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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
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könnte.«
    »Es sind nur noch ein paar Sandkörnchen im Stundenglas übrig, Quinn. Das ist etwas, worauf ich keinen Einfluss habe. Vergessen Sie das nicht.« Renz legte auf, ohne sich zu verabschieden.
    Quinn saß im Schatten mit seinem Handy in der Hand und sah zu, wie der Dienstwagen auf der Central Park West am Straßenrand parkte. Pearl und Fedderman stiegen aus, gingen zum Parkeingang und kamen auf die Bank zu. Sie sahen wieder müde aus. Pearl trottete vor sich hin, und Fedderman schien kaum in der Lage, das Gewicht seines billigen Anzugs zu tragen. Seine Hose war so weit nach unten gerutscht, dass er aussah wie ein Gangsta-Rapper; sie schlackerte ihm um die Füße und wäre über den Boden geschleift, wenn er nicht so globige Schuhe getragen hätte. Die zwei sahen ganz bestimmt nicht aus wie Cops.
    Erwartungsgemäß hatten sie nichts Neues zu berichten.
    »Scheint so, als wären wir grandios gescheitert«, sagte Fedderman und wischte sich mit einem Taschentuch, das aussah, als habe es an einem Ölwechsel mitgewirkt, den Schweiß von der Stirn.
    »Ich wüsste nicht, wie man es besser ausdrücken könnte«, meinte Pearl.
    »Wir sind alle ziemlich mies gelaunt«, sagte Quinn. »Lasst uns von hier verschwinden. Irgendwohin, wo es eine Klimaanlage gibt.«
    »Ich muss zurück zum Revier und mein Auto holen«, sagte Fedderman. »Ich führe meine Frau zum Essen aus. Wir haben reserviert.«
    »Du kannst den Dienstwagen nehmen«, meinte Pearl.
    »Danke. Soll ich euch bei Quinns Wohnung absetzen?«
    Sie nickten beide. Dann trotteten alle drei niedergeschlagen zum Auto. Keiner von ihnen sagte ein Wort, denn es gab nichts mehr zu sagen. Das war das Problem. Sie wussten, dass sie am Ende einer Sackgasse angelangt waren, und darüber zu reden würde auch nichts daran ändern.
    Pearl setzte sich hinter das Lenkrad, Fedderman neben sie, Quinn auf den Rücksitz.
    Pearl hatte den Wagen gerade in den Verkehr eingefädelt und gab Gas, als aus dem Park auf sie geschossen wurde.

58
    Von draußen war ein gedämpftes Kracken zu hören, und ein etwas lauteres im Innenraum, als ein kleines Loch am unteren Rand des Beifahrerfensters erschien. Die beiden Geräusche folgten so dicht aufeinander, dass man unmöglich sagen konnte, welches zuerst kam. »Was zum Teufel?«, sagte Fedderman und hielt eine blutige Hand hoch. Dann sackte er nach vorne.
    Pearl begriff sofort, was los war, konnte aber nicht beschleunigen und den Wagen aus der Gefahrenzone lenken, weil der Verkehr vor ihnen ins Stocken geraten war. Ruckelnd kamen sie zum Stehen. Quinn rammte einen Daumen nach unten und öffnete seinen Gurt. »Runter, Pearl!« Er rutschte in den Fußraum hinter den Vordersitzen.
    Zu ihrer Rechten ertönte ein weiterer Schuss.
    Quinn hörte Pearl ins Funkgerät schreien, laut, aber nicht panisch. »Zehn-dreizehn, auf uns wird geschossen, ein Officer verletzt! Eighty-Sixth und Central Park West!«
    Sie wiederholte ihren Hilferuf, der sofort jeden Cop in der näheren Umgebung auf den Plan rufen würde.
    »Feds«, sagte Quinn, »bist du schwer verletzt?«
    »Am Arm, glaube ich«, sagte Pearl.
    »Am Oberarm«, sagte Fedderman. »Ich hab die Blutung gestoppt. Warum fährst du verdammt noch mal nicht weiter, Pearl?«
    »Würde ich ja. Aber der Motor ist tot und wir sind eingekeilt.« Wieder ein Schuss. »Ich kann ihn nicht sehen. Verdammt, ich kann ihn nicht sehen!«
    Quinn setzte sich ein wenig auf und sah Pearls Kopf ein Stück über dem Armaturenbrett aufragen. Sie spähte in den Park und versuchte, den Schützen auszumachen. »Runter, Pearl!«
    »Ich kann das Arschloch nicht sehen.«
    »Runter, Pearl! Zieh deinen verdammten Kopf ein!«
    Noch ein Schuss. Plötzlich löste sich der Rückspiegel und wirbelte sirrend im Innenraum des Autos umher, wie ein großes Insekt, das einen Ausweg suchte. Das Fenster auf der Beifahrerseite wurde milchig, als die abgeprallte Kugel über den zusammengekrümmten Fedderman hinwegpfiff.
    Pearl zog den Kopf ein.
    Außer den Schüssen war nichts zu hören gewesen. Jetzt heulten überall um sie herum Sirenen, es wurde gerufen und gehupt. Eine Sirene war so nah, dass es in Quinns Ohren gellte, und Reifen quietschten, als ein Fahrzeug eine Vollbremsung hinlegte.
    Die Sirene jaulte noch einmal misstönend auf, bevor sie erstarb. Quinn hob vorsichtig seinen Kopf und erblickte direkt neben sich einen Streifenwagen. Er zeigte zum Park, und der Cop auf der Beifahrerseite nickte. Die beiden Streifenpolizisten stiegen vorsichtig aus.

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