Ostfriesenblut
Mädchen? Wie können wir dafür sorgen, dass ihre heiße Möse abkühlt, damit Ann Kathrin ihren dämlichen Mann wiederkriegt?«
Der alte Mann öffnete seinen Mund und wollte etwas sagen, doch dann fiel sein Kopf nach vorne. Entweder wurde er ohnmächtig, oder er täuschte eine Ohnmacht vor.
Susanne Möninghoff zitterte am ganzen Körper. Ihre Zähne schlugen aufeinander. Sie konnte ihren Kiefer nicht ruhig halten und war dadurch auch nicht in der Lage, zu sprechen. Die Angst hatte sie vollständig gepackt, und zu der Angst, getötet
zu werden, kam noch eine weitere Angst hinzu: die, verrückt zu werden. Hatte sie Halluzinationen, oder ging es hier wirklich um Ann Kathrin und Hero? Hatte die blöde Kuh irgendeinen Wahnsinnigen aus ihrer Verbrecherkartei ausgegraben und auf ihre Konkurrentin gehetzt?
»Okay, alter Mann. Wenn du es vergessen hast, dann werde ich dir mal zeigen, wie es geht. Es beginnt immer mit der Einsicht und der Reue.«
Er zog die Schublade aus dem Holztisch heraus und kippte sie auf der Tischplatte aus. Die drei Kerzen, die in einem Leuchter aus Gusseisen steckten, wackelten, fielen aber nicht um. Eine chinesische Schreibkladde knallte auf den Tisch. Ein schönes Buch, rot und schwarz eingebunden. Außerdem mehrere Bleistifte.
Hagemann trug die Kladde und einen angespitzten Bleistift zu Susanne Möninghoff und hielt ihr beides hin. Sie versuchte, die Kladde und den Stift an sich zu nehmen, doch sie zitterte so sehr, dass ihr die Kladde aus der Hand fiel.
»Ja«, sagte er, »du kannst dein Glück noch gar nicht fassen, ich weiß. Nun beginnt ein neues Leben für dich. Zuerst mal schreibst du hier deine Verfehlungen auf. Alle. Du beginnst bei der letzten und arbeitest dich dann langsam vorwärts. Immer weiter, bis hin zu deiner Jugend, deiner Kindheit. Aber erst mal, was du so in den letzten Wochen falsch gemacht hast. Und vergiss nichts. Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.«
Sie versuchte zu sprechen. »Ich … ich … «
Wenn nur dieses Zähneklappern nicht gewesen wäre. Mit den Händen versuchte sie, ihrem Gesicht Halt zu geben. »Ich … ich weiß nicht, was ich schreiben soll … «, weinte sie.
Da meldete sich der alte Mann zu Wort. Er hielt den Kopf schräg und öffnete den Mund. Sie konnte seine Zunge sehen. Sie war fast bläulich.
»Die Wahrheit«, sagte er. »Die Wahrheit.«
Sie lagen nebeneinander und sahen zur Decke, die auch mal wieder hätte gestrichen werden müssen.
»Du kannst ruhig rauchen«, sagte Ann Kathrin. »Ist doch deine Wohnung.«
Er hörte ihre Sätze nicht wie eine Genehmigung, sich eine anzuzünden, sondern für ihn klang es nach dem deutlichen Appell, mal zu lüften, weil es hier stank. Also sprang er auf und riss das Fenster auf.
»Tut mir leid. Es muss ja schrecklich für dich riechen hier drin.«
»Wenn mir nichts Schlimmeres im Leben widerfährt … «
»Wir könnten uns für heute Nacht ein Hotelzimmer mieten«, schlug er vor, aber sie schüttelte den Kopf.
»Es muss ja nicht gleich der Reichshof sein«, sagte er. »Es gibt ein paar ganz preiswerte Pensionen, die jetzt nicht mehr überfüllt sind.«
Sie winkte ab. »Ach, Quatsch.« Dann sagte sie: »Wir müssen ohnehin irgendwann in die Wohnung zurück, sonst wird er Verdacht schöpfen.«
»Ich verstehe deinen Plan immer noch nicht wirklich, Ann. Was willst du tun? Ihn mit einer Information in die Falle locken? Willst du selbst zum Lockvogel werden, oder was? Du spielst mir da ein bisschen zu sehr mit dem Feuer.«
Eine Mücke stach in Ann Kathrins Ohr. Jetzt begann es dort zu jucken. Sie glaubte, das käme von dem Färbemittel. Sie kratzte sich am Ohr und sagte: »Vielleicht war das Mittel doch ein bisschen scharf. Ich glaub, ich krieg schon Ausschlag.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wenn wir Ausschlag kriegen, dann wohl eher von dem Besuch in dieser verdreckten Kellerbadeanstalt.«
»Was macht der mit all dem, was er von mir erfährt?«, fragte Ann Kathrin unvermittelt. »Er hört mir zu, er sieht mich.«
»Vielleicht ist er einfach nur ein blöder Wichser, der sich darauf
einen runterholt, wenn er dich dabei beobachten kann, wie du zur Toilette gehst.«
»Ich glaube, so einfach sind die Dinge nicht, Frank. Das könnte er leichter haben. Mit einer Webcam in der Sauna oder in der Frauensammelumkleide im Schwimmbad käme er da bestimmt weiter. Und so etwas lässt sich viel gefahrloser anbringen, dafür muss man nicht mal einbrechen. Dort kann er sich einfach eine Eintrittskarte
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