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Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman

Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman

Titel: Pfefferkuchenhaus - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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Augenblick des Zögerns zu, »dass Mord durch Ertränken ein wahrscheinliches Szenario ist. Mehr kann ich im Augenblick jedoch nicht sagen, aber wir erwarten, dass die rechtsmedizinische Untersuchung bis zum Wochenende abgeschlossen sein wird, dann werden wir mehr wissen.«
    »Jaaää«, murmelte Sjöberg vor sich hin. »Er sagt ›jaaää‹, mit diesem gedehnten, nasalen A, statt einfach ja, so wie wir hier.«
    Dieser dialektale Einschlag kam ihm bekannt vor, aber er kam einfach nicht darauf, bei wem er ihn gehört hatte. Am Ende schob er den Gedanken widerstrebend beiseite und wandte seine Aufmerksamkeit einer Reportage über die Folgen des großen Schneesturms zu, der sich Anfang November ereignet hatte.
    *
    Thomas erschauderte, als er das Glas mit den Preiselbeeren öffnete und entdeckte, dass die Oberfläche von einem gräulich samtigen Schimmel überzogen war. Er schraubte den Deckel schnell wieder auf das Glas und warf es in den Müllbeutel, der unter der Spüle am Griff der Schranktür hing. Er setzte sich an den Küchentisch und nahm, nicht ohne eine gewisse Enttäuschung, die Blutwurst in Angriff.
    Nach wie vor starrte ihn das leere Küchenfenster an. Aber die Gardinen für die Küche waren bestellt. Am Montag nach der Arbeit hatte er sich in das Stoffgeschäft unten an der Ecke gewagt. Dort hatte ein Schild im Fenster gehangen: Die Gardinen wurden gratis angefertigt, wenn man den Stoff im Laden kaufte. Schließlich hatte er sich für einen Soff in warmem Gelb mit dünnem blauem Karomuster entschieden, der bestimmt gut in eine Küche passen würde. Genau genommen war es die Dame im Geschäft gewesen, die am Ende die Geduld verloren und ihm resolut empfohlen hatte, sich dafür zu entscheiden. Thomas hatte den Vorschlag dankbar angenommen und ihre irritierte Miene und die erregten, heftigen Gesten ignoriert. Die Entscheidung darüber, wie die fertige Gardine aussehen sollte, hatte er ihr überlassen, sie hatten die verschiedenen Varianten nicht einmal diskutiert. Die fertige Gardine würde eine Überraschung werden, und was das alles kostete, wusste er auch nicht. Auch das hatte er sich nicht mehr zu fragen getraut. In der nächsten Woche würde er kommen und sie abholen.
    Sein Blick blieb an dem alten Radiogerät hängen, und in Gedanken sah er Onkel Gunnar vor sich, den Bruder seiner Großmutter, der am selben Küchentisch gesessen hatte, an dem er jetzt saß. Unter der Woche hörte er »Glückwünsche mit Musik« zum Vormittagskaffee, und an den Samstagen versuchten sie gemeinsam, das Melodien-Quiz zu lösen. Er selbst konnte dazu zwar kaum Nennenswertes beitragen, aber sie hatten zusammengesessen und es gemütlich gehabt, und Onkel Gunnar war ein echter Fuchs, was Musik betraf.
    Onkel Gunnar war kein Mann von großen Gesten. Er war wortkarg, und so wurde nicht viel gesprochen, aber in dieser Stille leisteten sie einander Gesellschaft. Er hatte Thomas so akzeptiert, wie er war, ihn weder kritisiert noch sich über ihn aufgeregt. Thomas hatte sich seinerseits mit der mangelhaften persönlichen Hygiene des alten Mannes abgefunden, zu froh war er darüber, die Engstirnigkeit der Kleinstadt gegen die Anonymität der Großstadt eingetauscht zu haben.
    Er dachte an das Ende seiner Zeit in Katrineholm zurück, an die Zeit im Kurzwarenladen bei dem alten Paar. Sie waren davon ausgegangen, dass er im Grunde seines Wesens ein Rüpel war – eine Annahme, die stimmen konnte, schließlich hatte er keinen Schulabschluss. Sie hatten nie gewagt, ihn allein im Laden zu lassen, hatten die Registrierkasse niemals aus den Augen gelassen, wenn er da war. Das hatte dazu geführt, dass er die meiste Zeit mit dem Versuch verbracht hatte, sich von ihren mürrischen und wachsamen Blicken zu befreien.
    Die Nähe zur weiterführenden Schule machte die Sache nicht einfacher. Seine ehemaligen Klassenkameraden, die in ihren Freistunden und während der Mittagspause oft an dem Laden vorübergingen, konnten es nicht lassen, öfter mal hereinzuschauen und ihm eine Abreibung zu verpassen, wenn sich die Gelegenheit ergab. Das vorrangige Thema ihrer Schikanen war seine mutmaßliche Homosexualität. Als er jetzt darüber nachdachte, fiel ihm eine Episode aus der Schulzeit ein, an die er nie wieder gedacht hatte, seit sie sich vor nunmehr dreißig Jahren ereignet hatte.
    Das Ereignis hatte zwar nichts mit ihm selbst zu tun, sondern mit einem Unglücksbruder namens Sören, der in eine Parallelklasse ging, doch sie folgte demselben Muster.

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