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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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jemand ihn wecken konnte.
    Eine verführerisch einleuchtende Überlegung: keine einzelne Dosis Gift durch den roknarischen Dolch, sondern eine fortgesetzte Verabreichung durch jemanden, der ihm viel näher stand. Das würde die sichtbaren Symptome ziemlich genau erklären.
    Ein schrecklicher Gedanke, aber immerhin weniger verstörend als Träume von weißem Feuer.
    »Warum habt Ihr mich in den Arm gezwickt?«, wollte Liss wissen, nachdem die Tür zugefallen war.
    »Damit du nichts sagst.«
    »Das hab ich mir gedacht. Warum?«
    »Die Gräfin war nicht eben erfreut über die Dreistigkeit des Knechtes. Ich wollte ihm Schläge ersparen, zumindest einige scharfe Worte.«
    »Oh.« Liss runzelte die Stirn. »Tut mir Leid, dass ich zugelassen habe, dass er Euch belästigt. In den Ställen machte er einen harmlosen Eindruck. Es gefiel mir, wie er mit dem Pferd umging. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass er etwas so Törichtes von Euch verlangt.« Nach einer kurzen Pause setzte sie hinzu: »Ihr wart sehr freundlich, Euch nicht über ihn lustig zu machen oder ihm seine Bitte zu verweigern.«
    Mit Freundlichkeit hatte das nichts zu tun.
    »Er hat sicherlich einiges auf sich genommen, um sein Angebot so anziehend wie möglich erscheinen zu lassen.«
    Beim trockenen Ton von Istas Stimme hin kehrte das fröhliche Glitzern in Liss’ Augen zurück. » Das ist wahr. Und trotzdem … irgendwie wirkte dadurch alles noch trauriger.«
    Ista konnte nur zustimmend nicken.
     
    Als Ista sich zum Schlafengehen fertig machen ließ, war ihr leichter zumute, da sie Liss’ praktische und liebevolle Fürsorge wiederhatte. Liss wünschte ihr fröhlich eine Gute Nacht und begab sich selbst zum Schlafen ins Vorzimmer, in Istas Rufweite. Auf Istas Bitte hin ließ sie wieder die Kerze brennen. Dann saß Ista im Bett, auf ihre Kissen gestützt, und dachte über die neuen Enthüllungen dieses Tages nach.
    Ihre Finger zuckten ruhelos. Sie fühlte sich so unruhig wie damals, als sie auf den Zinnen der Burg von Valenda umhergeschritten war, bis ihre Füße Blasen bekamen, die Sohlen sich von den Schuhen lösten und ihre Damen um Gnade flehten. Das alles war aber nur ein Betäubungsmittel für die Gedanken gewesen, keine Hilfe.
    Wenn es auch so schien, als hätten eine Reihe unglücklicher Zufälle sie nach Porifors geführt, so hatte der Bastard doch behauptet, dass sie nicht zufällig hier war. Die Götter seien knauserig, hatte Lord dy Cazaril einmal ihr gegenüber angemerkt, und würden die Gelegenheiten beim Schopf packen, wo sie sich boten. Ista lächelte in grimmiger Zustimmung.
    Wie kam es überhaupt dazu, dass Gebete erhört wurden? Gebete waren zahllos, Wunder jedoch selten. Die Götter ließen andere ihre Arbeit tun, so schien es. Denn wie gewaltig ein Gott auch sein mochte, ihm stand nur der Raum jeweils einer einzigen Seele zur Verfügung, um in die Welt des Stofflichen hineinzureichen, ob dies nun eine Tür, ein Fenster, ein Spalt, ein Riss oder nur ein Nadelstich sein mochte …
    Dämonen, auch wenn es vermutlich Unzählige gab, waren nicht gewaltig. Sie besaßen nichts von der unendlichen Tiefe dieser Augen. Aber sie waren offenbar auf die gleiche Weise beschränkt … vielleicht davon abgesehen, dass sie an den Rändern ihrer Seelenöffnungen nagen konnten, um sie im Laufe der Zeit zu erweitern.
    Wem also musste sie vorwerfen, dass er für ihre Ankunft gebetet hatte? Oder vielleicht nicht für ihre Ankunft, sondern um Hilfe – und sie auszuschicken war nichts weiter als ein zotiger Scherz des Bastards. Sie hatte Lord Illvin von Schuld freigesprochen, als sie gedacht hatte, er wäre ohne Besinnung. Aber wenn Goram die Wahrheit sagte, durchlebte er Zeiten der … nun, wenn nicht der Klarheit, dann zumindest der Wachheit. Und Goram hatte sie angefleht , wenn auch nicht mit Worten, so doch mit Gesten. Irgendjemand hatte die weiße Rose als stummes Gebet auf Illvins leeren Teller gelegt. Lady Cattilara sehnte sich sichtlich verzweifelt nach einem Kind, und ihr Ehemann … war ebenfalls nicht das, was er zu sein schien.
    Wie dumm und hoffnungslos war es, eine einstige Verrückte mittleren Alters sämtliche Straßen Chalions entlangzuhetzen, damit sie schließlich hier landete, und wofür? Eine gescheiterte Heilige, eine gescheiterte Zauberin, eine gescheiterte Königin, Frau, Mutter, Tochter, in allem gescheitert – nur als Liebhaberin nicht, denn in dieser Rolle hatte sie sich nie versucht, was noch schlimmer war als scheitern in ihrer

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