Phillips Bilder (German Edition)
eine Option ist.
Unterwegs halte ich wieder an dem Bach, trinke Wasser, ziehe mein T-Shirt aus und lasse mir kaltes Wasser über den Nacken laufen. In der Ferne läuten die Kirchenglocken, es muss Mittag sein.
Ich hole mein Handy aus dem Rucksack und mache es an. Eine SMS ist angekommen: ‚Gut, komm bald - Vati‘. Nicht mehr. Nichts verrät, ob er sauer oder enttäuscht ist. Ich spiele mit dem Handy herum und zögere, aber dann wähle ich seine Nummer. Aber es geht nur die Mailbox an und ich spreche nichts drauf. Ich stelle das Handy komplett aus, ich hatte keine anderen Nachrichten, keine verpassten Anrufe. Niemand scheint mich zu vermissen.
- 6 -
Im Sucher
Nachdem ich Bratkartoffeln und Eier zu Mittag gegessen habe, döse ich in der Hängematte. Das Gras steht so hoch, dass es den Rand der Hängematte streift. Es raschelt und Jurek bahnt sich einen Weg durch das Dickicht. Er springt auf mich und legt sich äußerst zufrieden auf meinen Bauch. So, als hätte er einen Berg bestiegen, ein hartes Tagwerk geleistet, ein Königreich erobert. Er faltet die Pfoten unter der Brust und schließt die Augen zu Schlitzen.
Nach einer Weile schiebe ich ihn beiseite. „He, du wirst schwer, Dicker.” Er ist nicht beleidigt und rollt sich an meiner Seite zusammen. Wir dösen. Ein Meisenpaar hüpft über die Zweige des Birnbaums, aber Jurek schläft. Ich schließe die Augen.
Irgendwann raschelt es am Bach und da ich Jureks Gewicht noch an meiner Seite spüre, weiß ich, wer es ist. Ich luge über den Rand der Hängematte. Er steht am Bach, Sonnenflecken schimmern auf seiner Haut. Er blickt über die Schulter, vergewissert sich meiner, lächelt. Dann zieht er sein Hemd über den Kopf, kommt langsam näher. Als er neben der Hängematte steht, frage ich rau: „Darf ich dich fotografieren?“
„Nur fotografieren?“ Er küsst mich, fährt mit der Hand unter mein Shirt.
„Nackt“, sage ich.
Er lacht, dann antwortet er: „Okay.“
Ich ziehe seinen Kopf heran und küsse ihn noch einmal, dann strecke ich mich. Jurek sieht mich vorwurfsvoll an und rollt sich in eine andere Position. Vorsichtig steige ich aus der Hängematte.
„Warte.“ Ich fummle einen schwarz-weißen Film in die Kamera. So will ich ihn festhalten. Gestern habe ich noch einmal in der Truhe nachgesehen, verschiedene Filter und einen Kabelauslöser gefunden. Ich wähle einen Orangefilter, der die leichte Tönung seiner Haut zur Geltung bringen wird. Ich stelle an der Kamera herum. In Wahrheit habe ich noch nicht viel Erfahrung mit Porträts, geschweige denn mit Aktfotografie.
„Erst mit Hosen, ja?“, sagt Seth und an seiner Stimme merke ich, dass auch er befangen ist. Was mir gefällt.
„Gut. Geh zum Bach.“
Er stellt sich ans Ufer und schaut aufs Wasser. Ich trete hinter ihn und messe die Belichtung auf seiner Haut, dann knie ich mich neben die Hängematte und fotografiere ihn so, wie ich ihn das erste Mal gesehen habe. Nur das Morgenlicht fehlt, aber vielleicht ist es besser so, unmöglich diesen Moment nachzustellen. Seth reckt sich, verknotet die Haare, blickt zu mir. Ich löse aus und transportiere den Film weiter. Löse aus, während er die Arme über den Kopf hebt, lächelt.
Dann dreht er sich herum, kommt langsam auf mich zu, seine nackten Füße streifen durchs Gras. Er legt sich in die Hängematte und ich stelle mich ans Kopfende, fotografiere ihn. Mein Blick, durch den Sucher begrenzt, streift über die Härchen auf seinen Armen, seine vollen Lippen mit der kleinen Kugel darunter, den zarten blonden Flaum an seinem Haaransatz. Das Klicken meiner Kamera erfüllt die Luft. Ich halte den Atem an, hingerissen von dem Moment und dem Rausch der Bilder.
Du öffnest deine Hose, während du das Becken hebst, streifst du sie zusammen mit den Shorts ab. Trotzdem fokussiere ich auf dein Gesicht, wähle eine große Blende, sodass nur deine Augen scharf sind, dein Oberkörper und der Ansatz deiner Lenden verschwimmt. Die Blätter des Birnbaums zeichnen weiche Schatten auf deine Schultern. Du beginnst dich träge zu streicheln, ich sehe es im Augenwinkel. Meine Finger gleiten an der Kamera ab, rutschig vor Schweiß. Ich wechsle das Objektiv, messe erneut die Belichtung, öffne die Blende, um die Schärfe nur auf einen kleinen Bereich zu legen.
Du schaust in meine Kamera und atmest schwer. Du gibst dich mir ganz hin. Meine Kamera bannt es auf Film. Du schließt die Augen, die Lust zeichnet sich in deinem Gesicht ab. Es erregt mich, dich so zu
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