Pastworld
und holte einen schweren Revolver mit Holzgriff heraus. »Eine 1858 Remington.44«, sagte er. »Aus dem amerikanischen Bürgerkrieg. Mit so einer hab ich mal einem zerlumpten Mann in die Kniescheibe geschossen, direkt vor der Nase des Phantoms. Er kennt mich und hat mich bedroht und auch Mr Leighton. Wir haben auch noch einen New Model Armeerevolver aus demselben Jahr und eine Spiller and Burr.36 und eine 1836 Paterson.« Er legte sich den Revolver auf die Handfläche und erklärte Caleb, wie er funktioniert.
»Die Kugeln kommen in diese Kammer hier, in dieses zylindrische Teil, dann hat man sechs Schuss. Immer rundherum, peng, peng.« Er ließ die Kammer herumwirbeln und Caleb hörte, wie der gut geölte Mechanismus klickte. Dann betätigte er den Abzug, der auf die leere Kammer traf und ein dumpfes Klack erzeugte.
»Wozu braucht er die alle?«, fragte Caleb.
»Na ja, zunächst mal, weil sie ihm gefallen; er sammelt sie. Und dann braucht er sie auch sozusagen professionell; er hat noch ein anderes Leben außer dem in diesem Haus mit seinen spirituellen Experimenten. Er raubt Banken aus und so etwas, jetzt allerdings schon eine Weile nicht mehr, wegen des Phantoms. Das Phantom hat gedroht, Mr Leighton aufzuschlitzen, falls er mit seinen Raubzügen weitermacht. Das Problem ist, wir waren einfach zu gut. Ich hätte nichts dagegen, einen davon hin und wieder einzusetzen«, sagte er und spähte in die Trommel des Revolvers.
»Aber du darfst niemals auf jemanden zielen«, sagte er. »Es sei denn, du meinst es ernst. Und es hat Gelegenheiten gegeben, da haben Mr Leighton und ich es wirklich ernst gemeint. Im Vertrauen gesagt, du hättest die Reaktion sehen sollen, als ich damit auf einen der zerlumpten Männer des Phantoms gezielt habe. Ich hab sie ihm mitten ins Gesicht gehalten.« BibleMac lachte.
»Hier«, sagte er, »nimm, versuch’s mal. Na los, sie beißt schon nicht. Vielleicht wirst du dich demnächst daran gewöhnen müssen.«
BibleMac reichte Caleb die Waffe.
Caleb nahm sie. Er verspürte einen Anflug von Selbstvertrauen, von Erregung. Das war genau das, was er brauchte. Eine Waffe, eine Verteidigung gegen die zerlumpten Männer. Der Revolver war schwer und roch nach Öl. Er hielt ihn am hölzernen Griff und hob ihn mit ausgestrecktem Arm hoch. Er zielte auf die Mitte des Fensters und betätigte den Abzug. Es folgte dasselbe scharfe Klacken wie zuvor und die Waffe wackelte ein wenig in seiner Hand.
»Demnächst müssen wir ein echtes Training für dich organisieren«, sagte BibleMac und zog eine Schublade der Vitrine auf. Sie enthielt lose und in Schachteln befindliche Munition und Patronen. »Guck mal, die hier passen in diesen Revolver.« Er hielt ihm eine Handvoll Messing- und Kupferkugeln hin.
BibleMac lud den Revolver mit einer der Kugeln und drehte die Kammer. Es klickte und klackte und dann brachte er sie mit einer Handbewegung zum Stehen. Mit einem festgefrorenen Lächeln auf den Lippen erhob er die Waffe und zielte auf eine Seite seines Kopfes.
»Du darfst niemals auf jemanden zielen«, wiederholte er.
Caleb nickte.
»Und übrigens, Caleb, das hier darfst du auch nie tun.« Langsam drückte er den Abzug.
Caleb zuckte instinktiv zusammen und machte sich darauf gefasst, einen Knall zu hören und BibleMacs Kopf in einer Wolke aus Blut explodieren zu sehen.
Stattdessen war wieder nur das dumpfe Klacken zu hören.
»Tut mir leid, Caleb, war nur ein Trick«, sagte BibleMac und zeigte ihm seine andere Hand, in der mattglänzend die Kugel lag.
»Normalerweise benutzen wir Pistolenhalfter mit zwei Knarren.« Er tat so, als würde er mit überkreuzten Armen zwei Waffen aus der Hüfte ziehen, und ahmte das Geräusch eines Schusses nach. »Vielleicht musst du eines Tages schnell nachladen können, falls einer von uns in der Klemme steckt und sich in einem Kampf befindet. Vielleicht lässt Mr Leighton dich trainieren, ehe du dich’s versiehst. Es hat alles was mit dem Phantom zu tun, verstehst du? Das Phantom ist Mr Leightons ärgster Feind, sein schlimmster Albtraum und meiner auch. Mr William würde alles tun, um das Phantom loszuwerden. Deshalb ist es am besten, wenn du hier bleibst. Du hilfst uns, wir helfen dir. Das Phantom regiert die zerlumpten Männer. Und die zerlumpten Männer haben deinen Dad mitgenommen. Ich nehme daher an, die beste Methode, deinen Dad zu finden, ist, bei uns zu bleiben und sie im Auge zu behalten.« Er schloss die Waffe wieder in den Schrank und löschte die Lampe.
Mr
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