Pern 02 - Die Suche der Drachen
schüttelte den Kopf über Jaxoms Unwissenheit.
»Sie kommen erst später. He! Hast du das Ei schaukeln gesehen?«
Auch den Drachen war die Bewegung nicht entgangen. Sie lauerten auf den Felsvorsprüngen rings um die Brutstätte. Nun begannen sie leise zu summen. Ein paar Nachzügler drängten sich auf ihre Plätze.
Und dann erfüllte ein mächtiges Rauschen den Weyrkessel.
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Die Bronzedrachen brachten die Kandidaten herbei.
Gleichzeitig begannen die Eier auf dem heißen Sand wie wild zu schaukeln. Alle – bis auf eines. Das winzige Ei, das Jaxom damals berührt hatte, lag immer noch abseits. Es regte sich nicht.
»Meinst du …«, begann Jaxom beklommen, ohne den Freund anzusehen.
»Ich habe dir ja gesagt, daß du es nicht anrühren sollst«, stellte Felessan fest.
»Aber vom Berühren allein kann es doch keinen Schaden davontragen?«
Die Stimme des jungen Barons klang unsicher.
»Hm, eigentlich nicht. Die Kandidaten haben die anderen Eier auch angerührt.«
»Warum bewegt sich dann nur dieses hier nicht?«
Jaxom konnte sich kaum verständlich machen, denn das Summen der Drachen erfüllte die ganze Brutstätte.
»Weiß ich nicht.«
Felessan zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Vielleicht lebt das Drachenjunge im Innern gar nicht mehr. Das sagen die Großen jedenfalls.«
»Aber ich habe nichts getan«, beharrte Jaxom.
»Sieh doch, da kommen die Kandidaten!« rief Felessan aufgeregt. Er beugte sich vor und flüsterte Jaxom etwas ins Ohr. Er mußte es dreimal wiederholen, bevor der junge Baron verstand.
»Brekke wird noch einmal gegenübergestellt?«
Jaxom sagte es lauter als beabsichtigt. Er warf Lytol einen furchtsamen Blick zu.
»Psst!« zischte der Freund.
»Du weißt aber auch gar nichts. Sie haben entdeckt, daß man mehr als eine Feuerechse für sich gewinnen kann. Und weil die Echsen doch mit den Drachen verwandt sind, wollen sie den Versuch wagen. Sie meinen, daß es Brekke vielleicht 238
gesund macht.«
Felessan senkte die Stimme noch mehr.
»Weißt du, sie und F’nor lieben sich. Und ich habe gehört, daß F’nors Canth ihre neue Königin fliegen wird!«
Jaxom starrte den Freund entsetzt an. »Du bist verrückt!
Braune können keine Königinnen fliegen!«
»Wenn es F’nor aber versuchen will!«
»Aber – aber …«
»Du kannst es mir ruhig glauben«, versicherte Felessan.
»Ich habe gelauscht, als F’lar und F’nor darüber sprachen.
Und Lessa sagte, daß Brekke zu schade sei, dahinzuvegetie-ren.«
»Und du glaubst, daß sie es schafft?«
Felessan zuckte mit den Schultern.
»Das werden wir bald sehen. Da kommen sie!«
Jaxom reckte den Hals, als die Bronzedrache n die Kandidaten absetzten.
»Da ist Talina!« rief er und sprang auf.
»Lytol, da ist Talina!«
Er packte seinen Vormund am Arm. Lytol achtete nicht darauf. Er hatte nur Augen für das Mädchen, das jetzt die Brutstätte betrat. Zwei Gestalten, ein Mann und eine Frau, blieben dicht am Eingang stehen, als könnten sie ihr dadurch Unterstützung geben.
»Brekke!« flüsterte Felessan.
Sie schien den heißen Sand unter ihren Sohlen kaum zu bemerken. Langsam, geistesabwesend, ging sie auf die fünf Mädchen zu, die in der Nähe des goldenen Eies warteten. Sie stellte sich neben Talina, die ein Stück zur Seite gerückt war.
Das Summen der Drachen hörte abrupt auf. In der Stille hörte man ein Knistern und Knacken.
Die jungen Drachen schoben sich feucht und ungeschickt aus den Schalen. Die keilförmigen Köpfe wirkten viel zu groß für die dünnen, biegsamen Nacken. Starr vor Aufregung 239
standen die Kandidaten im Halbkreis. Jaxom sah, wie Lytol die Augen schloß.
»Da!« rief Felessan.
»Das Königinnenei! Es schaukelt.«
Die Zuschauer beugten sich angespannt vor. Alles hielt den Atem an.
Ein Riß klaffte mit einemmal in der goldenen Schale, verbreiterte sich. Ein kräftiger kleiner Schnabel hackte sich den Weg ins Freie. Talina und zwei andere traten vor, doch dann blieben sie unschlüssig stehen. Sie wollten Brekke eine Chance geben.
Brekke merkte nicht, was um sie vorging. Jaxom hatte den Eindruck, daß es ihr gleichgültig war. Sie wirkte kraftlos, gebrochen. Erst als ein Drache auf dem Felsensims leise zu summen begann, schien sie ihre Umgebung wahrzunehmen.
Die kleine Königin wandte Brekke den Kopf zu, starrte sie mit riesigen glitzernden Augen an. Die Schale zerbrach. Das Tierchen stolperte auf Brekke zu.
In diesem Augenblick schwirrte eine Feuerechse über die Brutstätte. Die
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