Peter Voss der Millionendieb
»Was soll das?«
»Guten Morgen, Mr. Voss!« sagte der alte Lebemann auf englisch. »Mein Name ist Dodd.«
»Was will der Kerl?« fragte Voss verwundert. »Ich verstehe ihn nicht.«
»Komm nur mit, du Millionendieb!« schrie der eine Polizist und bugsierte ihn mit Hilfe seines Kollegen in ein Motorboot, das mit laufenden Motoren schon wartete. »Das übrige wird sich schon finden.«
Und fort fuhren sie mit ihm.
»Mrs. Voss«, sprach Dodd und lüftete vor Polly höflich den Hut. »Haben Sie die Güte, mir zu folgen!«
»So halten Sie den Vertrag!« zischte sie ihn an.
»Sie haben ihn gebrochen, nicht ich«, erwiderte er. »Sie haben gegen mich gearbeitet, anstatt mir behilflich zu sein. Ich bedaure, daß ich den Vertrag nicht wieder erneuern kann, denn ich habe endlich mein Ziel erreicht.«
»Sie haben ihn noch nicht!« rief sie und sah ihm fest in die Augen. »Dieser Mann ist gar nicht Peter Voss. Ich werde dafür sorgen, daß er wieder in Freiheit gesetzt wird. Denn Sie haben ihn zu Unrecht verhaften lassen!«
Er biss sich auf die Lippen und winkte eine Gondel heran, half ihr beim Einsteigen und fuhr mit ihr aufs Polizeipräsidium.
Da hatte man bereits Peter Voss alias Rudolfo Marcera in schärfstes Kreuzverhör genommen. Polly bestritt entschieden seine Identität mit ihrem Manne, und der untersuchende Polizeileutnant stierte ratlos auf den echten Pass.
»Das ist Peter Voss!« rief Dodd energisch. »Ich werde Beweise bringen. Der Pass ist gefälscht.«
»Das ist nicht mein Mann!« rief Polly. »Ich kenne ihn nicht.«
»Ich bin Rudolfo Marcera!« behauptete Peter Voss mit eiserner Stirn und pochte auf seinen Pass. »Ich bin niemals in Amerika gewesen, deshalb kann ich dort auch keine Millionen gestohlen haben. Und die schöne Dame kenne ich auch nicht und bedauere lebhaft, daß sie nicht meine Frau ist.«
Der Polizeileutnant schien derselben Meinung zu sein, strich sich herausfordernd den Schnurrbart und sah Polly an wie der Fuchs die reifen Trauben.
Daraufhin wurde das Protokoll geschlossen und Peter Voss festgehalten. Als er ins Untersuchungsgefängnis abgeführt wurde, blickte ihm Polly so teilnahmslos nach, als sei er wirklich niemand anders als ein ihr unbekannter Italiener, den sie zum ersten Male in ihrem Leben sah.
Sie ließ sich von Dodd ins Hotel bringen, wo er sich von ihr beurlaubte. Mit Peters Fotografie und seinem Fingerabdruck bewaffnet, fand er sich wieder bei der Polizei ein. Aber er merkte bald, daß er in Italien war. Für den Polizeileutnant, der die Untersuchung führte und der das Pulver nicht erfunden hatte, war ein Fingerabdruck noch lange kein Beweis, und eine Fotografie, die nicht einmal stimmte, erst recht nicht.
Dodd sah ein, daß er nur etwas ausrichten konnte, wenn es ihm gelang, Polly umzustimmen.
Allein sie war sehr hartnäckig und lehnte alles ab.
Peter Voss aber saß wieder einmal in einer sicheren Zelle.
Seine Brieftasche hatte man ihm gelassen. Und er nahm einen größeren Lireschein heraus und drückte ihn dem Wärter wortlos in die Hand.
›Der Kerl ist eine goldene Kuh‹, dachte der Gefängniswärter. ›Und ich werde sie melken!‹
Peter Voss opferte noch einen Schein. Als aber der Wärter noch immer keine Anstalten machte, ihn herauszulassen, knöpfte er seine Tasche zu.
Unterdessen war der Pass Rudolfo Marceras auf das eingehendste geprüft worden und hatte sich als echt erwiesen. Allein eine Eintragung in die Verdächtigenliste der politischen Polizei erwies sich als mindestens ebenso echt. Danach war der Student Rudolfo Marcera vor knapp zwei Jahren wegen politischer Verschwörung zu einem Jahre Zwangsarbeit nach Sardinien verbannt worden. Und die kurze Notiz, die darunter stand, war wohl das Echteste vom Echten. Sie besagte nichts anderes, als daß dieser Marcera im dritten Monat seiner Strafzeit geflohen war.
Dieser sehr wenig erfreuliche Bescheid ging nun mit Beschleunigung an den untersuchenden Polizeileutnant zurück und wurde Peter Voss vorgelesen.
»Bist du dieser Rudolfo Marcera?« brüllte ihn der Beamte an.
»Es ist möglich!« bekannte Peter Voss nachdenklich. »Ich kann mich auf jene Vorgänge nicht mehr so genau besinnen, da ich voriges Jahr einen Autounfall hatte, wodurch mein Gedächtnis sehr gelitten hat.«
Er wurde wieder in die Zelle gesperrt, und die Akten gingen zur politischen Polizei. Da Peter Voss steif und fest behauptete, Rudolfo Marcera zu sein, und nicht bestritt, von Sardinien geflohen zu sein, lag die Sache
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