Osterfeuer (German Edition)
verspürte sie jetzt das Bedürfnis, von Elsbeths absurder Selbstbezichtigung
zu erzählen. Ständig kreisten ihre Gedanken darum und sie hatte nur den dringenden
Wunsch so bald wie möglich nach Hause zu kommen, mit Elsbeth zu reden, zu erfahren,
was sie zu dieser Wahnsinnshandlung treiben konnte. Trude musste einfach ihre Gedanken
einmal aus sich herauslassen, auch wenn von Iris kein Echo zu erwarten war.
»Elsbeth nimmt die Schuld auf sich,
um mich zu schützen. Das ist bestimmt ihr Motiv. Aber das heißt ja andererseits,
dass sie glaubt, ich könnte es wirklich gewesen sein … Das ist
schon irgendwie eigenartig …«, schloss Trude grübelnd ihren kurzen Monolog und achtete
schon gar nicht mehr darauf, dass Iris ihren Überlegungen sehr interessiert gefolgt
war, auch wenn sie letztlich dann wieder stumm blieb.
»Ich muss so bald wie möglich mit
Elsbeth reden.«
Trude trat etwas kräftiger auf das
Gaspedal. Nur einmal ergriff Iris das Wort, um zu fragen, ob sie noch zwei, drei
Tage auf dem Mühlenhof wohnen dürfe, bis Betty aus dem Krankenhaus entlassen wäre
und sie gemeinsam nach Berlin zurückfahren würden.
»Kein Problem. d u kommst ja wohl allein zurecht«, beschied
Trude knapp, denn große Lust oder gar Verpflichtung, für Iris die bemühte Gastgeberin
zu spielen, verspürte sie bei Gott nicht mehr.
Auf dem Hof angekommen, gingen sie
nach einem kurzen »Tschüß« ihrer Wege. Die Nässe, die den ganzen Tag immer mal wieder
vom Himmel sprühte, hatte den Boden an der Oberfläche schon wieder aufgeweicht und
Iris setzte in großen Sprüngen hoch zur Gästewohnung hinter der Mühle. Eigentlich
wollte Trude gleich Elsbeth aufsuchen, doch als schon vor dem Haus Lollos steinerweichendes
Jaulen zu hören war, eilte sie erst einmal hinein, um zu sehen, was der Hund wohl
wieder angestellt hatte.
Als sie den Hausflur betrat, hörte
sie das Telefon klingeln und sie lief, um das Gespräch anzunehmen, bevor der Anrufbeantworter
ansprang. Riekes nölige Stimme drang aus dem Hörer und sie ärgerte sich, dass sie
es zum Telefon geschafft hatte.
»Trude, meine Liebe, wie geht’s
dir denn? Das ist ja schrecklich, was da bei euch passiert ist! Kriegst du überhaupt
nachts noch ein Auge zu? Hat die Polizei denn schon eine heiße Spur?«
»Hallo Rieke! Mir geht’s ganz gut.
Den Mörder haben sie noch nicht, aber die Polizei ist fleißig am Arbeiten.«
»Ja also, ich wollte noch mal hören:
Ihr kommt doch heute, oder? Vielleicht tut dir ein bisschen Ablenkung ja ganz gut
…«
Das Ostereieressen bei Rieke und
Knut! Das hatte Trude tatsächlich völlig vergessen. Eigentlich hatte sie gehofft,
diesen Abend mit Franz verbringen zu können. Auch wenn es sie Überwindung kostete,
sie musste mit ihm reden, auch über die Dinge, die sie meinte für immer aus ihrem
Leben verbannt zu haben. Nicht zuletzt musste sie ihm sagen, dass sie jetzt von
der Polizei des Mordes an Margot verdächtigt wurde. Sie hatte ihm so viel zu erzählen,
zu erklären, hoffte für ihr Handeln sein Verständnis zu finden, um mit sich und
ihm wieder ins Reine kommen. Natürlich wären die aktuellen Ereignisse eine plausible
Ausrede für das Fernbleiben von dem traditionellen, meist ziemlich magenschädigenden
und seltenst genussvollen Eieressen gewesen. Andererseits lag Franz an diesen regelmäßigen
Ritualen mit seinen alten Kumpels sehr viel und er wäre wahrscheinlich enttäuscht,
wenn sie nicht mitkäme. Sie hatte sowieso einiges bei ihm gut zu machen und etwas
Ablenkung war vielleicht wirklich nicht schlecht. Nach dem Fest, so nahm sie sich
vor, würde sie mit ihm reden.
»Wir kommen gerne Rieke. Ich bin
schon gespannt, was du wieder Leckeres aus den Ostereiern gezaubert hast«, log Trude
ohne rot zu werden.
»Ach du, so wie du krieg ich das
ja doch nicht hin«, wehrte diese geschmeichelt ab und fragte dann:
»Könntet ihr vielleicht auch eine
halbe Stunde früher kommen? Alle anderen können. Knut meinte nämlich, wir sollten
früher anfangen, weil die meisten ja morgen wieder arbeiten müssen. Und unser Ostereierfest
ist doch immer nett, dolle S-timmung und so. Kein Wunder bei unseren Jungs, nich?«
»Bis jetzt ist Franz noch gar nicht
vom Segeln zurück. Wann sollen wir denn kommen?«
»Wir dachten so um sieben.«
»Ich will sehen, ob wir das schaffen,
ja?«
Auf jeden Fall muss ich vorher noch
mit Elsbeth sprechen, dachte Trude bei sich, während Rieke sich in Vorfreude über
den bevorstehenden Abend verbreitete.
»Also bis
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