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Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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hatte die Garagentür in den letzten Monaten wirklich nie verschlossen. Früher hatte Hero die Pakete angenommen. Er war ja fast immer zu Hause, aber seit er ausgezogen war, hatte sie mit der Norder Post eine andere Vereinbarung getroffen.
    Die offene Garagentür … Das große Tor blieb natürlich immer geschlossen, aber die Tür daneben, die war offen. War der Täter dadurch in ihre Wohnung gekommen?
    Sie ging runter in die Garage und sah sich den Zugang zu
ihrem Haus an. Es gab eine Tür, die von der Garage direkt in ein Gästezimmer führte.
    Hier hatten schon lange keine Gäste mehr geschlafen. Inzwischen war alles vollgestellt mit Schuhen, Wintersachen und all den Dingen, die sie nicht ständig brauchte. Sie benutzte diese Tür eigentlich nie, sondern betrat ihr Haus meistens durch den Vordereingang.
    Ann Kathrin knipste die Neonröhren in der Garage an und sah sich die Tür an. Das Licht flackerte kurz über ihr, als würde die Beleuchtung nicht mehr funktionieren.
    Es gab ein paar kleine Kratzer ums Schloss. Hatte hier jemand versucht, das Schloss zu knacken? Es war eine Stahltür, wie sie benutzt wurde, um Ölkeller abzusichern. Es gab auch ein Sicherheitsschloss. Aber wer in einen Computer kam, der konnte vermutlich auch so eine Tür öffnen.
    Sie musste an Weller denken, für den jedes Schloss sowieso nur ein Witz war und keine ernste Sicherungsmaßnahme.
    Ich muss mir mit der Post was Neues ausdenken, dachte sie. So geht es nicht weiter.
    Sie beschloss, wieder hochzugehen und alles auf ihrem Computer zu löschen, was ihr unangenehm war, wenn andere Menschen es sahen.
    Schon nach wenigen Minuten schien es ihr aussichtslos. Sie hatte schon sämtliche Mails gelöscht, die sie nach der Trennung von Hero mit ihrer Freundin Ulrike gewechselt hatte. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass sich Charlie dafür interessierte, wie sie sich als betrogene Ehefrau fühlte, aber Charlie war nicht der einzige Kollege in der Polizeiinspektion. Rupert las solche Dinge wahrscheinlich brüllend vor Lachen abends am Biertisch vor, dachte sie.
    In diesem Moment erhielt Ann Kathrin eine Mail. Sie kannte den Absender nicht. Es war ein Anhang dran mit 153 KB . Doch im Betreff stand:
Liebe Grüße an die Frau Kommissarin
.
    Sie öffnete den Anhang und sah zwei Fotos von einem alten Mann.
    Sie lief nicht runter zu Weller, um ihn zu wecken. Sie blieb einfach sitzen, hob die Hände vom Computer weg, als sei er ein Tatwerkzeug, das nicht berührt werden durfte, damit keine Spuren verwischt werden konnten.
    Ann Kathrin kreischte: »Frank! Frank! Frank!«
    Er hechtete unten aus dem Bett und war Sekunden später bei ihr. Ihre Schreie ließen ihn an eine lebensbedrohliche Situation glauben. Er wunderte sich, sie in dem Bürosessel kniend anzutreffen.
    Weller hielt seine Dienstwaffe in der Hand.
    »Ich bin allein«, sagte sie. »Er ist nicht hier. Aber er hat mir eine Nachricht geschickt.« Dann zeigte sie auf den Bildschirm.
    Weller sah die Fotos von Heinrich Jansen. »Er ist also nicht auf Frauen festgelegt«, sagte er trocken.
    Ann Kathrin schlang ihre Arme um seine Brust und drückte sich ganz fest an ihn. Weller streichelte sie, doch sein Blick war dabei starr auf den Computer gerichtet.
    »Auch Buchregale sind ihm nicht besonders wichtig, Ann. Das da hat einen dunklen Hintergrund. Irgendein Keller oder so was. Ansonsten die gleiche Methode.«
    »Der Mann lebt noch.«
    »Ja, das hab ich auch gesehen.«
    Ann Kathrin drückte sich noch fester an Weller. »Diese Augen«, sagte sie. »Ich kann diese Augen nicht ertragen.«
    Für einen Moment spürte sie, dass es ihr fast lieber gewesen wäre, die Fotos von einer Leiche zu sehen. Aber dieser Mann, der dort leidend angebunden war und um Hilfe zu flehen schien, machte Ann Kathrin völlig fertig.
    »Was jetzt?«, fragte sie. »Was jetzt? Sag mir doch, was ich tun soll, Frank. Sag es mir!«
    Ihm wurde bewusst, dass seine Chefin mit ihren Fäusten auf
seiner Brust herumtrommelte und ihn fragte, was zu tun sei, so als hätten sich die Autoritätsverhältnisse umgedreht.
    Sie fragt mich das gar nicht als ihren Kollegen, dachte er. Sie fragt es mich als ihren Freund. Ihren Vertrauten. Ihren Mann.
    Er fühlte sich geehrt und spürte, wie sehr sie von ihm erwartete, dass er in irgendeiner Form die Initiative ergriff. Dabei war er selber genauso ratlos wie sie.
    Jedes Bild hatte eine Unterschrift:
Während ihr vögelt, sterbe ich
stand unter dem ersten und unter dem zweiten:
Tu was, Ann

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