Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

orwell,_george_-_tage_in_burma

Titel: orwell,_george_-_tage_in_burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
studieren, meine liebe Kin Kin.«
    Die Beisetzung fand am nächsten Morgen vor dem Frühstück statt. Alle Europäer waren anwesend bis auf Verrall, der fast gegenü ber dem Friedhof genauso wie üblich über den Platz galoppierte. Mr. Macgregor hielt die Grabrede. Die kleine Gruppe von Engländern stand um das Grab, das Topi in der Hand, sie schwitzten in ihren dunklen Anzügen, die sie aus der Tiefe ihrer Kisten herausge graben hatten. Das grelle Morgenlicht prallte erbarmungslos auf ihre Gesichter, die in den häßlichen, schäbigen Anzügen gelber denn je aussahen. Alle Gesichter bis auf das von Elizabeth sahen faltig und alt aus. Dr. Veraswami und ein halbes Dutzend andere Orientalen waren gekommen, aber sie hielten sich taktvoll im Hintergrund. Sechzehn Grabsteine standen auf dem kleinen Friedhof; Angestellte von Holzfirmen, Beamte, Soldaten, die in vergessenen Scharmützeln gefallen waren.
    »Dem Gedenken von John Henry Spagnall, vormals bei der Indischen Imperialen Polizei, geweiht, der während unablässiger Pflichterfüllung von Cholera dahingerafft wurde« usw. usw.
    Flory erinnerte sich undeutlich an Spagnall. Er war ganz plötzlich im Lager nach seinem zweiten Schub von Delirium tremens gestorben. In einer Ecke waren ein paar Gräber von Eurasiern mit Holzkreuzen. Der rankende Jasmin mit winzigen orangenherzigen Blüten hatte alles überwuchert. Zwischen dem Jasmin führten große Rattenlöcher in die Gräber hinab.
    Mr. Macgregor beendete die Trauerfeier mit voller, ehrfürchtiger Stimme und ging, sein graues Topi - die östliche Entsprechung zum Zylinder - an den Magen gedrückt, den anderen voran aus dem Friedhof. Flory verweilte am Tor in der Hoffnung, daß ihn Elizabeth ansprechen würde, aber sie ging ohne einen Blick an ihm vorbei. Alle hatten ihn heute morgen gemieden. Er stand in Ungnade; der Mord hatte seine Illoyalität von gestern abend irgendwie grausig erscheinen lassen. Ellis hatte Westfield beim Arm genommen, und sie blieben ne ben dem Grabe stehen und nahmen ihre Zigarettenetuis heraus. Flory konnte ihre saloppen Stimmen über das offene Grab hinweg hören.
    »Mein Gott, Westfield, mein Gott, wenn ich denke, daß dieser arme kleine Bursche da unten liegt - ach, mein Gott, mir kocht das Blut! Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, so wütend war ich.«
    »Ziemlich gräßlich, geb ich zu. Aber laß man, ich verspreche dir, daß ein paar Burschen dafür hängen sollen. Zwei Leichen gegen eine - das Beste, was wir tun können.«
    »Zwei! Es sollten fünfzig sein! Wir müssen Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit diese Kerle gehängt werden. Hast du schon ihre Namen?«
    »Ja, so ziemlich! Der ganze verfluchte Distrikt weiß, wer’s gewesen ist. In solchen Fällen wissen wir immer, wer es getan hat. Die verfluchten Bauern zum Reden bringen - das ist die einzige Schwierigkeit.«
    »Ja, um Gottes willen, dann bring sie diesmal zum Reden. Kümmere dich nicht um das verdammte Gesetz. Prügle es aus ihnen heraus. Foltere sie alles. Wenn du Zeugen bestechen willst, kann ich hundert Mäuse springen lassen.«
    Westfield seufzte. »So was kann ich nicht machen, fürchte ich. Ich wollte, wir könnten’s. Meine Jungs wüßten schon, wie man einen Zeugen ausquetscht, wenn man’s ihnen befiehlt. Sie auf einen Ameisenhügel binden. Rote r Pfeffer. Aber das geht heutzutage nicht. Wir müssen unsere eigenen verdammt blöden Gesetze befolgen. Aber trotzdem, diese Burschen werden schon hängen. Wir haben alle Beweise, die wir brauchen.«
    »Gut! Und wenn du sie verhaftet hast und nicht sicher bist, ob sie verurteilt werden, erschieß sie - einfach erschießen! Gib Fluchtversuch an oder so was. Alles lieber als diese Hunde laufen lassen.«
    »Wir lassen sie nicht laufen, keine Angst. Wir kriegen sie. Jedenfalls kriegen wir irgendeinen. Besser den Falschen hängen als gar keinen«, setzte er hinzu.
    »So ist’s richtig! Ich will nie wieder ruhig schlafen, bis ich sie nicht hängen gesehen habe«, sagte Ellis, während sie von dem Grab fortgingen. »Herrgott! Machen wir, daß wir aus dieser Sonne rauskommen. Ich sterbe vor Durst.«
    Alle starben mehr oder weniger vor Durst, aber es erschien etwas ungehörig, unmittelbar nach einer Trauerfeier zu einem Drink in den Club zu gehen. Die Europäer zerstreuten sich und gingen in ihre Häuser, während vier Unberührbare mit Mamooties die graue, zementharte Erde wieder in das Grab schaufelten und es grob zu einem Grabhügel formten.
    Nach dem Frühstück

Weitere Kostenlose Bücher