Opfermal

»Da ist die Verbindung zum Planeten Mars – dem Gott des Kriegs, dem höchsten Soldaten, dessen Weg sich mit dem der Löwengestalt am Himmel kreuzt. Unser Täterprofil weist bisher darauf hin, dass unser Mann ein äußerst diszipliniertes Individuum ist. Er gibt sich große Mühe, um sicherzustellen, dass er keine DNA an den Tatorten hinterlässt. Falls der Pfähler beim Militär war, hätten sie eine Probe seiner DNA . Und vergessen wir nicht, dass er über einige Körperkraft verfügen muss, um seine kleinen Streiche auszuführen.
    Dann ist da noch der Umstand, dass Rodriguez und Guerrera mit einer 9-mm-Waffe getötet wurden, deren Kugeln Markierungen aufweisen, die mit denen einer Beretta M9 übereinstimmen. Die Ballistiker können sich natürlich nicht hundertprozentig sicher sein, aber die M9 ist seit 1990 Standard beim U S -Militär. Bedenkt man noch Raleighs relative Nähe zu Fort Bragg und Camp Lejeune, ergibt sich eine weitere Verbindung zum Irak, die wir an diesem Punkt meiner Meinung nach nicht außer Acht lassen dürfen.«
    »Ich kümmere mich darum, diesbezüglich die nötige Einsicht zu erhalten«, sagte Gates.
    »Danke, Alan. Was den Rest von uns angeht, schlage ich vor, wir stellen ein Team zusammen, das Bragg und Lejeune abdeckt, und beginnen unsere Arbeit dort – erledigen möglichst schnell den nötigen Papierkram, um medizinische Unterlagen zu erhalten und nach Militärangehörigen in der Gegend von Raleigh zu suchen, die wegen Geisteskrankheiten in Behandlung waren. Es ist eine sehr vage Chance, und wenn Sie einen besseren Vorschlag haben, wo wir anfangen könnten, bin ich ganz Ohr.«
    Dann war es still geworden; Alan Gates wusste, in allen Köpfen wirbelten Variationen desselben Themas umher. Dass der Täter aus den Reihen des Militärs kommen könnte, hatte sie so unvorbereitet getroffen wie nichts anderes von dem, was Markham an diesem Tag gesagt hatte. Und für Alan Gates war es eine Aussicht, die ihn traurig machte und erschreckte. Traurig, weil er eine unausgesprochene Verwandtschaft mit dem Täter fühlte, Erschrecken, weil er sich außerdem mit ihm identifizierte.
    Er hatte alles aus nächster Nähe gesehen. Manchmal sah er es jetzt noch, mitten in der Nacht, wenn der Traum verblasste und das warme, feuchte Blut in seinem Gesicht zum kalten Schweiß seines Albtraums abkühlte. Gottlob waren die Zeiten vorbei, als er schreiend aufwachte oder als Debbie im Gästezimmer schlafen musste, weil es sie zu Tode erschreckte, wie er sich hin und her warf und im Schlaf redete. Der Traum jedoch kam auch jetzt noch immer wieder.
    Seltsamerweise erinnerte er sich jedoch nie an den Traum selbst; er reimte sich nur hinterher alles zusammen, wenn er vermutete, dass es um den schlimmsten Tag in seinem Leben gegangen sein musste – den Tag, an dem Ronnie Blake, sein bester Freund, auf eine Landmine getreten war. Der Tag, an dem First Lieutenant Alan Gates ihn in seinen Armen sterben sah, noch während er sich das Blut und die Scheiße aus Blakes aufgeplatzten Gedärmen aus dem Gesicht wischte.
    Solche Tage konnten einen Mann zerbrechen, konnten bewirken, dass er nicht mehr richtig tickte bei seiner Rückkehr, wie man sagte. Gates war nahe dran gewesen, er hätte zerbrechen können, wenn nicht sein Glaube an Gott gewesen wäre. Ja, der Alte im Obergeschoss hatte ihn an diesem Tag gerettet, so wie er ihn ohne einen Kratzer aus Vietnam zurückkehren ließ.
    Aber dann gab es die Kerle, die auf eine andere Art zerbrachen. Die Männer, die »normal« zurückkehrten. Die Männer, die nie träumten, nie weinten, die einer regelmäßigen Arbeit nachgingen und Golf spielten, ihre Frauen bumsten und Ostereier mit den Kindern färbten. Bis sie dann eines Tages …
    Eines Tages.
    Die Ärzte und die klugen Männer mit den Diplomen hatten Namen für diesen Tag, Theorien und ausgefallene Begriffe, die er an der Georgetown University gelernt hatte und mit denen er sich in seinen vielen Jahren bei der Einheit für Verhaltensanalyse abgeben musste. Am Ende jedoch war es Alan Gates egal, warum ein Mann zerbrach; er beschäftigte sich nicht bis ins letzte Detail damit, warum der eine Junge zu einem gesunden Mitglied der Gesellschaft heranwuchs, nachdem er wiederholt von seinem Onkel vergewaltigt worden war, und ein anderer das Bedürfnis verspürte, kleine alte Damen zu ermorden, weil das Fahrrad, das ihm seine Großmutter zu Weihnachten geschenkt hatte, nicht die richtige Farbe hatte.
    Nein, letzten Endes war Alan