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Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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schwarz gefärbt, dass sie bläulich schimmerten, und Ann Kathrin fragte sich sofort, wie Heinrich Jansen es wohl fand, nach so vielen Jahren streng ordentlicher Erziehung von einem Punkmädchen versorgt zu werden.
    Ann Kathrin ging so behutsam wie möglich vor: »Bitte erschrecken Sie nicht. Ich bin Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen vom Fachkommissariat eins der Kripo in Aurich. Das ist mein Kollege, Kommissar Frank Weller.«
    Weller sah sich zu Abel um, der noch im Auto saß. Erstens war er hundemüde, und zweitens wollte Ann Kathrin die Menschen hier nicht gleich erschrecken, indem sie mit der Spurensicherung anrückte.
    Abel schloss auf dem Rücksitz die Augen und hoffte, nicht gebraucht zu werden.
    Die junge Punkerin zuckte so merkwürdig mit den Mundwinkeln, dass Ann Kathrin gleich ahnte, was sie dachte.
    »Ich hab schon lange nichts mehr mit Robert zu tun«, sagte die junge Frau. »Bitte machen Sie mir das nicht kaputt. Das ist eine ganz neue Chance hier für mich … Ich kann vielleicht danach mein Abitur nachmachen und dann … «
    Ann Kathrin lächelte. »Wir kommen nicht wegen Ihnen.«
    »Ja, das dachte ich mir wohl, ich bin mit dem Typ auch schon lange nicht mehr zusammen. Ich weiß nicht, wo er jetzt ist … «
    »Wir kommen auch nicht wegen Ihrem Freund. Bitte regen Sie sich nicht auf. Wir wollen einfach nur sehen, ob bei Ihnen ein Herr Heinrich Jansen wohnt. Wir müssen ihn in einer Sache als Zeugen befragen. Es ist gar nichts Schlimmes geschehen.«
    Vor Erleichterung drückte die junge Frau Ann Kathrin einmal kurz an sich. Dann trat sie einen Schritt zurück, als hätte sie gerade eine Grenze überschritten, und fragte: »Soll ich den Chef rufen? Wollen Sie mit unserem Herrn … «
    »Das ist nicht nötig. Zeigen Sie uns einfach das Zimmer von Herrn Jansen.«
    »Ja, ich glaube, den können Sie jetzt gar nicht sprechen. Also, ich hab den schon ein paar Tage nicht gesehen. Vielleicht hole ich jetzt doch besser unseren Chef.«
    Ann Kathrin sah hinter dem Empfangsraum einen langen Flur mit schweren Holztüren, an denen Messingzimmernummern angebracht waren.
    »Bitte – welche Zimmernummer hat er?«
    »Ja, ich weiß nicht, ob ich Sie da jetzt einfach reinführen darf. Ich möchte doch lieber den Chef fragen, verstehen Sie, ich will jetzt nichts falsch machen. Ich meine … «
    »Sagen Sie uns die Zimmernummer, und dann rufen Sie Ihren Chef.«
    Weller trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Hier stimmte was nicht.
    Der Chef kam dann nicht, aber eine rundliche Frau von gut fünfzig, die sich als Verantwortliche für den Heimbereich vorstellte. Ann Kathrin Klaasen vergaß den Namen der Frau sofort wieder, aber Weller notierte ihn. Monika Weidhausen. Sie schloss die Tür zu Heinrich Jansens Zimmer auf. Ann Kathrin und Weller wollten ihre Ausweise vorzeigen, doch das fand sie überhaupt nicht nötig.
    »Man sieht Ihnen doch an, dass Sie von der Kripo sind«, sagte sie, und Weller fragte sich, ob sie damit recht hatte. Irgendwie wurmte ihn dieser Satz. Er wollte nicht aussehen wie einer von der Kripo.
    Frau Weidhausen erklärte, Herr Jansen sei seit vielen Jahren hier. Ein ganz ruhiger Gast. Vor ein paar Tagen habe ihn ein Mann abgeholt, der gut sein Sohn hätte sein können.
    »Wie heißt er? Wo wohnt er?«, fragte Ann Kathrin sofort nach.
    Frau Weidhausen schüttelte den Kopf. Sie habe keine Ahnung.
    Weller empörte sich: »Wie können Sie denn den alten Mann einfach die Hände von irgendjemandem übergeben, ohne sich seinen Ausweis zeigen zu lassen und ohne jede Absicherung? Sah der etwa auch so aus, als ob er von der Kripo wäre?«
    Frau Weidhausen lächelte gequält. »Aber bitte, was hätte ich denn machen sollen? Herr Jansen leidet an Altersdemenz. Manchmal, wenn ich mit ihm gesprochen habe, hat er sich bei mir nach dem Verlauf der Front erkundigt. Unsere Probleme hier sind nicht, dass uns ständig alte Leute entführt werden, sondern es ist ihre Einsamkeit. Kaum einer von ihnen bekommt Besuch. Wenn wir hier Besuch haben, behandeln wir den sehr freundlich. Die bekommen eine Tasse Tee, und wenn sie einen unserer Gäste mit nach draußen nehmen und im Rollstuhl spazieren fahren, dann freut uns das sehr.«
    Jetzt kam auch der Chef, Herr Kerner. Er bestätigte das mit
der Altersdemenz sofort. Manchmal habe Herr Jansen ihn für einen alten Kriegskameraden gehalten. Aber dann hätte er wieder sehr lichte Momente gehabt. Er sei ein fleißiger Benutzer der Bibliothek gewesen, allerdings hätten ihm die

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