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Passwort: Henrietta

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Titel: Passwort: Henrietta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ava McCarthy
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Schmerz durchbohrte ihre Brust, und plötzlich war sie wieder ein kleines Kind, das in den Armen ihres Vaters gewiegt werden wollte.
    Ein Motor war ganz in der Nähe zu hören. Er verstummte, eine Tür wurde zugeworfen. Schritte kamen auf sie zu, erst auf Beton, dann auf weicherem Untergrund. Ein Moment der Stille. Dann zerrte jemand am Sack über ihrem Kopf und riss ihn weg.
    Harry blinzelte, ihre Augen brannten von den Benzindämpfen. Sie lag auf einem schmalen Lehmpfad, die Wange gegen die Erde gepresst. Immer noch blinzelnd, sah sie zu dem Blonden auf, der neben ihr stand. Er hatte eine bauchige Flasche in der Hand, die noch zu zwei Dritteln mit Benzin gefüllt war. Zu seinen Füßen stand eine Glasschüssel mit gefalteten Streichholzbriefchen. Und am Boden neben ihrem Gesicht, nur wenige Zentimeter vor ihrer Nase, häuften sich die abgebrannten Streichhölzer.
    Eisig lief es ihr über den Rücken. Sie sog die frische Luft ein, die würzig und seltsam vertraut roch. Sie drehte den Kopf und sah hinter sich. Der Holzzaun stellte sich als hohe, einem gewundenen Pfad folgende Hecke heraus. Etwas regte sich in ihrem Gedächtnis. Dann sah sie auf. Über ihr, auf allen Seiten, standen weitere dichte, hoch aufragende Hecken, höher als Gefängnismauern. Sie war in einem dunklen, grünen Tunnel gefangen. Sie schauderte. Sie wusste, wo sie sich befand.
    Sie war in einem riesigen Labyrinth.

[home]
    52
      
    I ch habe immer gewusst, dass du mich zum Geld führen wirst, Harry.«
    Sie fuhr herum. Dillon stand vor ihr. Er hatte eine Waffe in der Hand. Entgeistert starrte sie ihn an. »Dillon?«
    »Ich wünschte, du hättest mir mehr vertraut«, sagte er mit sanfter Stimme. »Ich habe gewartet, aber du hast dich mir nie anvertraut.«
    Sie versuchte sich aufzurichten. Schmerzen schossen ihr in die Schultern, und sie fiel wieder auf den Boden. Sie fühlte sich benebelt.
    »Wir hätten uns zusammentun können«, fuhr er fort. »Hätten zusammen das Geld finden können.«
    Sie blinzelte ihn an. Nebelschwaden trieben an ihm vorbei. Er war ganz in Schwarz gekleidet, genau wie damals, als sie sich zum ersten Mal gesehen hatten. Seine Lippen verzogen sich zu einem unergründlichen Lächeln.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte Harry.
    »Oh, ich glaube schon.« Locker hielt er die auf ihren Magen gerichtete Waffe in der Hand. Gebannt starrte sie darauf. Sie hatte noch nie eine richtige Waffe gesehen.
    Großer Gott. Dillon. Ihr Schulmädchenschwarm. Ihr Boss. Ihr Liebhaber. Sie schauderte. Dann bemerkte sie die Taschen zu seinen Füßen: die pralle Reisetasche ihres Vaters und den schwarzen Koffer der Rosenstock Bank. Der Kofferdeckel stand offen, purpurrote Geldscheine waren zu sehen.
    Dillon folgte ihrem Blick, trat einen Schritt zurück und ging neben dem Koffer in die Hocke. Mit beiden Händen griff er tief hinein und zog drei dicke Bündel heraus, hielt sie sich vor die Nase und atmete tief ein. Dann stand er auf, warf sie in den Koffer und klappte mit dem Fuß den Deckel zu.
    »Du hättest das Geld einfach überweisen sollen, wie ich es gesagt habe. Dann hättest du uns allen eine Menge Ärger erspart.«
    Vehement trat er gegen die Reisetasche ihres Vaters. Harry zuckte zusammen und schob sich auf der Erde nach hinten. Erneut trat er mit verzerrter Miene gegen die Tasche. Die Leinwand riss an einer Naht auf, ein Teil des Inhalts rutschte heraus: ihr cremefarbenes Seidenkleid, das Pokerset ihres Vaters.
    Der Blonde hob das Seidenkleid auf und hielt es sich an die Nase. Dann holte er wie Dillon zuvor mit dem Fuß aus und trat ihr in den Magen. Sie schrie auf und klappte zusammen. Ihr Magen verkrampfte sich vor Schmerzen. Großer Gott! Sie meinten es ernst. Sie wollten sie wirklich umbringen. Sie zog die Schultern hoch und wartete auf den nächsten Tritt. Dillon verpasste dem Pokerset ihres Vaters einen Tritt, so dass es über den Boden schlitterte. Harry starrte auf den Abdruck, den sein Fuß im Kasten hinterlassen hatte, und ballte die Fäuste. Diese Scheißkerle! Sie würde nicht einfach hier liegen bleiben und darauf warten, dass sie starb.
    Sie schluckte. »Ich dachte, der Prophet sei ein Banker bei JX Warner gewesen. Wo zum Teufel passt du da rein?«
    Der Blonde holte erneut mit dem Fuß aus, aber Dillon scheuchte ihn mit der Waffe zurück.
    »Wo ich reinpasse? Ganz oben«, sagte er. »Ich war zwei Jahre lang bei JX Warner Leiter der IT -Sicherheit. Ich hatte Zugang zu mehr vertraulichen Informationen als jeder

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