Peinlich peinlich Prinzessin
bisschen streng mit dir. Du bist erst sechzehn. Es gibt sehr wenige Sechzehnjährige …«
»JUDITH GERSHNER HAT MIT SECHZEHN SCHON IHRE ERSTEN FRUCHTFLIEGEN GEKLONT!«, brüllte ich.
Und dann schämte ich mich. Weil ich so gebrüllt hatte. Aber ich konnte einfach nicht anders.
»Und schauen Sie sich Lilly an«, sagte ich etwas leiser. »Die ist auch erst sechzehn und hat schon ihre eigene Fernsehsendung. Okay, sie läuft zwar bloß im offenen Kanal, aber immerhin gibt es Produzenten, die sich dafür interessieren und sie bei einem Sender unterbringen wollen. Und sie hat Tausende von treuen Zuschauern. Und sie macht die Sendung ganz alleine. Na ja, okay, ich, Shameeka und Ling Su und Tina helfen ihr manchmal. Aber nur mit der Kamera. Dass ich erst sechzehn bin, heißt also gar nichts. Es gibt viele Sechzehnjährige, die mehr erreicht haben als ich. Ich hab es noch nicht mal geschafft, eine Kurzgeschichte in einer blöden Mädchenzeitschrift unterzubringen.«
»Na gut. Mal angenommen, du hast recht«, sagte Dr. G.
Stöhrt. »Ich frage mich nur eins: Wenn du wirklich das Gefühl hat, seiner nicht würdig zu sein - wieso tust du dann nichts dagegen?«
Ohne Witz. Das hat er wortwörtlich so gesagt. Er hat nicht gesagt: »Meine Güte, Mia, wie kannst du nur sagen, dass du seiner nicht würdig bist? Natürlich bist du seiner würdig! Du bist ein wunderbarer Mensch, du bist so voller Leben und du hast so viel zu geben.«
Das wäre mehr oder weniger das, was jeder andere zu mir gesagt hat, mit dem ich jemals über dieses Thema gesprochen hab.
Aber er? Im Grunde genommen hat er gesagt: Ja, du hast recht. Du bist eine ziemliche Versagerin. Und was willst du jetzt dagegen tun?
Ich war so geschockt, dass ich aufhörte zu weinen und nur noch dasaß und ihn mit offenem Mund anstarrte.
»Aber müssten Sie … müssten Sie nicht sagen, dass ich toll bin, so wie ich bin?«, fragte ich ihn entgeistert.
Er zuckte mit den Achseln. »Was würde das bringen? Du würdest es mir ja sowieso nicht glauben.«
»Ja, okay, aber müssten Sie mich nicht wenigstens darauf hinweisen, dass ich mich mir selbst zuliebe weiterentwickeln soll. Und nicht wegen einem Jungen ?«
»Ich gehe davon aus, dass dir das sowieso klar ist.«
»Na ja«, sagte ich. Ich war immer noch damit beschäftigt, den Schock zu verdauen. »Sie haben recht. Ich müsste etwas tun, um mir und den anderen zu beweisen, dass ich mehr bin als nur eine Prinzessin. Nur … wie? Wie soll ich es beweisen?«
Dr. G. Stöhrt zuckte mit den Achseln. »Woher soll ich das wissen? Ich muss mir erst noch die Filme über dein Leben anschauen, um dich kennenzulernen. Du sagst ja, dass ich danach alles über dich weiß. Aber eins kann ich dir jetzt schon sagen: Du wirst es bestimmt nicht herausfinden, indem du
den ganzen Tag im Bett liegst und nicht zur Schule gehst … und auch nicht indem du weiter auf Leute sauer bist, bloß weil sie irgendwann einmal unangenehme Sachen zu dir gesagt haben.«
Unangenehm? Der soll sich mal ichhassemiathermopolis. com anschauen. Nicht dass ich ihm den Link geben würde. Oder behaupte, dass Lana dahintersteckt.
Aber trotzdem. Er weiß gar nicht, was unangenehm in diesem Fall bedeutet.
So, und jetzt zu meinen Hausaufgaben:
1. Mit Lana shoppen gehen
2. Herausfinden, warum ich auf diesem Planeten lebe (abgesehen davon, dass ich Prinzessin bin)
3. Nächsten Freitag nach der Schule wieder zu Dr. G. Stöhrt gehen
Letzteres schaffe ich, glaube ich. Aber Punkt eins und zwei? Die werden wahrscheinlich mein Tod sein.
Freitag, 17. September, 19 Uhr, zu Hause
Posteingang: 0
Nicht dass ich wirklich erwartet hätte, etwas von Michael oder von Lilly zu hören. Vor allem nicht nachdem ich Michaels Mail gelöscht hab, ohne darauf zu antworten, und nachdem Lilly mich in T&B heute so ignoriert hat.
Aber irgendwie hatte ich es schon gehofft … Doch. Das ist die längste Zeit, die sie nicht mit mir gesprochen hat. Jemals.
Ich kann echt nicht glauben, dass es zwischen uns vorbei sein soll.
Und alles wegen einem Jungen.
Tina hat mir gerade eine Instant Message geschickt. Gut, dass ich wenigstens noch Tina hab.
Iluvromance:
Mia! Wie geht’s dir heute? Wir haben in der Schule gar nicht richtig reden können. Geht es dir schon ein bisschen besser?
FtLouie:
Ja, danke!
Auch egal. Ich lüge ja sowieso die ganze Zeit.
Iluvromance:
Da bin ich aber froh! Du hast heute in der Schule so traurig ausgesehen.
FtLouie:
Ja. Na ja, das ist wahrscheinlich auch nicht anders
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