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Ostfriesenblut

Ostfriesenblut

Titel: Ostfriesenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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hinfahren«, sagte sie.
    »Ja, und jetzt war die ganze Arbeit umsonst, oder was? Soll ich danach nochmal all die kleinen Strähnchen herausziehen?«
    Ann Kathrin ging ins Bad. Sie putzte sich die Zähne und gurgelte mit der Mundspüllösung Meridol. Sie wollte jetzt nicht nach Alkohol riechen.
    Es versetzte ihr einen Stich, als sie die Flasche in die Hand nahm. Sie war von Eike. Nachdem Zahnarzt Dohle ihm den ersten Zahn gezogen hatte, wurde Eike sehr fleißig. Er hatte jetzt begriffen, dass das Zähneputzen nicht einfach eine lästige Pflicht war, die die Eltern ihm aufdrücken wollten, um ihn zu ärgern, sondern dass es eine wirkliche Bedeutung im Leben hatte.
    Sie war Dohle dankbar. Was sie mit ihren Erziehungsversuchen nie erreicht hatte, Dohle hatte es in einem kurzen Gespräch hingekriegt.
    Was immer er damals gesagt hatte, es mussten die richtigen Worte gewesen sein, dachte Ann Kathrin. Plötzlich putzte Eike sich nach jedem Essen die Zähne und gurgelte abends noch mit dieser Mundspülung.
    Die Erinnerung an ihren Sohn füllten ihre Augen mit Tränen. Weller führte das auf »die Chemiebombe auf deinem Kopf« zurück.
    Ann Kathrin wartete noch genau dreißig Minuten. Es kam ihr vor, als würde sie ihrer Arbeit ein Stück Freizeit abtrotzen. Dieser Thomas Hagemann hatte in letzter Zeit so viel von ihr in Anspruch genommen. Sie wollte ihm nicht auch noch erlauben, ihr die Frisur zu versauen. Die neu gefärbten Haare, das war auch ein Stückchen Beziehungsarbeit zwischen Weller und ihr.
    Nein, diesmal wollte sie hart bleiben.
    Bevor sie losfuhren, trank sie noch einen halben Liter Mineralwasser, um den Alkoholgehalt im Blut zu verdünnen. Sie wusste, dass das nicht allzu viel brachte, aber irgendetwas musste sie tun. Sie konnte jetzt schlecht mit dem Taxi zur Dienststelle fahren oder sich von den Kollegen abholen lassen.
     
    Eike und Hero suchten inzwischen gemeinsam nach Susanne Möninghoff. Sie hatten all ihre Freunde angerufen. Niemand hatte eine Erklärung für ihr Verschwinden, und die Gewissheit wurde immer größer: Sie war einem Verbrechen zum Opfer gefallen.
     
    Obwohl er überhaupt nicht einsah, warum sie jetzt zur Polizeiinspektion fahren sollten, begleitete Weller Ann Kathrin. Sie schoben unten ihre Stempelkarten ein, und die Tür öffnete sich mit einem leisen Surren.
    Der uniformierte Kollege am Empfang staunte die beiden an. Sie nickten ihm freundlich zu, gaben ihm aber keine Gelegenheit, irgendeine Frage zu stellen.
    Charlie Thiekötter sah blass aus. Wenn man bedachte, dass der Sommer schon dem Ende zuging, sogar kränklich blass, wie jemand, der viel zu viel Zeit vor dem Computer verbrachte und nur wenig ans Tageslicht kam.
    Er reagierte merkwürdig auf Weller, stockte einen Moment und sagte dann: »Eigentlich wäre es mir lieber gewesen, dich ganz alleine zu sprechen, Ann Kathrin.«
    Weller wunderte sich. »Häh? Geht das jetzt gegen mich? Wieso will der dich alleine sprechen, Ann?«
    »Ich habe keine Ahnung«, gab sie zurück.
    Charlie war so überfordert, dass das beginnende Streitgespräch ihn jetzt schon mürbe machte. Er zuckte mit den Schultern und drehte sich auf seinem Bürostuhl zu einem Bildschirm.
    »Ich dachte, du solltest dir das ansehen, Ann Kathrin.«
    Er schaltete einen Film ein. Zunächst erkannte Ann Kathrin gar nichts. Es war ein Schimmern von Kerzen, ein schummrig beleuchteter Raum.
    »Ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll«, erklärte Charlie. »Ich kann das doch schlecht den Kollegen unterschlagen. Immerhin ermitteln wir in einem Mordfall. Aber ich will das auch nicht der Meute zum Fraß vorwerfen.«
    Ann Kathrin verstand nicht, was er von ihr wollte. »Wieso? Was … «
    Dann hörte sie ihre Stimme. Der Gedanke traf sie wie ein Giftpfeil: Er hat uns gefilmt! Er hat uns zugesehen und uns belauscht! Und hier ist alles dokumentiert. Weller und ich im Schlafzimmer ...
    Sie rannte aus dem Zimmer. Sie musste sich übergeben. Sie schaffte es nicht mehr bis zur Toilette, sondern erbrach sich im Flur.
     
    »Wenn wir das Bürschchen kriegen, zerleg ich ihn! Das ist jetzt eine persönliche Sache. Ich nagel den an die Wand, Stück für Stück! Ich lass mir das nicht gefallen!«, brüllte Weller, außer sich vor Wut.
    »Ich glaube nicht«, sagte Charlie, »dass er in seine Wohnung nach Greetsiel zurückkommen wird. Der ist viel schlauer, als ihr alle denkt.«
    »Wieso? Was meinst du?«
    »Siehst du das hier?« Charlie klickte ein anderes Bild an. »Das
ist die Eingangstür

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