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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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dem Scheich?«
    »Jussuf ist kein Dshigit, sondern ein räudiger Hund. Ich wollte ihm schon lange mal eine Lehre erteilen. Moslems plündern keine Gräber und stehlen den Toten nicht die Kleider. Setz dich, wir werden Verbündete.«
    Der Tscherkesse machte eine einladende Geste, Magellan legte seinen Sombrero auf die Bank und setzte sich.
    »Wir müssen sofort aufbrechen«, forderte er. »Rahel darf nicht nackt dort in dem aufgewühlten Grab liegen.«
    Der Beg nickte.
    »Wir reiten sofort los. Wir umzingeln das Araberdorf . . .«
    »Nein«, unterbrach ihn der Jude. »Wir lassen einen Durchgang.«
    Daniel-Begs Augen funkelten rauflustig.
    »Ja, genau! Wir lassen einen Durchgang zur Furt! Wir legen ihnen einen Hinterhalt!«
    Die beiden Männer beugten sich über den Tisch, malten mit den Fingern irgendwelche Striche und Krakel darauf und redeten beide gleichzeitig aufeinander ein. Man konnte förmlich dabei zuschauen, wie sich die antiarabische Liga formierte.
    Polina Andrejewna gefiel das alles ganz und gar nicht, auch wenn sie nicht verstand, was das Gerede von geplünderten Gräbern und gestohlener Kleidung bedeuten sollte . . .
    »Warten Sie!«, rief die Nonne. »Hören Sie mich an! Ich weiß nicht, wer dieser Scheich Jussuf ist, aber wenn er ein Scheich ist, dann ist er doch bestimmt kein armer Mann, oder?«
    »Er besitzt fünfhundert Hammel«, antwortete Daniel-Beg gewichtig. »Seine Fellachen sind arme Hunde, aber Jussuf selber ist natürlich reich.«
    »Aber wenn er reich ist, warum soll er dann einer toten Frau die Kleider stehlen? Das können doch nur irgendwelche Halunken gewesen sein, und der Scheich wird sie bestimmt selber bestrafen, wenn er davon erfährt. Lassen Sie das mit dem Dorfumzingeln und Furtfreilassen! Sonst sagen die Leute später mal: Drei Dummköpfe konnten sich nicht einigen, und . . .«
    »Frau!«, brüllte der Beg auf. »Du hast mich jetzt zum zweiten Mal Dummkopf genannt!«
    »Sie hat Recht«, mischte sich Magellan ein. »Es gibt in diesem Land mehr Araber als Juden und Tscherkessen zusammen. Das bedeutet Krieg. Wir sollten besser mit dem Scheich verhandeln. Das ist vernünftiger.«
    »Du bist nicht nur mutig, Magellan-Beg, sondern auch weise«, sprach der Tscherkesse und legte sich die Hand auf die Brust.
    Und die beiden Männer verbeugten sich ehrerbietig voreinander. Die Frau hatten sie schon wieder vergessen.
    Frauengespräche
    Dann begaben sich alle zusammen auf den Feldzug gegen Jussuf-Beg: vorneweg die Tscherkessen auf ihren Pferden, die Juden hinterher. Um Eindruck auf ihre Verbündeten zu machen, bildeten die Kommunarden eine Kolonne, legten die Gewehre über die Schultern und gaben sich Mühe, im Gleichschritt zu marschieren.
    Staubumwallt zog das vereinigte Heer die Straße hinab ins Tal. Die tscherkessischen Frauen schauten ihnen nach. Sie riefen nicht, sie winkten nicht – offenbar war das nicht so üblich.
    Der Beg hatte zu Polina Andrejewna gesagt, sie sei frei und könne gehen, wohin der Wind sie trüge, aber dorthin wollte sie gar nicht mehr. Sie hatte einen günstigen Moment abgepasst und mit Magellan unter vier Augen gesprochen. Sie klagte, nach dem, was sie gerade erlebt habe, fürchte sie sich, ohne Schutz weiterzureisen, und bat, in der Kommune übernachten zu dürfen.
    Er gab großmütig seine Erlaubnis und sagte wieder: »Wo habe ich Sie bloß gesehen? Ich bin sicher, es war in Russland, aber wo genau?«
    Pelagia hielt es für ratsam zu schweigen, und er selber hatte jetzt nicht die Zeit, in seinem Gedächtnis herumzukramen.
    Bis zum Mittag blieb sie noch in dem Aul und wartete, dass das Eigentum der Kommunarden aus der Stadt El-Ledjun ankam. Das Mädchen mit Namen Malke, mit dem die Nonne damals auf dem Dampfer einige Worte gewechselt hatte, nahm die Beute in Empfang.
    Eine Frau ist eine Frau – Malke erkannte Pelagia sofort, trotz ihrer weltlichen Kleidung und der Sommersprossen. Sie erkannte sie und freute sich, als hätte sie eine alte Freundin wiedergetroffen. Das Erscheinen der Nonne in der Jesreelebe-ne erweckte bei dem lebenslustigen Dickerchen nicht den geringsten Verdacht.
    Sie duzte Polina Andrejewna ohne Umschweife und begann, ihr eine Menge Einzelheiten über sich und die Kommune und was sie sonst so über die Welt dachte, mitzuteilen. Ab und zu fragte sie auch mal was, aber meistens antwortete sie sich gleich selber.
    Zum Beispiel fragte sie:
    »Wie kommst du eigentlich hierher? Ach ja, du warst ja mit uns auf dem Dampfer. Du bist als Pilgerin

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