Patterson James
»Bereit?«
»Aye, aye, Captain«, sagte Iggy und salutierte.
Ich wünschte, er könnte sehen, wie ich die Augen verdrehte.
Wir marschierten die Stufen hinauf und schoben uns durch die
Drehtür. Holz und Messing schmückten die Eingangshalle; der
große Raum war mit vielen tropischen Pflanzen gefüllt. Der
Boden bestand aus polierten grauen Granitfliesen.
»Hier«, sagte Fang leise und deutete auf eine große Tafel.
Darauf standen sämtliche Büros und Firmen im Gebäude, mit
den betreffenden Etagen und Zimmernummern.
Es gab aber kein Institut für Höheres Leben. Es gab überhaupt
kein Institut.
Das wäre ja auch zu leicht gewesen, oder?
Ich rieb mir die Stirn und hielt die bitteren Worte der
Enttäuschung zurück. Im Inneren hätte ich am liebsten gebrüllt
und geheult und wäre herumgetrampelt. Danach eine heiße
Dusche und eine Runde weiterheulen.
Stattdessen atmete ich tief durch und versuchte klar zu denken.
Ich sah mich um. Nirgends eine weitere Liste von Büros.
An der Rezeption saß eine Frau vor einem Laptop. Ein
Sicherheitsmann saß hinter einem anderen Tisch auf der anderen
Seite der Eingangshalle.
»Verzeihung«, sagte ich höflich. »Gibt es in diesem Gebäude
noch andere Firmen außer denen, die auf der Tafel stehen?«
»Nein.« Die Empfangsdame musterte uns, dann tippte sie
weiter etwas, das ungemein wichtig sein musste – vielleicht ihre
Bewerbung für einen neuen Job. Wir hatten uns gerade
umgedreht, als die Dame einen erstaunten Laut ausstieß. Ich
schaute zurück und sah, dass der Monitor ihres Computers leer
war. Mir tat die Magengrube weh.
Unter jedem Regenbogen ist ein Topf mit Gold, stand in
großen roten Buchstaben plötzlich auf ihrem Bildschirm.
Ein Topf Gold unter jedem Regenbogen … okay, arbeiteten
hier Wichtel? Würde Judy Garland gleich anfangen zu singen?
Warum konnte ich keine klare Antwort bekommen? Weil es ein
Puzzle war, ein Test. Ich knirschte buchstäblich mit den Zähnen.
Unter jedem … hmm …
»Hat dieses Gebäude einen Keller?«, fragte ich.
Die Empfangsdame musterte uns noch mal, diesmal genauer.
»Wer seid ihr?«, fragte sie. »Was wollt ihr hier?« Sie hob das
Kinn und fing den Blick des Sicherheitsmannes auf. Waren die
beiden Eraser? Sie konnten durchaus Eraser sein. Dieses ganze
Gebäude konnte voll von diesen widerlichen Wolfsmenschen
sein.
»Schon gut«, meinte ich und schob die anderen in Richtung
Drehtür. Der Sicherheitsmann war bereits dicht hinter uns.
Kaum waren wir hindurch, steckte ich einen Kugelschreiber in
die Tür.
Der Wachmann war drinnen gefangen und warf sich mit
seinem ganzen Gewicht gegen das Glas. Auf der Straße rannten
wir weg.
M
eine Lunge brannte. Kennst du das Gefühl? Nach etwa
sechs Blocks wurden wir langsamer und gingen weiter.
Niemand schien uns zu folgen, kein Bulle war aufgetaucht, kein
Zeichen von Erasern. Mein Kopf pochte und tat furchtbar weh.
Ich hatte das Gefühl, dass ich unbedingt eine Ruhepause vom
Leben brauchte.
Ohne Warnung schlug der Gasman auf einen Briefkasten ein.
»Das ist superscheiße!«, schrie er. »Nichts klappt! Überall jagt
man uns weg! Max’ Kopf ist kaputt! Angel hat Celestine
verloren. Wir haben alle Hunger – ich hasse das! Ich hasse
alles!«
Völlig verblüfft machte ich meinen offenen Mund zu und ging
zu ihm. Als ich ihm die Hand auf die Schulter legte, schüttelte er
sie ab. Die anderen drängten sich um uns – es war völlig
ungewohnt, dass der Gasman so die Nerven verlor. Er war
immer mein tapferer kleiner Soldat gewesen.
Der Schwarm blickte mich an und wartete darauf, dass ich
dem Gasman sagte, er solle sich zusammenreißen.
Ich schlang die Arme um Gasi, legte meinen Kopf gegen
seinen und hielt ihn einfach fest. Dann strich ich ihm übers feine
Haar. Ich spürte, wie sein schmaler Rücken zitterte.
»Sorry, Gasi«, murmelte ich. »Du hast Recht! Alles ist echt
superscheiße. Ich weiß, dass es manchmal schwierig ist. Was
würde dir helfen, dass du dich besser fühlst?« Ich schwöre, hätte
er gesagt: »Ein Zimmer im Ritz«, ich hätte es ihm besorgt.
Er schniefte und richtete sich auf. Dann wischte er sich mit
dem schmuddligen Ärmel das Gesicht ab. Ich beschloss, uns
bald neue Klamotten zu kaufen. Schließlich war ich Miss
Kreditkarte.
»Wirklich besser?«, fragte er und klang sehr jung und sehr
klein.
»Ja.«
»Also, ich will – ich will mich eigentlich nur irgendwohin
setzen und ganz viel essen. Nicht bloß aus der Hand beim
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