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Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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schlucken konnte. So schlecht schmeckte Rosenkohl gar nicht, fand sie plötzlich. Er roch immer noch widerlich. Aber im Mund war es dann gar nicht mehr so schlimm.
    Als die Pfanne leer war, hob er sie hoch und lachte: »Na siehst du. Geht doch! Und du wirst staunen: Es wird immer, immer besser werden.«
    Dann verließ er sie, um eine E-Mail zu schreiben.
    Wenn es nur eine blöde Falle ist, dachte er, dann werdet ihr staunen. Meine IP -Nummer nutzt euch überhaupt nichts. So einfach kriegt ihr mich nicht.
     
    Ann Kathrins Schutzprogramm gegen Viren und Spams sortierte die E-Mail sofort aus und leitete sie direkt in den Spam-Ordner weiter. Damit hatte Ann Kathrin im Grunde schon gerechnet. Sie fischte die Nachricht aus den vielen Angeboten für Viagra, Penisverlängerungen und Sexsklaven heraus.
    Der Absender lautete Jansen & Co. Im Betreff stand: Erziehung unserer gemeinsamen Freundin Susanne.
    Die E-Mail hatte eine Anlage. Zunächst las Ann Kathrin den Text. Ihr Herz raste so sehr, dass ihr fast schwindlig dabei wurde.
    Von: Jansen & Co
    An: [email protected]
    Betreff: Erziehung unserer gemeinsamen Freundin Susanne
     
    Liebe Kommissarin Klaasen,
    Sie irren sich vollkommen. Sie haben mir nichts »Böses getan«. Auch haben Sie mir keinen »Schaden zugefügt« oder mich »beleidigt«.
    Ich wundere mich, dass Sie so falschliegen können.
    Vielleicht habe ich mich einfach in Ihnen getäuscht. Ich dachte, Sie könnten sich so sehr in einen Täter hineinversetzen, dass Sie die Welt mit seinen Augen sehen würden. Ich hatte gehofft, Sie würden wirklich so viel von den Abgründen der menschlichen Seele verstehen.
    Sie haben von sich selbst gesagt, Sie versuchen zu denken und zu fühlen wie der Täter, um ihn nachvollziehen zu können.
    Ann Kathrin wurde heiß. Es war, als würden kleine Fischchen im warmen Blutfluss ihrer Adern schwimmen und sich mit zuckenden Schwanzbewegungen vorwärtspeitschen. Eine Schweißperle rann zwischen ihren Brüsten herunter wie eine Schnecke, die sich in ihrem T-Shirt verkriechen wollte. Zwischen ihren Schulterblättern war sie klatschnass.
    Sie haben sich nicht gerade als »einfühlsame Kriminalistin erwiesen, die die Seele eines Täters in den Mittelpunkt ihrer Ermittlungen stellt, weil die Suche nach dem Motiv das Entscheidende ist«.
    Ich will Sie nicht im Austausch gegen Susanne Möninghoff. Ich habe die miese Schlampe nur in mein Erziehungslager aufgenommen, damit sie Ihnen nicht länger zur Last fällt. Ich wollte, dass Sie endlich wieder zu Ihrer alten Hochform auflaufen. Sie müssen sich um Ihren Mann jetzt keine Sorgen mehr machen. Wenn er sein Betthäschen zurückbekommt, wird sie ihn nicht mehr mit ihrem verfluchten Sex verrückt machen … Wenn sie zurückkommt, wird sie rein sein.
    Ann Kathrins Blutdruck stieg zunächst auf 190 zu 110 und fiel dann auf 100 zu 60 . Der Bildschirm begann vor ihren Augen zu trudeln. Sie wusste, dass sie ohnmächtig werden würde, und versuchte, ihren Fall so sanft wie möglich abzufedern. Sie glitt im Sessel immer weiter nach unten und hielt sich an der Schreibtischkante fest. So wurde es kein Sturz, sondern fast ein Hinsetzen.
    Sie lag mit dem Kopf neben dem Papierkorb und versuchte, ihre Füße irgendwie hoch zu legen.
    Manchmal kippten Leute beim Verhör um. So ähnlich mussten
sie sich fühlen, dachte Ann Kathrin, wenn es nur Worte, Informationen und Gedanken waren, die die Menschen zusammenbrechen ließen. Sie hob dann jedes Mal die Füße der Leute hoch, und meist dauerte es nur ein paar Sekunden, und schon ging es ihnen besser. Es war eine Art Blutleere im Gehirn und mit den hochgebetteten Beinen hatte das Blut es leichter, zurück in den Kopf zu laufen. So simpel stellte sie es sich vor, und vermutlich war es auch so, denn sie selbst fühlte sich gleich besser, als es ihr gelang, die Waden hoch auf den Bürostuhl zu schieben.
    Sie wusste, dass es ganz still im Zimmer war, trotzdem hörte sie ein lautes Brummen, als ob es direkt neben ihrem Kopf wäre oder sogar unter ihrer Schädeldecke. Ihr Hals war ausgedörrt. Sie konnte auf dem Boden neben dem Schreibtisch eine halb volle Flasche St. Ansgari Sprudelwasser stehen sehen, aber die war jetzt unerreichbar weit weg.
    Ann Kathrin wusste, woher der Täter seine Informationen hatte. Sie kannte diese Wortwahl. Solche Sätze hatte nur einer über sie geschrieben: Holger Bloem vom
Ostfriesischen Kurier
.
    Während sie dalag und mit der Ohnmacht kämpfte, erinnerte sie sich an seinen Besuch.

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