Pech und Schwefel (German Edition)
Ronor und Nomarac nach vorne. Er ließ sie nicht aus den Augen, was sie noch nervöser werden ließ als sie es ohnehin waren. Clay lehnte sich voller Genugtuung gegen die Häuserecke, die Arme vor der Brust verschränkt und grinste sie immer wieder an, wenn sie sich mit einem Blick über die Schulter vergewisserten, ob er noch da war.
Sie zwängten sich mitten in die Menge hinein und endlich waren sie unbeobachtet. Genau das war auch Nomaracs Absicht gewesen.
»Verrätst du mir jetzt, was du vor hast?«, wollte Ronor wissen.
In wenigen Sätzen erklärte er ihm seine Idee, die er mit einem selbstzufriedenen Lächeln beendete.
»Aber da wird Clay sehr wütend werden. Und vielleicht die Wachen auch.« Ronor freute sich zwar über ihre Vorhaben, aber er hatte auch Angst. Furcht davor, dass etwas schief laufen konnte. Er musste dabei immer wieder an ihre Abenteuer auf dem Markt denken.
»Wir sagen nur die Wahrheit, da kann uns nichts passieren«, beruhigte ihn Nomarac. »Lass uns gleich gehen, bevor Clay nach uns sucht.«
Mit rasendem Herzen und zittrigen Händen drängten sich die Zwillinge durch die Menge, bis sie ganz vorne bei den Soldaten standen, welche die wartenden Raukarii in Schach hielten, damit niemand einfach auf die Straße rannte.
Kaum waren sie in Position, wurde die Menge auch schon ganz unruhig. Die ersten Jubelrufe drangen an ihre Ohren, und dann sahen sie auch schon bewaffnete Soldaten mit Schwertern in den Händen, die die Straße entlang marschierten. Hinter ihnen kam ein Raukarii auf einem schwarzen Hengst ins Blickfeld. Er trug eine blutrote Samtrobe, darunter lugten schwarze Lederstiefel und eine Lederhose hervor. Seine langen Haare fielen ihm weit über die Schultern. Eine Lederscheide samt Schwert trug er um die Hüfte. Er saß stolz in seinem Sattel und wirkte wie ein König. Den Brüdern wurde es plötzlich ganz schwer ums Herz, denn der Raukarii ähnelte ihrem Vater so sehr, dass sie am liebsten sofort losgerannt wären. Doch sie hielten sich zurück und beobachteten, wie ein weiterer selbstbewusst wirkender Raukarii ihm auf einem braunen Pferd folgte. Er schien im selben Alter wie der Mann vor ihm zu sein. Sein rotes Haar hatte er mit einem Stück Leder streng zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er trug eine dunkle Lederhose und ein weißes Hemd. Auch er hatte seinen Waffengürtel umgeschnallt. Darin steckte ein Schwert, dessen Griff mit Edelsteinen verziert war. Er schaute mit skeptischen Blicken in die Menge. Hinter ihm marschierten weitere bewaffnete Soldaten.
»Gerechtigkeit!«, rief plötzlich eine Frau neben Ronor, und andere fielen in diesen Ruf mit ein.
Sofort schwoll der Lärm an, als der Hohepriester und sein Gefolge auf dem Tempelvorplatz zum Stehen kamen. Die Raukarii klatschten ihm Beifall.
»Komm mit «, forderte Nomarac seinen Bruder auf und zog ihm am Ärmel.
Wie von einer Tarantel gestochen stürmten sie auf den Hohepriester zu, der soeben vom Pferd stieg. Sie waren so flink, dass die Soldaten zu spät reagierten und die Zwillinge ihr Ziel erreichten, bevor sie jemand daran hindern konnte. Mit großen Augen taxierten sie den Hohepriester Ratlyr Anthyr. Auf seiner Brust prangte das goldene, heilige Symbol des Feuergottes Zevenaar – ein gehörnter Drache –, genau wie bei ihrem Vater.
Er sah die Zwillinge an, sein Gesicht war eine überraschte Maske. Seine Augen leuchteten freundlich, aber ebenso streng. Im Licht der Sonne glitzerte sein heiliges Symbol und ließ ihn fast wie ein Gott wirken.
Ronor öffnete staunend den Mund. Für einen Sekundenbruchteil hätte er beinahe Vater zu ihm gesagt.
Nomarac stand neben ihm und kämpfte gegen Tränen an. Sein Herz hämmerte wild in der Brust und er musste sich stark zurückhalten, dem Hohepriester nicht um den Hals zu fallen. Sein Atem ging schneller.
Der Schreck auf allen Seiten verflog jedoch sehr schnell. Von einem Moment zum nächsten brach das Chaos aus. Der Raukarii mit dem edelsteinbesetzten Schwertknauf sprang vom Pferd und zog die Waffe, mehrere Soldaten folgten seinem Beispiel und umstellten den Hohepriester und die Kinder, bereit auf ein Wort von ihm oder seinem Begleiter zu handeln.
Eingeschüchtert klammerten sich Ronor und Nomarac aneinander und starrten die Männer ängstlich an. Mit dieser Reaktion hatten sie nicht gerechnet. Und dann kamen zwei Soldaten des Hohepriesters, rissen die Brüder auseinander und ließen sie nicht mehr los. Sie versuchten um sich zu schlagen, begannen zu schreien, und
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