Parrish Plessis 01 - Nylon Angel
verfickten Messias halten, Loyl-me-Daac; aber ich glaube, dass es dir nur um eines geht: Macht.«
Angesichts meines Ausbruchs löste sich die Spannung auf seinem Gesicht ein wenig. Das war nicht gerade die Reaktion, die ich erwartet hatte.
»Macht ist eine Illusion, Parrish. Das Leben ist wie ein Baseballspiel, und ich versuche nur, möglichst viele Bases zu besetzen, das ist alles. Mit dem Rest muss man einfach leben. Und was soll so verkehrt daran sein, für seine Leute das Beste herausholen zu wollen?«
Ich stand auf und goss mir ein weiteres Glas ein. Der Schmerz in meiner Schulter verblasste mit jedem Schluck.
»Du verstehst es nicht, oder? Warum sind das deine Leute? Wer hat dir gesagt, dass sie das sind? Wegen Leuten wie dir stinkt diese Welt. Jeder versucht, jeden zu kontrollieren. Du unterscheidest dich nicht im Mindesten von Typen wie Lang oder Jamon Mondo.«
Er stutzte und erwiderte nichts darauf. Ich hatte auf eine etwas heftigere Reaktion gehofft.
»Also, was hast du für eine Abmachung mit Dr. Schaum?« Ich ließ mich gegen die Lehne seines Stuhls sacken. Mein zerrissener Overall fiel zur Seite und entblößte meine Beine. Vielleicht war es nicht klug, Daac so nahe zu kommen, aber meine Streitlust trieb mich an.
Daac wandte den Kopf ab. »Das hier ist das Haus von Annas Familie. Ihre Eltern waren wichtige Menschen. Sie ist… eine Freundin von mir. Beim Großteil der Arbeit, die sie hier verrichtet, geht es um Forschung.«
»Tatsächlich? Dafür gibt es hier aber ziemlich viele Sicherheitsvorkehrungen.«
Ich zuckte unfreiwillig, als ich mich nach vorne beugte, um einen Stiefel auszuziehen, und musste Acht geben, meinen Wein nicht zu verschütten. Ich streckte ein Bein aus und wackelte mit den Zehen.
Daacs Blick wanderte zu meinem Fuß und fixierte ihn, als wäre er ein wildes Tier.
»Sie erforscht, warum sich bestimmte Menschengruppen genetisch auf die Schwermetalle und Umweltgifte in ihrer Umgebung eingestellt haben. Ihre Arbeit wird vielen meiner Leute das Leben retten… oder ihre Lebensqualität zumindest erheblich verbessern.«
»Betrifft das nur deine Leute – oder wirst du die Ergebnisse auch mit anderen Menschen teilen? Wer soll über die Lebensqualität anderer entscheiden, Loyl-me-Daac? Du? Wird Kiora Barsch ein besseres Leben bekommen?«
Er wurde rot, rutschte auf seinem Stuhl herum und musterte mich auf eigenartige Art und Weise sehr intensiv.
»Kiora stirbt. Anna hat sie untersucht und beobachtet. Aber sie war Zeit ihres Lebens immer in einer besseren gesundheitlichen Verfassung als andere Menschen in ihrer Umgebung. Anna versucht herauszufinden, warum.«
Ich schüttete meinen Drink hinunter und zog den anderen Stiefel aus. »Haust du sterbenden Frauen öfters eine runter?«
»Ich habe die Beherrschung verloren. Kiora ist paranoid, und sie hat Halluzinationen. Sie glaubt, dass wir ein Liebespaar sind – und das sind wir natürlich nicht.«
»Natürlich.« Ich wurde unfreiwillig sarkastisch.
Ohne jegliche Vorwarnung zog er mich auf seinen Schoß.
Benebelt von dem vielen Wein wehrte ich mich nicht. Ich ließ ihn einfach gewähren, neugierig auf ihn, neugierig auf mich selbst.
Daac ließ seine kräftige Hand langsam durch meine zerrissenen Kleider auf meinen Oberschenkel gleiten.
In meinem Magen spürte ich das Kribbeln eines ungewollten Verlangens, ein Verlangen, das ich seit meiner Beziehung mit Teece nicht mehr gespürt hatte.
Daac beugte sich nach vorne; unsere Lippen berührten sich, und er ließ seine Zunge in meinen Mund gleiten. Ich war noch nie geküsst worden, nicht einmal von Doll. Es war eine meiner kleinen Regeln, ein eisernes Prinzip: Mein Mund gehörte mir; das war meine Jungfräulichkeit, die ich nur der richtigen Person opfern wollte. Abgesehen davon, fand im Speichel der meisten Leute ein bakteriologischer Kleinkrieg statt.
Dieses plötzliche Eindringen ließ meinen gesamten Körper erstarren. Panisch riss ich mich von Daac los und sammelte meine Stiefel vom Boden auf.
Er stand auf und sah mich verwirrt an.
Ich zog mich zurück. »Wo kann ich schlafen?«
»Die Treppe hinauf«, antwortete er mürrisch. »Direkt neben dem Badezimmer… Äh, ich meine natürlich neben der San-Einheit.«
Ich nickte kurz und hastete die Treppe in großen Schritten hinauf.
Die Räume des Hauses waren mit einer Einrichtung ausgestattet, die ich zuvor höchstens in einer Werbung für Hi-tels in Viva gesehen hatte: Die Zimmer erinnerten mit ihrer betulichen Atmosphäre an
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