Passwort: Henrietta
Therapie gefaselt hat!«
Er seufzte. »Keine Sorge. Ich werde anrufen, mal sehen, was sich noch retten lässt.«
Harry erwiderte nichts. Sie lehnte den Kopf wieder gegen den Sitz und schloss die Augen. Ihr Nacken schmerzte, überall am Körper musste sie blaue Flecken haben, die am Morgen höllisch weh tun würden.
»Du solltest heute Nacht nicht allein sein«, sagte Dillon. »Du stehst noch immer unter Schock.«
Sie hielt die Augen geschlossen. »Es geht schon.«
»Komm mit zu mir. Dann bekommst du einen Brandy, was zu essen und neue Sachen zum Anziehen, genau in dieser Reihenfolge.«
Harry warf ihm einen Blick zu. Sie war noch nie bei ihm zu Hause gewesen, aber laut Imogens Informationen wohnte er in einem geschmackvollen Herrenhaus draußen auf dem Land in Enniskerry. Ihre Informationen besagten auch, dass er ein überzeugter Single sei, weshalb sich Harry fragte, woher die ihr angebotenen Frauenklamotten stammten.
Unter anderen Umständen hätte sie sich von ihrer Neugier überreden lassen, im Moment aber wollte sie nichts anderes, als die Wohnungstür hinter sich zuzuschließen und nachzudenken.
»Danke, aber ich bin heute keine gute Gesellschaft«, sagte sie. »Ich will nur schlafen.«
Sie spürte, wie er ihr Gesicht musterte.
»Du weißt, was er damit gemeint hat, oder?«, sagte er.
»Was?«
»Der Typ auf dem Bahnhof, das Sorohan-Geld.« Kurz sah er zu ihr, bevor er sich wieder dem Verkehr zuwandte. »Es sagt dir doch was, oder?«
Sie schüttelte den Kopf und zwang sich zu einem Schulterzucken. »War nur so ein Irrer.«
Er betrachtete sie einen Moment, bevor er den Blick wieder auf den Verkehr richtete. »Wie du meinst.«
Seiner Miene nach zu schließen hatte er dichtgemacht. Was soll’s. Sie konnte es nicht ändern. Es gab in ihrem Leben ein paar Dinge, mit denen sie sich nicht beschäftigen konnte. Zumindest nicht, solange sie sie nicht besser verstand.
Dillon bog in die Raglan Road ein. Ihre Anspannung ließ nach, als sie durch die vertraute Allee fuhren. Viktorianische Backsteinbauten standen zu beiden Seiten, einige davon waren restauriert und zu eleganten Eigenheimen hergerichtet, die meisten allerdings in Apartmentgebäude umgewandelt worden. Die Miethäuser erkannte man an der abplatzenden Farbe an den Schiebefenstern.
Dillon beäugte sie. »Welches ist deins?«
Harry deutete auf ein Eckhaus mit kanariengelber Tür. Sie hatte sie erst vergangene Woche neu gestrichen. Irgendwann würde sie ihrem Vermieter die Wohnung abkaufen. Sie verdiente gut und hatte so viel zusammengespart, um über ein Darlehen nachdenken zu können.
Abrupt bremste Dillon ab, streifte die Bordsteinkante und kam zum Stehen. Harry hievte sich aus dem Wagen und ging zum Eingang voran.
Das Gebäude bestand aus einem Souterrain und drei Stockwerken. Harry wohnte in einem Apartment im Erdgeschoss, einem ehemaligen eleganten Salon, in dem Butler Tee serviert hatten. Jetzt nahm Harry dort das Frühstück im Bett zu sich, wenn sie Lust darauf hatte.
Sie schlurfte durch den Hausflur, gefolgt von Dillon, der ihr wie ein Stalker vorkam. Als sie ihre Wohnung erreichten, erstarrte Harry. Die Tür stand auf.
Vorsichtig betrat sie die Schwelle und zögerte. Dillon blieb hinter ihr und sah über ihre Schulter.
»O mein Gott«, sagte er.
Ihre Wohnung sah aus, als wäre eine wilde Hundemeute zehn Tage lang darin eingepfercht gewesen. Das Sofa war aufgeschnitten, der schwarze Lederbezug klaffte auseinander und gab den Blick auf gelben Schaumstoff frei. Alle ihre Taschenbücher waren von den Regalen gefegt und lagen haufenweise auf dem Boden.
Harry holte tief Luft. Sie trat ein und schlängelte sich durch den verwüsteten Raum. Es war, als bahnte sie sich einen Weg durch die Leichen von alten Freunden. Der Spiegel über dem offenen Kamin war zu Boden geschleudert worden, das Glas war zersplittert. Ihr einziges Bild, ein witziger Druck mit pokerspielenden Hunden, war aus der Wand gerissen; dort, wo der Nagel gesteckt hatte, war der Verputz aufgeplatzt. Der Druck lehnte am demolierten Sofa, der braune Pappkarton an der Rückseite stand weg. Harry schlang die Arme um sich und starrte auf das Chaos.
Dillon rief ihr von der Küche aus zu. »Sieh dir das mal an.«
Sie schleppte sich zu ihm hinüber, unter ihren Füßen knirschte es. Zucker, wie sich herausstellte, der zusammen mit allem anderen aus ihren Küchenregalen über die Steinfliesen verschüttet worden war.
Harry blieb die Luft weg. Der gesamte Inhalt ihrer Küche war
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