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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Flint
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ich.
    »Und Jens meint, besoffene Frauen seien unerträglich«, fügte Saskia hinzu. Auch ihre Stimme war schon etwas lauter als sonst. »Hast du uns mal erzählt.«
    »Ja, stimmt. Das findet er, und er hat ja auch recht.«
    »Aber von einem Glas wird man doch nicht betrunken«, sagte Ellen und wollte mir doch einen Wein andrehen.
    »Nein, ich möchte wirklich nicht.«
    »Langweilig!«, schmollte Saskia.
    »Kommt, lasst uns eine rauchen«, schlug Ellen vor. »Ich habe seit der Schwangerschaft nicht mehr geraucht.«
    »Dann lass es jetzt auch!«, rief ich. »Ist doch unsinnig, wieder anzufangen.«
    »Nur eine«, sagte Ellen. »Auf die guten alten Zeiten.«
    Sie holte sich bei Arne Zigaretten, und wir gingen auf die Terrasse. Dort war auch mein Bruder und unterhielt sich, auf eine Gartenbank gefläzt, mit einer Freundin der Braut, die Lisa hieß. Gerade brachte sie eine Flasche Sekt und füllte ihre Gläser neu. Lisa war eine dieser belanglos aussehenden Blondinen, die mit ihrem biederen rosafarbenen Kleid, das an den Hüften viel zu sehr spannte, so gar nicht zum Lederoutfit meines Bruders passen wollte. Aber sie schien einen Narren an ihm gefressen zu haben, denn sie himmelte ihn regelrecht an.
    »Meint ihr, wir sollten sie warnen?«, fragte ich Saskia und Ellen leise.
    »Weswegen das denn?«, fragte Ellen zurück.
    »Na, ihr wisst doch, wie faul mein Bruder ist. Er würde sich nur von ihr bedienen und aushalten lassen.«
    »Vielleicht kann sie ihn ändern«, schlug Ellen vor.
    »Vielleicht will sie nur vögeln«, meinte Saskia und schnorrte sich bei Ellen eine Zigarette.
    »Meinen Bruder?« Ich schüttelte mich bei dem Gedanken.
    »So schlecht sieht er nicht aus«, sagte Saskia. »Und seine Ach-wie-bin-ich-anders-Attitüde lockt die Frauen an.«
    »Findest du ihn etwa auch attraktiv?«
    »Bist du verrückt?« Saskia schüttelte sich.
    Mein Bruder sagte was zu Lisa, sie guckte mich an, dann lachten beide. Mein Bruder schien sie ja blendend zu unterhalten. Aber Lisa hatte auch alleine in der Zeit, in der wir draußen standen, zwei Gläser Sekt in sich reingeschüttet. Diese Schnapsdrossel. Die würde sich vermutlich auch dann noch amüsieren, wenn hier eine Punkrockband spielen würde. Als die beiden anfingen zu knutschen, gingen wir zurück in den Saal.
    Ich schaute schnell bei Jens vorbei, der immer noch an der Theke hing und sein aufgeschlitztes Zahnfleisch mit hochprozentigen Spirituosen desinfizierte. Er war mit Arne in eine Art Männergemeinschaftsrausch geraten und in eine Diskussion über die besten Fußballer aller Zeiten verstrickt. Sein Blick war glasig, seine Bewegungen nicht mehr ganz so koordiniert. Ich sollte ihm vielleicht beizeiten mal sagen, dass auch besoffene Männer einiges an Attraktivität einbüßten.
    Tante Marianne kam zu mir, um sich zu verabschieden. Sie wollte Oma Hildegard nach Hause bringen und bei der Gelegenheit gleich zu Hause bleiben.
    »Deine Hochzeit, liebe Moni, wird auf jeden Fall viel schöner als das hier!« Sie zeigte in die Runde. Der DJ spielte jetzt alte Schlager. Auf der Tanzfläche grölten alle: Ich war noch niemals in New York .
    »So was von stillos«, stellte Tante Marianne fest. »Aber in der Wolkenburg, wo du heiraten wirst, das wird schön!« Sie sah mich begeistert an. »Das ist etwas ganz Besonderes! Elegant, nobel und kultiviert. Und dann wird es auch einen Hochzeitswalzer geben, so wie sich das gehört. Und bald gehen wir dir ein Kleid kaufen – in Ordnung?«
    »Ja, Marianne«, sagte ich und fügte grimmig hinzu: »Wenn er mich nach der Sache eben überhaupt noch heiraten will.«
    »Ach, papperlapapp. Daran waren doch nur mal wieder deine Eltern schuld. Die müssen sich echt immer in alles einmischen. Du bist ein echter Fang, und das weiß Jens. Also, Liebes, mach dir keine Gedanken. Bis du verheiratet ist, ist alles wieder gut.«
    Ich musste lächeln. Mit diesem Spruch hatte sie mich früher schon immer getröstet. Marianne gab mir einen Kuss auf die Wange zum Abschied. Als ich mich umdrehte, um zur Toilette zu gehen, stand meine Mutter da und schaute mich merkwürdig an.
    Desaster Nummer drei ereignete sich auf der Toilette. Dort traf ich Lisa. Sie zog sich vor dem Spiegel den Lippenstift nach, den mein Bruder abgeknutscht hatte.
    »Hallo«, sagte ich und stellte mich ans Waschbecken neben sie.
    »Ach, hallo. Du bist doch Hannes’ Schwester mit dem ulkigen Namen, nicht?«
    »Wieso?«, fragte ich scheinbar harmlos zurück. »Wie hat er mich denn

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