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Opferzeit: Thriller (German Edition)

Opferzeit: Thriller (German Edition)

Titel: Opferzeit: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Cleave
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panzerbrechende Patrone gleich hier und jetzt verwenden soll.
    »In welchem Monat bist du?«, fragt Trish.
    »Was?«
    »Du bist schwanger«, sagt Trish, und Melissa blickt an sich herab, obwohl sie weiß, dass sie den Fettanzug nicht mehr trägt, kontrolliert es aber sicherheitshalber noch einmal. »Ich kann das sehen«, sagt Trish. »Du versuchst, es zu verbergen, aber ich kann es trotzdem erkennen. In welchem Monat bist du?«
    »Ich bin nicht schwanger«, sagt Melissa.
    »Ich sehe es an deiner Haltung und weil du dir den Bauch reibst. Ich hatte schon mit einer Menge schwangerer Frauen zu tun. Du brauchst mir nichts vorzumachen.«
    Melissa schweigt. Ihr war nicht bewusst, dass sie sich den Bauch reibt. Sie kann das Mieder unter ihrem Schwesternkittel fühlen.
    »Ich bin nicht schwanger«, sagt Melissa erneut.
    »Dann warst du es. Und zwar erst vor Kurzem. Du hattest eine Geburt, stimmt’s?«
    Melissa denkt an Sally, an das ganze Blut, das sie auf Sallys Bett hinterlassen hat, nachdem sie zum Haus der Krankenschwester gefahren war und sie mit vorgehaltener Waffe gezwungen hatte, ihr bei der Geburt ihres Babys zu helfen. Das war eine lange Nacht gewesen. Eine harte Nacht. Eine der härtesten in ihrem Leben. »Vor drei Monaten«, sagt sie.
    Damals wusste sie nicht, wohin sie gehen sollte. Sie konnte nicht in ein Krankenhaus. Natürlich konnte sie ihre äußere Erscheinung ändern, aber eine völlig neue Krankengeschichte konnte sie sich nicht verschaffen. Daher ging sie zu Sally. Sally half ihr. Als das Baby endlich auf der Welt war, war Melissa erschöpft, aber nicht zu erschöpft, um nicht zu tun, was noch getan werden musste – nämlich Sally zu zwingen, sich auf das Bett zu legen und sich selbst daran anzuket ten und danach die Nacktfotos von Sally zu machen. Anschlie ßend zwang sie Sally, zur Bank zu gehen und ihr Erspartes abzuheben. Melissa wollte alles in bar. Sally gehorchte ihr. Sie tat es, weil sie sich die Peinlichkeit von Nacktaufnahmen im Internet ersparen wollte. Sie tat es für das Baby. Melissa hatte ihr erklärt, wenn Sally ihr nicht gehorchen würde, wenn sie zur Polizei gehen würde, würde sie das Baby töten. Das war eine einfache Entscheidung. Alles, was Sally tun musste, war, ihr Gerechtigkeitsgefühl gegen ihr moralisches Empfinden abzuwägen, und natürlich wollte Sally nicht für den Tod eines Babys verantwortlich sein. Daher tat sie, was von ihr verlangt wurde, sie kehrte mit dem Geld zurück, und Melissa ließ sie am Leben. Natürlich hätte Melissa dem Baby niemals etwas zuleide getan. Sie liebte es. Sie liebte es bereits, bevor es geboren wurde. Ein kleines Mädchen namens Abigail. Sie ließ Sally am Leben, weil sie wusste, dass sie die Krankenschwes ter am heutigen Tag noch einmal brauchen würde. Sie brauchte den Schwesternkittel und die Magnetkarte fürs Krankenhaus, und wenn sie ihr diese Dinge bereits vor drei Monaten abgenommen und Sally getötet hätte, wäre die Magnetkarte mittlerweile deaktiviert worden. Außerdem ließ sie Sally am Leben, weil sie Joes Leben gerettet hatte. Damit stand sie gewissermaßen in ihrer Schuld.
    »Schnürst du etwa deinen Bauch ein?«, fragt die Sanitäterin.
    Melissa merkt, dass sie in Gedanken abgeschweift ist. »Häh?«
    »Um dein Mehrgewicht zu verbergen?«
    »Ja«, erwidert Melissa.
    »Das solltest du nicht tun, so was ist wirklich dumm.«
    »Genauso dumm, wie mit mir zu reden, während ich nachzudenken versuche«, sagt Melissa.
    »Es ist sein Baby, stimmt’s«, sagt Trish und nickt in Richtung Gerichtsgebäude.
    Melissa weiß, dass damit nicht der Wachmann gemeint ist, der dort steht. »Ja.«
    »Er hat dich vergewaltigt, nicht wahr. Und all das, was du vorhin am Telefon gesagt hast, dass jemand meiner Familie was antut, das war nicht echt, oder? Du bist keine Killerin, aber du bist hier, um ihn zu töten, stimmt’s?«
    Melissa nickt erneut. Liegt darin eine Chance? Ist diese Frau, diese Trish, bereit, ihr zu helfen?
    »Du packst es falsch an«, sagt die Frau. »Es steht uns nicht zu, jemandem das Leben zu nehmen. Diese ganze Debatte über die Todesstrafe, das ist ein Riesenfehler. Das bringt die Leute nur auf dumme Gedanken. Es zerstört die Gemeinschaft. Es ist falsch, schlicht und einfach falsch. Ich verstehe, dass du wütend bist, aber jedes Leben ist heilig. Jeder verdient die Chance, dass ihm vergeben wird und er vor Gott niederknien kann und …«
    Melissa schlägt sie mit der Waffe. Sie holt aus und drischt sie hart gegen Trishs

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