Opferschrei
Liebesroman gefunden. Beschissenes Koks, aber besser als gar nichts.
Um drei hatte sie ihm gezeigt, wie die Blutergüsse an ihren Hals zustande gekommen waren.
Um sechs hatte er sie schlafend oder bewusstlos oder tot zurückgelassen.
Er wusste nicht, wie sie hieß.
Kurz nach sieben saß er auf einer Bank am Washington Square. Um ihn herum wachte die Stadt auf, reckte und streckte sich und machte sich bereit für den Tag.
Er fühlte sich nicht gut. Der Druck war weg, aber wusste, er würde wiederkommen. Er kam immer zurück, jedes Mal ein wenig schneller. Und dieses Mal war etwas merkwürdig – oder zumindest anders. Er fragte sich, wie es der Frau ging. Er hatte … was … Mitleid mit ihr?
Nicht sehr wahrscheinlich!
Auf der anderen Seite des Platzes rappelte sich ein alter, in Lumpen gekleideter Mann vom Gras auf und trat nach einer Taube. Viel Glück dabei. Er hustete und spukte auf den Rasen, dann zog er seine zu weite Hose hoch und humpelte in die Richtung, in die die Taube geflattert war, davon.
Ich will nicht wie der Kerl da enden … niemals …
Der jüngere, stärkere und erwerbstätige Lars erhob sich mit zitternden Knien von der Bank. Er musste dringend nach Hause, eine Weile richtig schlafen und dann, am Nachmittag, zu einem Umzug nach New Jersey. Er hatte einen Knoten im Hals und ihm war nach Weinen zumute.
Natürlich würde er nicht wirklich anfangen zu weinen. Er hatte sich im Griff.
Er ging los in Richtung Waverly und beschloss, dass es wahrscheinlich an den schlechten Drogen lag, dass er so bedrückt war.
Wo hat sie das Zeug nur gekauft?
Vielleicht sollte er den Rest wegwerfen, den er der Frau geklaut und unter sein Hemd geschoben hatte – womit ich ihr einen Gefallen getan habe –, bevor er ihre Wohnung verlassen hatte. Es in irgendeinem Kanal entsorgen und vergessen.
Ja, er sollte wirklich darüber nachdenken.
29
Irgendwann hatten sie damit angefangen, sich in Quinns Wohnung statt auf der Parkbank zu treffen. Pearls Apartment war zu klein, und Fedderman lebte mit seiner Frau und den Kindern in einem Haus in Queens und versuchte klugerweise, seine Arbeit von zu Hause fernzuhalten.
Pearl hatte Quinn dabei geholfen, die Wohnung vorzeigbar zu machen. Sie hatten sogar ein paar Möbel auf dem Flohmarkt gekauft und das fleckige, durchgesessene Sofa weggebracht, das aussah, als würde irgendein Tier darin nisten. Auch ein Desinfektionsspray hatte gute Dienste geleistet, und die verschiedenen Essensgerüche, verbunden mit dem hartnäckigen Gestank der widerlichen Zigarren, die Quinn manchmal rauchte, waren unter Kontrolle gebracht. Die Wohnung roch … okay.
Die drei Detectives saßen herum und tranken Bier oder Limonade, Quinn in seinem großen Sessel, Pearl und Fedderman auf dem Sofa, eine große Schüssel Chips oder Salzbrezeln vor ihnen auf dem Couchtisch. Pearl hatte versucht, Quinn und Fedderman dazu zu bewegen, dem kaputten alten Tisch ein wenig Respekt zu zollen, indem sie Korkuntersetzer verteilte, doch nach kürzester Zeit wurden sie einfach ignoriert. Als sie protestierte, schaute Fedderman sie an, als wäre sie irre. Was bedeuteten ein paar zusätzliche Ränder auf einem Tisch mit so viel Charakter? Außerdem hatten sie wichtigere Dinge im Kopf.
»Was wir haben«, sagte Quinn, nachdem er eine Salzbrezel mit einem Schluck Cola light hinuntergespült hatte, »sind zwei Doppelmorde. In beiden Fällen handelt es sich um ein verheiratetes Paar. Nach den Verletzungen zu urteilen waren die Frauen die primären Opfer. Beim ersten Mord wurde eine Pistole benutzt, beim zweiten ein Messer. Beide Ehemänner und beide Ehefrauen waren berufstätig. Aber in den meisten Haushalten arbeiten beide Partner. Sie waren ungefähr im gleichen Alter, und die Frauen waren attraktiv. Dasselbe könnte man über Tausende andere Paare in New York sagen. Tatsächlich gibt es keine Besonderheit, die die beiden Paare gemein hatten.« Er sah Pearl an. »Sind dir sonst irgendwelche Parallelen aufgefallen?«
Sie stellte ihre Budweiser-Dose ab. Auf einem Untersetzer. »Du hast nur einen wichtigen Unterschied genannt – die Mordwaffe.«
Quinn dachte darüber nach. Es könnte eventuell wichtig sein. »Der Mörder hat sich der Pistole nach dem ersten Mord entledigt, indem er sie in Martin Elzners Hand gelegt hat, um einen erweiterten Selbstmord vorzutäuschen. Vielleicht musste er für den zweiten Mord ein Messer nehmen, weil er keine zweite Pistole besitzt. Die Notwendigkeit stand über seinem
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