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Paravion

Paravion

Titel: Paravion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bouazza
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ihr die Früchte hin. Aber sie schüttelte den Kopf: »Ich habe keinen Hunger. Iß ruhig, du mußt noch wachsen.«
    Enttäuscht ließ er die Hände sinken. Ihre Schönheit wird allein verunziert von ihren Launen, dachte er. Vielleicht muß ja in einer so ebenmäßigen Haut zwangsläufig ein launischer Charakter hausen. Er zuckte zusammen, als ihm eine Ziege in die Hand biß; sie hatte an den Früchten geknabbert, verärgert stieß er sie weg. Ihr Euter schwabbelte gegen den Rhythmus ihres Glöckchens.
    Der Schatten des Mädchens war dunkelrot, der Bach schlingerte ihm Beugungen und Brechungen wie Fußringe um die Beine; Reflexionen tauchten den Körper der jungen Frau in Grün, Braun, Gelb und Rosa, Sonnenlicht folgte ihr zwischen den Blättern, Fliegen brummten und summten, Mücken zogen Schlingerlinien durch die Luft. Sie fand, was sie suchte, betastete es und pflückte zwei Granatäpfel. Danach wählte sie zwei Oleanderblüten aus. Die ganze Zeit hielt sie ihm den Rücken zugekehrt, was ihn traurig machte. Der Mut aus seinen Träumen ließ ihn im wachen Leben vollkommen im Stich. Und dabei war sie so begehrenswert, so bezaubernd, schlichtweg eine Marter.
    Sie ging wieder zu ihm zurück. Etwas an ihr hatte sich verändert, doch was es war, konnte er nicht sagen.

    »Laß uns anfangen, ich glaube, es ist Zeit«, sagte sie, eine Welt aus Feuerfliegen in den Augen. »Komm näher.« Er gehorchte. Sie hob den Saum seines Gewands, unter dem er nackt war. »Hier, halt mal«, fuhr sie fort, ohne ihre Augen abzuwenden von dem, was sie entblößt hatte, bläulichem Kräuseln und bläulichem Glanz.
    »Gut!« Sie warf ihm einen fröhlichen Blick zu. »Jetzt paß gut auf!«
    Sie hatte, zum ersten Mal, violettrosafarbene Flecken auf den Wangen, und im Handgemenge und sanften Gerangel, was nun folgte, füllten plötzlich wohlgeformte, junge Brüste seine Hände und entglitten ihnen wieder. Feucht war alles, es roch nach Anis und Jasmin, Frösche quakten wild, Tropfen flüssigen Granats tröpfelten aus ihren Brustwarzen auf seine Zähne, in seinem Kopf hämmerte es und sein Blut frohlockte.
    Aus ihrem beschatteten, gefurchten Fruchtfleisch stieg ein Hauch Karamel auf, der Kuckuck rief, die Grillen zirpten, er schürfte sich den Rücken auf, sie umklammerte seine Hüften mit kraftvollen Schenkeln, er packte ihre angespannten Hinterbacken, seine Zunge glitt von hier nach da, ziellos, das Mädchen schüttelte die Blumen aus seinen Locken, preßte die Hände kraftvoll auf Baba Baluks Brust, der Mittag füllte sich mit Aureolen und pfauenhaftem Schimmern, die Vögel tobten wie verrückt, der Esel iahte traurig wie ein Nebelhorn.
    »Daran werden wir noch lange zu kauen haben«, sagte sie, als wäre nichts geschehen, während er entkräftet und abgekämpft dalag. Eine Ziege knabberte an seinem Gewand.
    Die Sonne las in seinen Handflächen. Speichel glitzerte ihm auf den Lippen. Alles war still.
    »Aber«, fuhr sie fort, »es ist strengstens verboten, Cheira und Heira um Kräuter zu bitten!« Sie tippte mit dem Zeigefinger gegen seine Nase. Ihr Mund war ein schwarzes Loch. In ihren Augen kein Glanz. Als sie ihr Gesicht abwandte, sah sie, wie ein Maulesel einen Karren Richtung Siedlung zog. Nicht viel später ertönten Freudenschreie.
    »Am Küssen müssen wir auch feilen.« Sie sah ihn nicht an.
    »Deine Zunge ist närrisch. Du küßt wie Schlamm und grabschst wie ein Berber. Steh jetzt auf.«
    Sie war schon weg, als er endlich Kraft und Lust fand, sich aufzurappeln. Die Ziege hatte ein Stück von seinem Gewand gefressen. Er klopfte es ab und ließ es träge am Körper herabgleiten. Hinter seinen Freudentränen sah er den Eselskarren zwischen den trocknen Hügeln verschwinden.
    Das erste, was Baba Baluk an diesem Abend tat, war, seine Lektion an einem der Mädchen aus der Siedlung auszuprobieren. Die Väter waren weg. Die Jungen waren auch verschwunden. Die Mädchen machten sich keine Sorgen um ihre Brüder, die ihre Zeit mit Sicherheit in irgendeiner Weinschenke oder einem Bordell verlümmelten. Dort wurden sie vermutlich gerade beraubt oder von den Huren und Zuhältern bis auf die letzte Kupfermünze ausgenommen.
    Die schwachsinnigen Mütter und alten Jungfern saßen im Abendlüftchen vor den Häusern und zitterten und sabberten und siechten sinnlos dahin. Neben ihnen stand eine Dose Insektenspray, Flutox, gegen die Moskitos, doch sie fingerten nur daran herum oder bliesen in die Öffnung. Ein dünner Nebel überzog die einst so

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