Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paravion

Paravion

Titel: Paravion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bouazza
Vom Netzwerk:
Drogenhändlern, die einen Augenblick von ihrer anstrengenden Tätigkeit verschnauften und dabei den Frauen, die ihre Hunde Gassi führten, mit vollen Mündern hinterherpfiffen. Krümel sprühten aus ihren Mündern.

    In der Bar Zach machte der Tee die Runde und wurde laut geschlürft. Salzmandeln wurden gierig ergrapscht und schmatzend verzehrt. Eine schmackhafte Zusammenstellung wie auch das Mittagessen, das aus frischgebackenem Brot mit Olivenöl und Tee bestand: Himmlisch, wenn es auch anders schmeckte als in Morea.
    Hinter der Theke hing ein altes Reklameposter von La Cigogne an der Wand, es zeigte einen Storch, an dessen Schnabel ein Beutel mit der Limonadenflasche hing: »La Cigogne bringt Ihnen gute Neuigkeiten!« lautete der Slogan.
    Im übrigen schmückten Postkarten mit moreanischen Sonnenuntergängen und Palmen, moreanische Geldscheine, Gebetsschnüre und eine Uhr in Form eines Minaretts die ockerfarbige Wand. Besonders frivol war die Hologrammkarte einer Frau, die jedem zuzwinkerte, der zur Toilette ging. Diese bestand aus einem kleinen Verschlag mit einer gelblichen Schüssel voller brauner Ränder, die Brille hing lose und die Spülung wollte auch nicht so recht; zwar war der Spülkasten mehrere Male vom Wirt eigenhändig repariert worden, doch blieb die Spülvorrichtung, die einst aus einer Kette und jetzt aus einem Seil bestand, launisch. Hier ließen es die Männer plätschern, bevor sie an dem armen Seil rissen, als erwarteten sie, daß der gurgelnde Malstrom Goldmünzen hervorsprudeln lassen würde. Oft schon hatte hier ein Goldregen eine Danae verjagt und dafür Fliegen angelockt.
    »Ä-hm«, sagte der Teppichhändler – insofern man sein Räuspern überhaupt in Buchstaben des Alphabets fassen konnte.
    »Hatscha!« antwortete der Karrenlenker automatisch, worauf die Männer in Gelächter ausbrachen. Er errötete noch tiefer, als er es schon war. Doch die Stille kehrte wieder ein, und alles wartete gespannt auf die Worte des Teppichhändlers, der eine angeborene Autorität besaß, auch wenn sein Gesicht vor allem vierschrötiges Idiotentum ausstrahlte. Jetzt war eine lange Rede gefragt, doch er wußte nicht, was er sagen sollte. Er nickte den sieben Männern aus dem Norden Moreas zu und fragte: »Ihr habt doch Töchter, nicht wahr?«
    Die Männer nickten, etwas beschämt.
    »Sind sie rein, jungfräulich und gehorsam?«
    Die Männer nickten.
    »Dann möchte ich euch bitten zu erlauben, daß die Männer hier sie heiraten.«
    Die Männer nickten abermals. Eines Tages habe es so weit kommen müssen. Nach sieben Jahren der Einsamkeit in Paravion hätten sich die Brüder in den ausgelegten Fangstricken der hiesigen Frauen verheddert. Er beobachte es seit einiger Zeit, der Park werde stets öfter besucht, und zwar nicht nur von den jungen Männern – hier warf er eines seiner Augen auf den Karrenlenker, der den Kopf noch tiefer einzog.
    »Unsere Traditionen und unsere Ehre sind in Gefahr!«
    Man müsse die Linie des Bluts sauber halten und auch fortführen. Aber die hiesigen Frauen, auch die wenigen, die aus Morea stammen, seien nicht keusch und hätten keinen Respekt. Man brauche sich doch nur die beiden Frauen aus dem Park anzusehen. Sie seien kaum hier, da verleugneten sie schon ihre Herkunft und verhielten sich wie Frauen aus Paravion. Deshalb sei es notwendig, in den roten Bergen von Morea einen Strauß frischer Bräute, sittsam an Körper und Geist, zu pflücken. Außerdem stehen Herbst und Winter mit Regen, Hagel und Schnee vor der Tür, und in der weißen Welt des Winters sei die Einsamkeit besonders unerträglich.
    Außerdem müssen Nachkommen geschaffen werden, denn die bringen Geld, wenn auch nicht unbedingt durch Arbeit; die Regierung unterstütze jeden neuen Sprößling mit Geld, und sich fortpflanzen, das dürften die Brüder im Teehaus doch wohl hinkriegen! Das Überleben der eigenen Art stehe auf dem Spiel.
    »Und was ist mit deiner Karima?« fragte jemand vorlaut.
    »Welche Karima?«
    »Die Frau mit den Antennen auf dem Kopf, mit der du in Sünde lebst?«
    »Sie heißt Marika, und außerdem spiele ich nur ein bißchen mit ihr herum. Glaubst du etwa, ich steh bei ihr unterm Pantoffel, hä? So, das war’s.«
    Der Teppichhändler schlug sich aufs Knie. Der Entschluß stehe fest. Die Jahre der Einsamkeit, der Trauer und des Ekels seien nur eine Vorbereitung dafür gewesen. Sie werden heiraten! Und was Marika betreffe, so werde er mit gutem Beispiel vorangehen und ihr sofort den Laufpaß

Weitere Kostenlose Bücher