Peter Voss der Millionendieb
Kajüte mit zwei Kojen.
»Über diesen Moritz Pietje werd ich mich noch zu Tode ärgern!« giftete er sich. »Gestern mußte ich ihn dreimal aus der Koje jagen, und gerade jetzt tut er mir den Tort an und hat die Augen offen. Aber es hat keine Gefahr, ich verstau dich im Raum, wo dich keiner findet, und bring dir jeden Tag das Essen.«
Dann braute er einen sehr steifen Grog.
Um zwölf Uhr wurde Moritz Pietje abgelöst. Er legte sich in seine geliebte Koje und spitzte die Ohren, als er nebenan Gläserklirren hörte. Der Fremde, der bei dem Bootsmann saß, kam ihm sehr verdächtig vor. Und dem groben Bootsmann eines auszuwischen, darauf lauerte Moritz Pietje schon lange. Er preßte das Ohr an die Holzwand, konnte aber kein Wort verstehen. So holte er denn in aller Seelenruhe einen kleinen Bohrer aus der Tasche und begann ihn so langsam in die Holzwand zu schrauben, daß er nicht das geringste Geräusch verursachte. Nach fünf Minuten war das Loch fertig. Und was Moritz Pietje nun zu hören bekam, war außerordentlich interessant.
Peter Voss hatte seinen Freund inzwischen in alles eingeweiht, und Michel Mohr hatte, als ihm die tolle Sache klargeworden war, mit beiden Fäusten auf den Knien herumgetrommelt und vor Vergnügen losgebrüllt.
»Junge, Junge, du bist ja ein ganz verfluchter Kerl. Und nun helf ich dir erst recht übers Wasser. Lass mich nur machen.«
»Wir können doch hier nicht belauscht werden?« fragte Peter Voss vorsichtig.
»Keine Angst!« lachte Michel Mohr. »Nebenan schläft der Hollandschmann, der ist selbst zum Horchen zu faul.«
Und sie tranken unbesorgt weiter.
»Zweitausend Dollar ist eigentlich ein bisschen wenig für dich!« rief Michel Mohr beim vierten Glase. »Du bist unter Brüdern viel mehr wert.«
»Jawohl«, bestätigte Peter Voss todernst. »Zwei Millionen.«
»Wo hast du denn die gelbe Tasche?«
»Vor Louisville habe ich sie über Bord geworfen, sie schwimmt längst im Mississippi.«
Moritz Pietje kam allmählich dahinter, daß der Fremde, der bei dem Bootsmann saß, ein steckbrieflich verfolgter Millionendieb war, auf dessen Ergreifung eine Belohnung von zweitausend Dollar ausgesetzt war.
›Die werd ich mir morgen früh Verdienen‹, dachte Moritz Pietje und schlief ein.
Eine Stunde nach Mitternacht, als das ganze Schiff wie ausgestorben lag, nahm der Bootsmann seinen Freund Peter an der Hand und führte ihn durch verschiedene dunkle Gänge und Löcher in den großen Raum mittschiffs, der für das Passagiergepäck bestimmt war. Die Hälfte des Raumes war schon gefüllt, in langen Reihen standen hier die großen Koffer nebeneinander. Eine einzige Lampe erhellte den Raum nur dürftig.
»Im Laderaum brechen wir uns jetzt nur die Knochen«, sagte er ganz leise. »Da ist kein Licht. Morgen früh komm ich beizeiten wieder. Schließlich kannst du selbst hinunterkriechen, wenn's hell wird. Du weißt ja an Bord Bescheid, und der Dümmste bist du nicht. Leg dich nur hier auf den langen Koffer, da sehen dich die Stewards nicht, wenn sie hier durchkommen. Und hier hast du eine Decke.«
Peter Voss gehorchte, kroch bis zum Hals unter die Persenning, die der Bootsmann aus der Ecke herausgeschleppt hatte, und schloß seine Augen.
»Adjüs!« flüsterte Michel Mohr und schlich davon.
Peter Voss wollte einschlafen, aber er hörte etwas, und das hielt ihn wach. Ganz in der Nähe tickte eine Taschenuhr. Dieses Ticken, so schwach es auch war, irritierte ihn mächtig. Er hielt den Atem an und lauschte. Das Ticken kam aus dem Koffer, auf dem er lag. Nun wurde er nervös.
›Zum Teufel!‹ dachte er. ›Wenn diese verflixte Uhr nicht bald stillsteht, werde ich die ganze Nacht kein Auge zumachen.‹
Aber die Uhr tickte unentwegt weiter. Peter Voss fingerte an den beiden Schlössern des Koffers herum. Der Gedanke, die Uhr irgendwie zum Stehen zu bringen, war inzwischen bei ihm zur fixen Idee geworden. Ein unverantwortlicher Leichtsinn, eine aufgezogene Uhr im Koffer zu verpacken.
Die beiden Schlösser waren nichts weniger als sinnreich. Mit seinem echt amerikanischen Taschenmesser, das sieben Klingen, darunter einen Champagnerhaken, eine Säge und einen Schraubenzieher besaß, ging er den Nägeln und Schrauben zu Leibe. Gewaltsam bog er die beiden Klammern beiseite. Der Deckel bog sich von selbst, als hätte er eine geheime Feder.
»Gott sei Dank!« flüsterte eine Stimme. »Kommst du endlich? Ich hab einen furchtbaren Durst. Mit dem Whisky bin ich schon lange fertig.«
Peter Voss, den
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