Ordnung ist nur das halbe Leben
deutschen Filmpreises Angebote ohne Ende bekommt.« Kaum hatte sie sich gesetzt, klingelte ihr Telefon erneut, und sie stand noch einmal auf, um in Ruhe zu sprechen, diesmal wenigstens, ohne einen Kellner zu rammen.
»Also, und jetzt raus mit der Sprache. Was ist los mit dir?«, fragte Ellen.
Ich konnte nicht anders. Ich beugte mich näher zu ihr und sagte verschwörerisch: »Gestern war ich in Maastricht.«
»Was? Wie denn das? Ganz spontan? Du? «
»Was ist denn daran so verwunderlich?«
»Na ja, normalerweise planst du so was drei Monate im Voraus.«
»Stimmt doch gar nicht!«, protestierte ich.
»Was stimmt gar nicht?« Saskia kam zum Tisch zurück.
»Ich kann wohl auch spontan sein!«, sagte ich. Ellen und Saskia warfen sich einen Blick zu und fingen an zu kichern.
»Na gut«, brummte ich. »Spontaneität ist vielleicht nicht ganz meine Kernkompetenz. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Es hat nämlich Spaß gemacht.«
Saskia guckte fragend, und Ellen klärte sie auf: »Sie war gestern in Maastricht.«
»Mit wem?«
»Ja, genau. Mit wem eigentlich?«
»Wie – mit wem? Das spielt doch wohl überhaupt keine Rolle«, behauptete ich, aber an den Gesichtern meiner Freundinnen konnte ich ablesen, dass jeder Widerstand zwecklos war. Also erzählte ich es ihnen doch. Die Sache mit der Villa und den Bonsais. Und mit Lennart.
»Du hast in der Villa deines Chefs geschlafen?«, rief Ellen.
»Nicht so laut!«, herrschte ich sie leise an.
»Und du bist gestern Abend in einem Opel Diplomat mit dem heißen Nachbarn nach Maastricht gefahren?«
»Er ist nicht heiß. Er hat einen Bart! Und lange Haare. Und schmuddelige Klamotten. Und er ist überhaupt nicht mein Typ!«
»Woher willst du denn wissen, wer dein Typ ist?«, fragte Saskia. »Du hattest doch erst einen Freund.«
»Stimmt gar nicht. Ich hatte schon mehrere Freunde.«
»Wen denn?«, fragte Ellen. »Du meinst aber jetzt nicht Strickpullover-Lorenz, den dein Vater vertrieben hat, oder Popp, den eifersüchtigen Typ, der dich mit Handschellen fesseln wollte?«
»Na gut«, murrte ich. »Dann hatte ich also erst einen Freund. Aber trotzdem! Ich steh einfach nicht auf blonde Männer.«
»Umso besser, dass dein Verlobter braune Haare hat«, warf Saskia süffisant ein.
»Genau«, pflichtete ich ihr bei und spielte mit meinem Bierdeckel herum.
»Was ist dieser Lennart denn für ein Typ?«, wollte Saskia wissen.
»Ach, keine Ahnung.« Ich fasste nur kurz zusammen, was Lennart mir über seine Familie erzählt hatte: dass er mehr oder weniger bei seinen Großeltern aufgewachsen war, weil seine Eltern sich immer nur um ihren Kram gekümmert hatten, und dass er mal in Kuba im Urlaub war und in Bremen in einer WG lebte, sich aber mit seinem Kumpel verkracht hatte und jetzt vorübergehend bei seiner Oma wohnte und am liebsten Fischeintopf aß.
»Du weißt es vielleicht noch nicht«, sagte Saskia, als ich endlich geendet hatte, »aber du hast dich verknallt.«
»Was? Nein! Niemals. Was für ein Blödsinn. Ich liebe Jens! Da kann ich mich gar nicht in einen anderen verlieben.«
»Doch, das geht«, behauptete Ellen. »Ist mir schon mindestens ein Dutzend Mal passiert.«
»Dir vielleicht«, sagte ich, denn Ellen verguckte sich so schnell in einen Mann, wie sie eine Packung Mon Chérie verputzen konnte. Zumindest vor Arne. »Aber mir doch nicht. Ich bin eine treue Seele. Ich finde ihn nur sympathisch, weil er seine Eltern auch nicht leiden kann. Und du hast außerdem gesagt, dass es ganz normal sei, wenn man mal an einen anderen Mann denkt.«
»Ja, an jemand anderen denken und sich in jemand anderen verlieben sind aber zwei ganz unterschiedliche Dinge«, gab Ellen zu bedenken.
»Ich bin nicht verliebt!«, beharrte ich.
»Nee, ist klar«, sagte Saskia.
»Man hat keinen Einfluss darauf, in wen man sich verliebt und in wen nicht«, sagte Ellen.
»Doch natürlich. Wenn ich mich nicht verlieben will, dann tue ich es auch nicht.«
»Ach, Schätzchen. Du lebst manchmal wirklich hinterm Mond«, sagte Saskia.
»Hast du denn Jens von deinem Ausflug erzählt?«, fragte Ellen.
»Was? Nein, natürlich nicht. Ich erreiche ihn ja fast nie. Aber wenn, könnte ich es ihm ganz locker sagen. Erstens ist Jens überhaupt nicht eifersüchtig. Das würde den gar nicht stören. Und zweitens kann mir Jens in dem Punkt total vertrauen. Und drittens war es eine einmalige Sache.«
»Ich gebe dir mal einen Rat«, sagte Ellen. »Belass es auch dabei. Mit dem Feuer spielen ist
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