Philosophenportal
individueller Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung
im Mittelpunkt stehen.
Die Schrift erschien im April 1927 als Band VIII des von Husserl herausgegebenen
Jahrbuchs für Philosophie und phänomenologische Forschung
. Versehen mit der Widmung »Edmund Husserl in Verehrung |208| und Freundschaft zugeeignet«, wurde es eines der berühmtesten Fragmente der Philosophiegeschichte. Heidegger ebnete mit diesem
Werk den Weg für seine akademische Karriere, aber er trat damit auch erstmals für eine breitere Öffentlichkeit in Erscheinung.
Die Veröffentlichung des Buches etablierte seinen Ruf als einer der maßgeblichsten Philosophen seiner Zeit, ein Ruf, den er
selbst beschädigte, als er sich 1933 den Nazis anschloss und die Widmung für seinen Lehrer Edmund Husserl, der jüdischer Abstammung
war, aus dem Buch tilgte.
Sein und Zeit
wurde zu einem der einflussreichsten Werke der Philosophie des 20. Jahrhunderts. Als Gründungsurkunde der Existenzphilosophie trat es vor allem in Deutschland und Frankreich eine Lawine los.
Jean-Paul Sartres Hauptwerk
Das Sein und das Nichts
war das erste bedeutende Werk, das sich in seinen Fragen und Themen unmittelbar daran anschloss. Aber auch Hans-Georg Gadamers
Neubegründung einer philosophischen Hermeneutik baut auf Heideggers frühem Hauptwerk auf.
Beim späteren Heidegger trat das Thema der Existenz des Menschen in den Hintergrund zugunsten des Versuchs, den Begriff »Sein«
neu zu bestimmen. Heidegger als Kritiker einer an Vernunft und Geist ausgerichteten Metaphysik wurde nun auch zu einem der
philosophischen Väter der Postmoderne.
Sein und Zeit
ist dennoch Heideggers großer Wurf geblieben, ein Buch, das wie kaum ein anderes philosophisches Werk schwierige Analysen
mit dem Charakter eines an jeden Menschen persönlich gerichteten Appells verbindet. Es ist ein philosophischer Weckruf, eine
Aufforderung zum Aussteigen aus dem, was uns am eigenen, selbst gewählten Leben hindert.
Ausgabe:
MARTIN HEIDEGGER: Sein und Zeit. Tübingen: Niemeyer 18 2001.
|209| Abrechnung mit dem totalitären Denken
KARL R. POPPER: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde (1945)
Dass sich philosophische Werke, unbeeinflusst von aktuellen Ereignissen, mit den »ewigen« Problemen der Menschheit befassen
und den Trubel der Welt mit souveräner Missachtung strafen – dies ist eines der Vorurteile, das durch
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde
eindrucksvoll widerlegt wird. Auch große Philosophie wird zuweilen unmittelbar durch das Weltgeschehen angeregt und erhebt
den Anspruch, auf dieses Geschehen Einfluss zu nehmen.
Am 12. März 1938, fünf Jahre nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland, marschierten Hitlers Truppen in Österreich ein. Drei
Tage später trat Hitler selbst auf dem Balkon der Wiener Hofburg vor die Öffentlichkeit und beschwor vor Hunderttausenden
jubelnder Anhänger die Treue Österreichs zur »großen deutschen Volksgemeinschaft«. Auf der anderen Seite des Globus, im neuseeländischen
Christchurch, beobachtete ein aus Wien emigrierter Wissenschaftler jüdischer Abstammung die politische Entwicklung in Mitteleuropa
mit großer Aufmerksamkeit und Sorge: der sechsunddreißigjährige Philosoph Karl Raimund Popper, der ein Jahr zuvor mit seiner
Frau über England nach Neuseeland gekommen war, um dort eine Dozentenstelle anzutreten. In Wien hatte er seine Mutter und
viele andere Familienmitglieder zurückgelassen.
Die Bilder vom Einzug Hitlers in seiner Heimatstadt vor Augen, entschloss sich Popper, den Diktaturen Hitlers und Stalins,
die ihren Schatten über ganz Europa geworfen hatten, eine philosophische Antwort entgegenzusetzen. Sie kostete ihn viele Jahre.
Unter den widrigsten Umständen des Exils und des Krieges entstand eines der wichtigsten Werke der politischen Philosophie
des 20. Jahrhunderts: |210|
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde.
Es wurde kein akademisches Buch. Jede Zeile ist mit dem Herzblut eines Mannes geschrieben, der ein existenzielles Anliegen
vertritt: Es ging um eine Parteinahme im Kampf zweier gegensätzlicher politischer Kulturen im Wertestreit zwischen westlicher
Demokratie und Totalitarismus. Der Gegner saß in diesem Fall nicht hinter Universitätsmauern, sondern zertrampelte mit seinen
Armeen Zivilisationen, mordete, folterte und baute Konzentrationslager.
Popper legte eine umfassende Kritik der philosophischen Väter des Totalitarismus, aber auch eine
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