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Opferschrei

Opferschrei

Titel: Opferschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lutz
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»Ist was passiert, May?«
    »Ich muss dir was sagen. Tut mir leid, dass ich so spät noch anrufe, aber ich kann nicht einschlafen, weil ich ständig daran denken muss.«
    »Ist was mit Lauri?«
    »Nein. Es geht ihr gut.«
    »Sie redet immer noch nicht mit mir«, sagte Quinn.
    »Ich weiß. Das tut mir leid, Frank.«
    Tut es das wirklich? Schließlich hast du sie gegen mich aufgebracht. Wenn du mir geglaubt hättest …
    Quinn seufzte und fragte sich, welche Probleme auf ihn zukamen. »Was tut dir sonst noch leid?«, fragte er.
    »Wie du mit dem klarkommen wirst, was ich dir gleich sage.«
    »Ich leg mich schon mal hin«, versuchte er, einen Witz daraus zu machen.
    »Ich werde heiraten.«
    Quinn fühlte sich, als ob ihm die Decke auf den Kopf gefallen wäre, auch wenn er wusste, dass es ihm egal sein sollte. May war nicht mehr seine Frau, sie war es schon seit Jahren nicht mehr.
    Dennoch hatten sie eine gemeinsame Geschichte; jeder war ein Teil des anderen.
    Heiraten! Mein Gott!
    »Und wer ist der Glückliche?«, zwang er sich zu fragen und hasste es, wie trivial und hohl es sich anhörte.
    »Elliott Franzine. Er ist Finanzbuchhalter.«
    Was immer das ist. »Ein erfolgreicher?«
    »Annehmbar. Er arbeitet hart.«
    »Hört sich nach einem ruhigen, verlässlichen Kerl an, der wenig Überstunden macht.« Im Gegensatz zu einem Cop.
    »Ist er. Du weißt, dass ich das immer gebraucht habe – Sicherheit.«
    »So etwas gibt es nicht, May.«
    »Dann nenn es Vorhersehbarkeit. Genau das hat in unserer Ehe gefehlt hat. Es ist die Unsicherheit, die einen auffrisst.«
    Damit hatte sie recht. Er hatte es in den Ehen zu vieler Cops gesehen. »Das kann ich verstehen, May. Ich wünsche dir und …«
    »Elliott.«
    »… Elliott nur das Beste. Ehrlich.«
    »Frank …«
    »Das Leben geht weiter.«
    »Was ist mit deinem Leben? Wie läuft es bei dir? Ein paar Nachrichten über diese Morde in New York sind auch zu uns auf die andere Seite des Kontinents durchgedrungen.«
    »Ich bin gewissermaßen wieder im Dienst. Aber man könnte es zur Bewährung nennen. Es ist eine Art letzte Chance.«
    »Es wird gut ausgehen für dich, Frank. Das habe ich im Gefühl.«
    Hast du es auch im Gefühl, dass ich Anna Caruso nicht vergewaltigt habe?
    Aber er sprach die Frage nicht aus.
    Sie redeten noch eine Weile miteinander, über ihre Tochter, die bevorstehende Hochzeit, wo May und Elliott ihre Flitterwochen verbringen würden – in Cancun. Zumindest war es ein Ort, an dem Quinn und May nie gewesen waren.
    Nachdem er aufgelegt hatte, war Quinn weit davon entfernt, wieder einschlafen zu können.
    May Franzine …
    Um Mitternacht gab er auf und stieg aus dem Bett. Er ging in die Küche und nahm eine volle Flasche Scotch, die ganz hinten auf dem obersten Brett des Küchenschranks stand.
    May und Lauri Franzine …
    Was war mit ihm? Löste er sich in Luft auf?
    Am nächsten Morgen regnete es. Deshalb traf er sich mit Pearl und Fedderman im Lotus Diner auf der Amsterdam Street.
    Das Restaurant war lang und schmal und hatte Sitznischen aus Holz entlang der Fensterfront gegenüber der Bar. Unter der hohen, mit Blech verkleideten Decke hing ein Schleier aus Kochdunst. Es gab ein halbes Dutzend Gäste, die alleine ihr Frühstück zu sich nahmen – drei an der Bar, drei in den Sitznischen. Zwei von denen an der Bar tranken nur Kaffee und lasen die Post , vielleicht einen Artikel über den Night Prowler. Als Quinn zur Tür hereinkam, wurde ihm von dem Geruch nach zu lang gebratenem Speck kurz übel. Die Reihe der Sitznischen ging hinter der Fensterfront und der Bar noch weiter. Er setzte sich in eine der hinteren Nischen und versuchte mit wenig Erfolg, einen Kaffee und einen Donut mit Zuckerguss hinunterzukriegen, während er auf sein Team wartete.
    Er hatte einen Regenschirm benutzt und war von seiner Wohnung zu Fuß hergekommen, um seinen Kopf freizukriegen. Bis zu einem gewissen Grad hatte es funktioniert, aber seine Kopfschmerzen waren nicht verflogen und sein Magen rebellierte noch immer gegen die halbe Flasche Scotch, die er letzte Nacht vernichtet hatte. An seinen Knöcheln wurde es jedes Mal kalt, wenn jemand kam oder ging, und der Luftzug von der offenen Tür strich über seine Hose, die immer noch nass war von seinem Spaziergang durch den Regen.
    Pearl war der Grund für den letzten kalten Luftzug. Sie war allein in ihrem Dienstwagen hergefahren. Fedderman und ein Detective namens Drucker hatten bis spät in die Nacht die Nachbarn der Grahams befragt, die

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