Alang, Indien
[Ich stehe mit Ajay Shah am Ufer und betrachte die rostenden Wracks der einst so stolzen Schiffe. Da die Regierung nicht über die Mittel verfügt, sie entsorgen zu lassen, und da Zeit und die Elemente ihren Stahl so gut wie nutzlos gemacht haben, bleiben sie als stumme Zeugen des Gemetzels erhalten, das einst hier an diesem Strandabschnitt stattgefunden hat.]
Sie sagen mir, was sich hier abgespielt hat, sei nichts Ungewöhnliches gewesen, an den Küsten der ganzen Welt hätten Leute verzweifelt versucht, alles, was schwimmen konnte, zu erklimmen, weil sie sich auf See bessere Überlebenschancen erhofften.
Ich wusste nicht, was Alang war, obwohl ich mein ganzes Leben im nahe gelegenen Bhavnagar verbracht hatte. Ich arbeitete als Büroleiter, ein »besserer« Angestellter mit Schlips und Kragen, seit ich die Universität verlassen hatte. Ich hatte nur mit den Händen gearbeitet, um eine Tatstatur zu bedienen, und meist nicht einmal das, weil unsere Software über Spracherkennung funktionierte. Ich wusste, dass Alang eine Werft war, darum ging ich ja in erster Linie dorthin. Ich rechnete mit einer Baustelle, wo ein Schiffsrumpf nach dem anderen zusammengebaut wurde, um uns in Sicherheit zu bringen. Wie konnte ich ahnen, dass genau das Gegenteil der Fall war? In Alang wurden keine Schiffe gebaut, sondern verschrottet. Vor dem Krieg war es der größte Schiffsschrottplatz der Welt. Indische Metallverwerter kauften weltweit Schiffe auf, brachten sie an diesen Strandabschnitt und weideten sie aus, bis nicht einmal mehr die kleinste Schraube übrig blieb. Die mehreren Dutzend Kähne, die ich sah. das waren keine vollbeladenen und funktionstüchtigen Schiffe, das waren nackte Hüllen, die zum Sterben hergebracht worden waren. Es gab keine Trockendocks, keine Rutschen. Alang war keine Werft, sondern nur ein langer Streifen Sandstrand. Die Standardvorgehensweise war. dass die Schiffe einfach ans Ufer gesteuert wurden und da strandeten wie verirrte Wale. Ich dachte, meine einzige Hoffnung wäre das halbe Dutzend neu eingetroffener Schiffe, die noch vor der Küste vor Anker lagen, die noch über eine Notbesatzung und, hoffte ich. einen Rest Treibstoff in den Tanks verfügten. Eines der Schiffe, die Veronique Delmas, versuchte gerade, eines ihrer gestrandeten Schwesterschiffe ins offene Meer zu ziehen. Taue und Ketten hatte man willkürlich am Bug der APL Tulip
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