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Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nie getan, und er kannte auch keinen Kollegen, der es schon mal gemacht hatte.
    Natürlich würde er nicht schießen, aber das konnte der Täter ja nicht wissen. Vielleicht blieb er ja stehen und hob die Hände. Vielleicht hielten andere Leute ihn auf.
    Doch noch während Weller mit diesen Gedanken spielte, erreichte Ann Kathrin Klaasen den Nickelbrillenträger. Am African Culture Shop stoppte sie ihn. Er riss sich noch einmal los. Es kam zu einem kurzen Handgemenge. Er stolperte über eine
lebensgroße, handgeschnitzte afrikanische Götterfigur, raffte sich aber sofort wieder auf und riss aus den draußen für die Touristen aufgebauten Ausstellungsstücken einen dicken Holzstab heraus. Es war so etwas wie ein afrikanischer Spazierstock. Wie für einen König gebaut, mit Intarsien aus Muscheln.
    Die Nickelbrille lag schon zertreten auf dem Boden, doch der Mann ergab sich noch lange nicht in sein Schicksal. Er drosch mit dem Knauf vom Spazierstock auf Ann Kathrin ein, als sei es ein Baseballschläger.
    Sie riss ihre Arme hoch und ein Schmerz durchzuckte ihren Körper. Sie schämte sich nicht, laut aufzuschreien.
    Weller sprang mit den Füßen voran gegen den Verdächtigen. Der ging rückwärts, drohte mit seinem Stock mal Ann Kathrin, mal Weller und japste nach Luft.
    »Was wollt ihr von mir, ihr Arschlöcher?«
    »Selber Arschloch«, gab Weller zurück. »Dein Spiel ist aus.«
    Dann riss Weller einen königlichen Spazierstock für sich selbst aus dem hölzernen Ständer und drosch damit auf seinen Gegner ein. Der verteidigte sich. Für einen Moment sah es aus wie ein Schwertkampf zwischen modernen Rittern.
    Einige Touristen schrien, andere fotografierten eifrig.
    »Papa, Papa, wer von denen ist denn der Gute?«, fragte ein neunjähriger Blondschopf verwirrt und verlor vor Schreck sein Eis.
    Ann Kathrin zitterte, so heftig war die Wirkung des Treffers auf ihre Unterarme. Dann bot sich ihr eine günstige Gelegenheit. Sie sprang den Typ von hinten an, bekam seinen Arm zu fassen und schon machten die Handschellen Klick.
    Er tobte immer noch.
    Jetzt war Ubbo Heide bei ihnen und sagte kopfschüttelnd: »Was soll das? Was ist das für eine Prügelei hier? Warum benutzt du nicht dein Pfefferspray?«
    Weller hob die Hände, doch statt zu antworten, ließ er sie
einfach wieder sinken. Ja, dachte er, warum eigentlich nicht? Warum vergesse ich plötzlich alles, was ich gelernt habe? Vielleicht, weil ich in diese Frau verliebt bin?
    Das alles sagte er nicht, aber er dachte es, nicht ganz ohne Stolz.
    Ann Kathrin ordnete ihre Kleidung und fragte nun ihrerseits Ubbo Heide: »Und wo, bitte schön, war unser Einsatzkommando? Warum müssen wir das hier machen, während die leere Wohnungen stürmen?«
    Der Mann konnte sich nicht ausweisen. Ann Kathrin und Weller begleiteten ihn in sein Hotel. Er hatte den Ausweis im Zimmer. Er hieß Lars Holland und machte mit seiner Frau Ulrike und seinen vier- und siebenjährigen Töchtern im Hotel Achterum Urlaub. Warum er vor Ann Kathrin Klaasen weggelaufen war, konnte er auch nicht genau sagen. Die dicke Nase stammte tatsächlich von einem Bienenstich. Er habe Medikamente genommen, versuchte er sich zu entschuldigen. Gleichzeitig drohte er mit Schadensersatzklagen, die sein Anwalt garantiert für ihn herausschlagen würde.
    Seine Frau beschwichtigte ihn, versprach den Kommissaren, schon dafür zu sorgen, dass ihr Mann keinen Ärger mache. Er habe halt eine sehr niedrige Frustrationsschwelle und deswegen auch schon zweimal seine Arbeitsstelle verloren.
    Er bedankte sich zähneknirschend bei ihr, weil sie ihm so tapfer zur Seite stand. Dann brüllte er sie an: »Und du kriegst auch Post von meinem Anwalt, du dusselige Kuh! Du kannst dir einen anderen Blödmann suchen!«
    Bevor Ann Kathrin und Weller sich verabschiedeten, fragte sie Ulrike Holland noch: »Kommen Sie klar mit ihm, oder gibt das hier Probleme?« Ann Kathrin gab ihr ihre Telefonnummer: »Notfalls können Sie uns rufen.«
    »Keine Sorge«, sagte Frau Holland. »Der beruhigt sich schon wieder. Der hat ja ein Antiaggressionstraining gemacht.
Vor zwei Jahren. Wissen Sie, nach diesem … «, sie schluckte, » … Zwischenfall.«
    Weller und Ann Kathrin wussten natürlich nichts darüber, aber sie nickten verständnisvoll und begaben sich zu der gestürmten Wohnung zurück, um sie sich von innen anzusehen.
    »Das war jetzt nicht gerade ein Punkt für uns«, sagte Weller geknickt. Er konnte ja nicht ahnen, dass dies nicht die letzte Niederlage

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