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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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fünfte Verlag nimmt es begeistert an. Unwahrscheinlich? In der Tat. Aber das Leben war unberechenbar. Das Buch der unbekannten Autorin, noch nicht mal blond, dafür schon etwas älter, fand nicht nur einen Verlag, es verkaufte sich auch noch. Und nun wurde es verfilmt. Rache konnte so süß sein.
    Einem Mann vorne in der ersten Reihe war das Kinn auf die Brust gesunken. Waren die Liebesszenen zwischen Sascha, Angel und Charles wirklich nichts für Männer? Kaum zu glauben. Die meisten Männer fanden die Vorstellung sicher unwiderstehlich, von zwei Frauen geliebt zu werden. Charles hatte es hemmungslos genossen, jedenfalls zu Anfang. Und dann … Er hatte dabei geholfen, den Zauber zu zerstören. Das hatte sie ihm nie verziehen.
    Sie horchte ihrer Stimme hinterher, versuchte vorwegzunehmen, was ihr Publikum empfand. Schon die geringsten Zeichen gaben Auskunft, ob es ihr noch folgte, Kleiderrascheln, Atmen, kleine Laute der Ungeduld. Sie hatte gelernt, auf atmosphärische Schwankungen zu reagieren, mal beschleunigte sie das Tempo, mal wechselte sie von einer stillen Passage über zu Szenen, in denen mehr passierte.
    Sie hatte sich mittlerweile in Trance gelesen. Es war seltsam, aber ihre eigene Stimme zog sie immer tiefer in die Geschichte hinein, es war wie Hypnose: Sie war dabei, sie lebte in ihrem Buch. Sie war Angel auf der Suche nach Sascha. Erst die Liebesszene. Dann, als Kontrast, die Drogenrazzia in der Frankfurter Wohnung. Dann die Idylle oder das, was sie damals dafür gehalten hatten, nach der Flucht aus der Stadt ins Dorf, in die Abgeschiedenheit. Und dann die Jagdszenen.
    Sie merkte an der Stille um sie herum, daß ihre Zuhörer bei ihr waren, mit ihr gingen, bis zu jener Nacht, in der die drei aus dem Paradies vertrieben wurden. Sie spürte das überwältigende Gefühl völliger Übereinstimmung. Sie hatte es geschafft. Sie hatte sie erobert.
    Sophie machte eine Pause und trank einen Schluck Wasser. Übereinstimmung. Sie hätte nie geglaubt, daß so etwas möglich war. Erst hatte sie unter keinen Umständen öffentlich lesen wollen – und sich, als sie sich endlich dazu durchgerungen hatte, vor jeder Lesung gefürchtet. »Du mußt lesen.« Regine. »Der Kontakt mit dem Publikum ist unverzichtbar. Die Leser wollen wissen, wer hinter dem Buch steckt, das sie verzaubert hat.«
    Niemand! hatte sie damals gedacht. Niemand steckt hinter dem Buch. Ich habe eine Geschichte aufgeschrieben, das ist alles.
    »Hör auf, dich zu sträuben. Du wirst es genießen.«
    Eine Geschichte, sonst nichts. Aber bei jeder Lesung stand jemand auf und fragte. Immer ein bißchen zögernd, immer mit großen Augen, in denen man eine ungebändigte, ungesättigte Neugier las: »Frau Winter, diese Geschichte … Sie schreiben so lebendig, man glaubt dabeizusein … Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten … Aber haben Sie etwas davon selbst erlebt?«
    Zuerst hatte sie das weit von sich gewiesen. Dann hatte sie geheimnisvoll geguckt und keine Antwort gegeben. Später hatte sie den Kopf gewiegt und »Ein bißchen Wirklichkeit steckt in jeder guten Geschichte« gemurmelt. Damals wußte sie bereits, daß sie zurückkehren und ihre Rache auskosten würde. Das war nach der zwanzigsten oder dreißigsten Lesung gewesen, in einem Literaturhaus, die meisten Buchhandlungen waren mittlerweile zu klein für ihr Publikum geworden.
    Kein Vergleich mit dem ersten Mal. Die erste Lesung war schrecklich gewesen. Ein unfreundlicher Raum in einer Stadtbibliothek. Die Leiterin stotterte bei der Vorstellung, nannte sie erst »Frau Sommer« und verstummte dann hilflos. Es fehlte das Glas Wasser auf dem Tisch, und es gab keine Mikrofonanlage. Als die ersten Leute »Lauter!« schrien, wäre Sophie am liebsten aufgestanden und gegangen. Aber dann stellte sie sich hin vor die zwanzig, dreißig Zuhörer und versuchte grimmig, so laut wie möglich zu sprechen. Es wurde still. Die Stimmung verschob sich unmerklich. Sie hörten zu. Und zum Schluß gab es Applaus. Die zwanzig Exemplare ihres Buchs, die auf einem Tischchen auslagen – »falls jemand das Buch von Frau Winter käuflich erwerben möchte«, hatte die Bibliotheksleiterin steif gesagt – waren innerhalb von einer Viertelstunde ausverkauft. Da spürte sie zum ersten Mal, daß etwas in Bewegung geriet. Ein paar Wochen und zwei Lesungen später rief Regine an. Der Verlag druckte eine zweite Auflage. So fing alles an. Und nun …
    Sophie las weiter. Aber etwas störte. Ein Geräusch. Es paßte nicht zu der

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