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Panther

Panther

Titel: Panther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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daraus einen Druckverband zu machen. »Wir haben nicht viel Zeit. Sie bluten wie verrückt.«
    »Ich weiß«, sagte Mrs. Stark. »Wo ist das Kätzchen?«
    Im selben Moment kam etwas aus dem nahen Dickicht geschossen. Gerade einmal eine Armeslänge von der am Boden liegenden Lehrerin und ihren Helfern entfernt flog fauchend eine Gestalt vorbei, kaum mehr als ein hellbrauner Pfeil, und sprang auf die Spitze einer knorrigen abgestorbenen Kiefer.
    »Das ist sie«, sagte Smoke. Ehrfürchtig blickte er zu der Panthermutter hoch, die nach dem Schrecken wegen der Schüsse noch immer erregt atmete.
    »Wo ist der Kleine?«, flüsterte Mrs. Stark noch einmal.
    Nick suchte die Lichtung ab und entdeckte das verängstigte Fellknäuel auf einem Lager aus Kiefernnadeln. »Mit dem ist alles in Ordnung«, beruhigte er Mrs. Stark.
    »Kümmert ihr euch um ihn?«, fragte die Lehrerin. »Es hängt jetzt alles an euch, an Marta und dir.«
    »Wir machen das schon.«
    Mit angespannter Miene versorgte Twilly das verletzte Bein, um die Blutung zu stillen. Smoke ließ den Panther auf dem Baum keine Sekunde aus den Augen, während Nick und Marta das Kätzchen am Boden beobachteten. Mutter und Kind hatten einander noch nicht bemerkt.
    Nach wenigen Minuten half Twilly Mrs. Stark auf und erklärte ihr, wie sie sich festhalten sollte. Smoke stellte sich auf ihre andere Seite und bildete zusammen mit Twilly eine menschliche Krücke.
    »Wenn ihr jemanden kommen hört«, sagte Twilly zu Nick und Marta, »dann rennt weg, so schnell ihr könnt. Falls das nicht mehr geht, benutzt das da.« Er wies mit dem Kopf auf sein Gewehr, das an einem Baumstumpf lehnte.
    Nick hatte noch nie mit einem richtigen Gewehr geschossen; sein Vater besaß keine Waffe, obwohl er bei der Nationalgarde zu einem ausgezeichneten Schützen geworden war.
    »Mit meinen Cousins in Miami war ich mal auf einem Schießplatz, da haben wir mit einer Kleinkaliberpistole geschossen«, sagte Marta.
    »Das hier ist anders«, sagte Smoke. »Völlig anders.«
    Mit der freien Hand zog Twilly seine Geierschnäbelkette aus der Tasche und warf sie Marta zu. »Ihr könnt jetzt alles Glück brauchen«, sagte er mit angespanntem Lächeln.
    Mrs. Stark litt sichtlich Schmerzen und schien einer Ohnmacht nahe. »Tut euer Bestes«, sagte sie noch zu Nick und Marta, dann zuckten ihre Augenlider ein paarmal und fielen zu.
    Twilly zog Nick beiseite und sagte: »Ich komm, so schnell ich kann, zurück. Passt nur auf, dass ihr euch nicht verlauft.«
    »Wir gehen hier nicht weg.«
    Ohne ein weiteres Wort machten Twilly und Smoke sich entschlossen auf den Weg über die neblige Ebene. Mrs. Stark hing schlaff zwischen ihnen, die Arme um die Schultern ihrer beiden Begleiter gelegt. Ihre Füße schleiften über den Boden. Ein einziges Mal schaute Smoke zurück, mit ängstlicher Miene, und Nick winkte ihm zu.
    Marta legte Twillys seltsame Kette um und fragte: »Bist du so weit?« Sie klang überhaupt nicht mehr ängstlich.
    »Auf geht’s«, sagte Nick.
    Der kleine Panther zitterte noch immer, als Nick ihn aufhob, so sehr hatten die lauten Schüsse ihn erschreckt. Er versuchte nicht einmal zu kratzen oder zu beißen, sondern schien fast erleichtert, dass jemand ihn festhielt, selbst wenn es ein Mensch war.
    Das Kätzchen fest an sich gedrückt, stand Nick am Fuß der großen abgestorbenen Kiefer. Er sah daran hoch und prägte sich den geschicktesten Weg nach oben ein. Er wollte den Kleinen so nahe wie möglich zu seiner Mutter bringen, die nur schemenhaft oben in den knorrigen Ästen zu erkennen war.
    »Und wenn es der falsche Panther ist?«, fragte Marta.
    »Nein, Smoke hat gesagt, das ist- sie.«
    »Aber wenn er sich geirrt hat?«
    »Der irrt sich nicht.«
    »Pass bloß auf, dass du dir nicht den Hals brichst. Dieser alte Baum kommt mir ziemlich tückisch vor.«
    »Danke für die aufmunternden Worte.«
    Langsam machte sich Nick an den Aufstieg. Nur mit der rechten Hand zog er sich hoch, von einem kahlen, brüchigen Ast zum nächsten. In der Beuge des anderen Arms lag fast reglos der kleine Panther.
    Nick sah ganz bewusst nicht zu der imposanten Raubkatze auf, die jede seiner Bewegungen aufmerksam verfolgte. Nur manchmal warf er einen Blick zu Marta hinunter, die am Fuß des Baums Wache stand. Obwohl es seltsam war, seine Freundin mit Twillys Gewehr zu sehen, fühlte Nick sich auf unerklärliche Weise doch beruhigt. Er wusste selbst nicht, wieso, aber er traute Marta zu, dass sie notfalls mit dem Gewehr umzugehen

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