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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
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»Ich bin rechtzeitig zum Abendessen wieder daheim, Schatz. Tschüss, Luther.«
    »Tschüss«, entgegnete Luther dem Rücken, der zur Tür hinaus verschwand.
    Cara ging in die Küche und kam mit zwei Gläsern Limonade zurück. Sie gab eins davon Luther, dann setzte sie sich wieder aufs Sofa, gegenüber von dem Ohrensessel, in dem er saß.
    »Er arbeitet so hart«, sagte sie über ihren Mann. »Manchmal sogar am Wochenende. Wenn sie in der Mine dem Zeitplan hinterherhinken.«
    »Ja, Ma’am.« Luther nippte an seiner Limonade und schaute sich um. »Sie haben ein schönes Haus, mit dem ganzen Platz und den hübschen Möbeln.«
    »Oh, danke, Luther. Mr Sand und ich haben Monate damit zugebracht, es zu renovieren. Das Erdgeschoss und das erste Stockwerk sind fertig, und irgendwann werden wir uns die Zimmer im zweiten Stock vornehmen.« Sie nahm einen Schluck aus ihrem großen, beschlagenen Glas und schlug ihre Beine übereinander, wobei sie ihren geblümten Rock sittsam über ihre Knie zog. »Wir haben den Boden abgeschliffen und die Küche auf den neusten Stand gebracht … Es ist so viel Arbeit, ein altes Haus in Schuss zu halten. Man ist nie fertig.«
    »Vielleicht kann ich helfen«, sagte Luther.
    »Oh, danke.« Sie lächelte. »Vielleicht kannst du das.«
    »Ich weiß, dass Sie und Mr Sand viel auf sich nehmen für mich.«
    »Überhaupt nicht. Wir haben uns gemeldet, weil wir Kindern – jungen Männern – wie dir helfen möchten. Und wenn du dich dadurch besser fühlen solltest: Mr Sand wird mit jemandem darüber sprechen, ob er dir sein Handwerk beibringt. Einem Anstreicher. Das hast du dort, wo du herkommst, schon mal gemacht, oder?«
    »Ich habe schon öfters gestrichen«, sagte Luther gepresst. Er dachte an das Feuer, das sich über die verschüttete Farbe ausgebreitet und das Haus mit Rauch erfüllt hatte. Er hatte gedacht, die anderen Kinder wären weg und nur Norbert, der Drecksack, und Dara, der alles scheißegal war, wären da. Sie sollten allein im Haus sein und es oben im Schlafzimmer miteinander treiben, während sich das Feuer unbemerkt ausbreitete. Erst als er die Schreie hörte, merkte Luther …
    »Noch ein wenig Limonade?«
    »Nein, danke«, sagte Luther und lächelte Cara schüchtern an. »Ich packe lieber aus, wenn das in Ordnung ist.«
    Cara stellte ihr Glas auf einen Untersetzer und stand auf. »Natürlich ist das in Ordnung. Ich zeige dir dein Zimmer. Ich hoffe, es gefällt dir.«
    »Ganz bestimmt«, erwiderte Luther und folgte ihr.
    Am darauffolgenden Montag, nach einem Frühstück aus Pfannkuchen und Eiern, das Cara ihm zubereitet hatte, fuhr Milford Luther in die Stadt, um ihn Tom Wilde vorzustellen.
    Wildes Malerbetrieb befand sich in einem grüngelben Flachdachgebäude, das aussah, als hätte es vorher eine Tankstelle beherbergt. Ein rostiger, verbeulter Ford-Pick-up und ein neuer aussehender weißer Lieferwagen standen davor geparkt. Der Van war mit dem Namen und der Telefonnummer der Firma bedruckt und hatte einen Dachträger, auf dem drei farbbespritzte Ausziehleitern aus Aluminium festgebunden waren. Eine der beiden Schiebetüren des Vans stand offen und gab den Blick auf den dämmrigen Innenraum frei. Es gab Regale voller Farbdosen und zusammengefalteter Abdeckplanen aus Segeltuch. Daneben standen mehrere Trittleitern, ein Paar Sägeböcke aus Holz und einige Stapel Zwanzig-Liter-Eimer weißer Farbe. Milford parkte seinen blauen Ford Fairlane am Straßenrand, wobei er sorgfältig die Handbremse anzog, obwohl die Straße völlig eben war. Er sagte nichts, während er und Luther aus dem Auto stiegen und auf das Gebäude zugingen.
    Luther fand, dass der alte Pick-up interessant aussah, und fragte sich, ob er ihn wohl fahren würde. Mit Norbert Blacks Pick-up zu fahren war das Einzige gewesen, was ihm bei seiner Arbeit Spaß gemacht hatte. Luther besaß natürlich keinen Führerschein, was Norbert nie gestört hatte, aber vielleicht ein Problem für Tom Wilde war.
    Als sie sich dem Gebäude näherten, nahm Luther den vertrauten Geruch von Verdünnungsmittel wahr. Dann sah er im dämmrigen Inneren eine untersetzte Gestalt in einem weißen Overall, die an einer Werkbank stand und die Arme in die Hüften gestemmt hatte. Aus einer Grube, über der früher offensichtlich Autos repariert worden waren, drang der stampfende, vibrierende Rhythmus eines elektrischen Farbmischers, der energisch eine Fünf-Liter-Farbdose schüttelte.
    Der Mann an der Werkbank spürte, dass er nicht mehr allein war,

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