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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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dir das
antun?
    Ich
bitte dich, wenigstens diese Gabe von mir anzunehmen. Sei versichert,
dass du damit keinerlei Verpflichtungen mir gegenüber eingehst.
Ich will dich nur in Sicherheit und gut versorgt wissen.
    Es
bleibt mir nur noch, dir mitzuteilen, dass ich meinen Bruder David
Battingfield beauftragt habe, alles Notwendige in die Wege zu leiten.
Gräme dich nicht, auch für alles andere habe ich Sorge
getragen. Vielleicht wartet auch noch eine Überraschung auf
dich, aber dazu wird dir David Näheres mitteilen. Bitte werde
wieder ganz gesund und tue nun in Freiheit das, wonach es dich
verlangt.
    Ich
küsse dich zärtlich und hoffe auf den Tag, da wir uns
wiedersehen.
     
    In
Liebe,
    dein
John

    Charlotte
ließ das Schreiben sinken. »Heute ist schon der 13. Mai«,
sagte sie, »dann ist er seit zwei Tagen auf See auf dem Weg in
unbekannte Gegenden. Ich kann ihm nicht antworten, und wenn ich es
noch so wollte.«
    Tränen
liefen ihr die Wangen herunter. Was war sie doch für eine Närrin
gewesen! Nun hätte sie mit Freuden Ja gesagt, ungeachtet der
Konsequenzen. Sie liebte ihn so sehr und sie brauchte ihn, genauso
wie er sie zu brauchen schien. Er hatte ja so recht! Was hatte ihr
denn ihr Pflichtbewusstsein eingebracht? Dennoch: Emmy wäre
vermutlich tot, wenn sie anders gehandelt hätte. Und sie selbst
wäre mit sich zutiefst im Unreinen, aber wohl noch unversehrt.
Ob ihre Liebe letztlich ihrem schlechten Gewissen standgehalten
hätte, wenn sie sich damals auf Dullham Manor in jenem
schicksalhaften Moment im Pavillon anders entschieden hätte? Wer
konnte es sagen?
    Wieder
kam ihr der Satz von Dr. Williams in den Sinn: Was geschehen ist, ist
geschehen. So war es! Sie würde auf seine Rückkehr hoffen
und dann das tun, was ihr richtig erschien und nicht das, von dem sie
glaubte, dass man es von ihr erwartete.
    Plötzlich
wurde ihr bewusst, wohin ihn seine Reise führen würde: Die
Nord-West-Passage! Seit fast dreihundert Jahren mühten sich nun
verschiedene Völker darum, sie zu finden und es war bisher
aussichtslos gewesen und hochgefährlich obendrein. Wie viele
Schiffe waren schon vom Packeis zerstört worden? Und wenn er nun
auf der Fahrt zugrunde gehen sollte? Furcht ergriff sie und sie
begann zu zittern.
    » Charlotte,
du darfst dich nicht aufregen«, sagte Mary besorgt. »Ich
hoffte, der Brief sei angenehm für dich. Enthält er
schlimme Nachrichten?«
    » Nein,
ja! Ach, Mary, ich habe so viel falsch gemacht und wusste doch nicht,
was richtig war.« Sie lehnte sich schutzsuchend an ihre
Freundin, die sich neben ihr niedergelassen hatte und sie nun in den
Arm nahm. Charlotte verspürte plötzlich das überwältigende
Bedürfnis, über ihre Liebe zu John zu sprechen. Sie konnte
es nicht länger für sich behalten und bei wem waren ihre
Worte besser aufgehoben als bei ihrer treuen Freundin, der sie
rückhaltlos vertraute. »Ich liebe ihn«, erklärte
sie Mary etwas zusammenhanglos, so sehr gingen ihre Gedanken
durcheinander, »aber seine Frau erwartet ein Kind von ihm. Ich
hatte ihm gesagt, es gäbe keine Zukunft für uns und habe
ihn fortgeschickt. Wie konnte ich nur? Ich wollte, er wäre hier.
Nun ist er auf einer gefährlichen Forschungsfahrt und kehrt
vielleicht nicht zurück. Ich glaube, das könnte ich nicht
ertragen.« Sie hatte hastig gesprochen und wirkte nun völlig
erschöpft.
    » Charlotte,
glaubst du denn, ich weiß nicht, was zwischen euch ist?«,
sagte Mary schlicht und strich ihr beruhigend über das Haar. »Du
hast, während du krank warst, immerzu nach ihm gerufen und im
Fieber von ihm gesprochen. Und als er bei uns war und mich bat, zu
dir zu kommen, war er so voller Sorge und tiefer Liebe für dich,
dass es mir in der Seele wehtat. Ein Blinder kann sehen, was ihr
füreinander empfindet. Charlotte, du bist ein wunderbarer
Mensch, aber manchmal viel zu pflichtbewusst. Etwas mehr Eigennutz
stünde dir gut zu Gesicht. Aber du solltest dich jetzt nicht
grämen, es wird sicher alles gut werden. Er kommt bestimmt
zurück zu dir. Du sollst dich nicht sorgen, Charlotte. Hab’
Vertrauen!«
    » Ich
wünschte, ich hätte so eine praktische Einstellung wie du,
das hätte mich vielleicht vor manchem bewahrt.« Charlotte
versuchte, sich zu fassen. Wahrscheinlich hatte ihre Freundin recht.
    » Hätte,
würde, wäre!«, meinte Mary ungeduldig. »Es ist
unsinnig, darüber nachzudenken. Die Dinge sind, wie sie sind und
wir sollten das tun, was das Nächstliegende ist. Das
Nächstliegende wäre, die anderen

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