Pesthauch - Band 1 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
kurz. Das Buch, das er hervorzog, war dünn und über Warften, also künstliche Erdhügel, auf die man Häuser und Kirchen baute. Es war in einem sehr eigentümlichen Dialekt geschrieben, irgendwo zwischen niederdeutsch und friesisch, aber der Navigator konnte es, wenn nicht flüssig lesen, so doch entziffern.
Da stand es! Er wusste doch, dass er einmal irgendwo irgendwas über die Wasserburg gelesen hatte! Damals, nach den Opfern auf der Wasserburg, hatte er darüber schon einmal nachgeforscht, war dann aber von anderen Dingen davon abgebracht worden. Die Wasserburg wurde in einem See errichtet, den man Jahre vorher für eine Wassermühle aufgestaut hatte. Die Baumeister hatten einen Stichkanal genutzt, um den See für die Bautätigkeit einfach abzulassen. Als die Burg fertig war, schütteten sie den Kanal wieder zu und der See staute sich von allein wieder um die Festung herum auf und machte sie so fast uneinnehmbar. Der Bach, mit dessen Wasser der See angestaut wurde, sorgte dafür, dass immer neues Wasser nachgeführt wurde und der Pegel gleich blieb.
Den Abfluss des überschüssigen Wassers regelten die Baumeister mit einem unterirdischen Kanal. Der Stichkanal wurde nicht völlig zugeschüttet, sondern mit einem Deckel zu einem Tunnel umgewandelt, den man dann von oben mit Erde bedeckte und mit Büschen bepflanzte, so dass er nicht mehr auffindbar war. Der Kanal mündete irgendwo unauffällig in den nächsten Fluss.
Der Navigator war sich nicht sicher, ob diese Information ihm helfen konnte, in die Burg einzudringen, aber wer weiß! Dann nahm er sich die anderen Bücher vor, eines über Alchemie und das andere über die holländische Sprache. Da gab es noch einiges aufzufrischen. Er hatte das letzte Mal vor einhundertzwanzig Jahren Holländisch gesprochen, da mochte sich in der Zwischenzeit durchaus etwas getan haben …
Courtyard war ein angenommener Name. Seine wahre Herkunft kannte niemand und es kursierten die wildesten Gerüchte, besonders, wenn der General für Monate außer Landes war.
Der General war eine eher breite als hohe Erscheinung. Die Schultern, ohnehin schon sehr breit, wurden durch die Epauletten noch betont. Der Pragmatiker trug keine Perücke, um sein zurückweichendes Haupthaar zu kaschieren. Die Geheimratsecken gaben ihm zusätzlich noch Charisma, welches er geschickt zu nutzen wusste. Unter buschigen Brauen musterten zwei tiefbraune Augen die Gestalt, die ihm vor ein paar Stunden eine äußerst beunruhigende Botschaft überbracht hatte.
Der Mann hatte einiges mitgemacht in seinem Leben. Er wirkte nicht wirklich vertrauenswürdig. Ein verschlagener Schatten schien hinter ihm zu lauern. Aber Stanken hatte dem Mann offensichtlich vertraut und so beschloss General Courtyard, dies auch zu tun.
„Ihr wisst um den Inhalt der Depesche, nehme ich an?“, wandte er sich direkt an den in der Tür stehenden Wimmer und verzichtete auf formelle Floskeln. Wimmer, den Hut in der Hand und von des Generals Küche satt gefüttert, nickte.
„War dabei, als sie die Leichen aufgeschnibbelt haben, Herr General. Grausige Sache, das …“
Courtyard setzte sich hinter seinen gewaltigen Eichenschreibtisch, der von barockem Schnitzwerk schier erdrückt zu werden schien, und deutete auf einen Stuhl, der gegenüber stand. Gehorsam setzte sich Wimmer.
„Es sind also Vampire im Land“, stellte der Engländer noch einmal fest. „Verdammtes Blutsaugergesindel! Aber früher oder später mussten sie ja auch hier auftauchen. Ihr, äh, Pardon, Euren Namen noch einmal …?“
Wimmer räusperte sich. Er hatte einen trockenen Mund. In Gegenwart dieses Kriegsherrn fühlte er sich einigermaßen unwohl.
„Wimmer, mein Name, Jeremias Wimmer …“
Nun, Herr Wimmer, ich war in meinen jungen Jahren in Indien eingesetzt, das war lange, bevor ich in die Dienste des Herzogs trat. Dort gab es eine Epidemie. Leute wurden ausgesaugt, genau wie Ihr es jetzt erlebt habt, und man beauftragte meine Truppe, dem ein Ende zu bereiten. Nun, um es kurz zu machen, ich bin der Einzige, der überlebt hat. Es war nur ein Vampir, ein gottverdammter, beschissener Blutsauger, und er hat fünfunddreißig brave Soldaten das Leben gekostet. Ein einziger! Gegen sechsunddreißig! Ich überlebte nur, weil ich im Laufe des Gemetzels von einem der eigenen Leute mit dem Gewehrkolben bewusstlos geschlagen wurde, aber bevor ich zu Boden ging, sah ich den Vampir! Er schlug seine langen Fangzähne in den Hals meines Korporals und riss ihm mit einem
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