Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls
Zeit ist eine Menge geschehen. Aber viele Dinge sind … ungeklärt geblieben. «
»Was spielt das für eine Rolle?«, gab Frey zurück. »Die Vergangenheit ist die Vergangenheit. Sie ist vorbei.«
»Sie ist nicht vorbei«, sagte Trinica. »Sie geht nie vorbei.« Sie wandte sich vom Fenster ab und sah ihn über den Schreibtisch hinweg an. »Ich wünschte, ich hätte dein Talent,
Darian. Ich wünschte, ich könnte jemanden verlassen oder etwas aufgeben, und es wäre, als hätte er oder es nie existiert. Könnte ein Stück meines Lebens in einen Koffer sperren, der für immer verschlossen bliebe.«
»Der eine kann’s eben, der andere nicht«, erwiderte Frey. Er hatte nicht vor, ihr sein Seelenleben zu erklären.
»Warum hast du mich verlassen?«, fragte sie.
Die Frage überraschte ihn. Sie klang flehend. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet, als er zu ihr gebracht worden war. Trinica wirkte verletzlich und kraftlos, unfähig, sich zu wehren. Er merkte, dass sie ihn anzuwidern begann. Wo war die Frau, die er geliebt hatte, oder wenigstens die Frau, die er gehasst hatte? Diese Verzweiflung war erbärmlich.
Warum hatte er sie verlassen? In seinem Gedächtnis schien es nur noch verschwommene Erinnerungen zu geben: Es fiel ihm schwer, seine damaligen Gefühle wachzurufen. Mittlerweile waren sie von zehn Jahren Verachtung gefärbt. Dennoch erinnerte er sich an einige Dinge. Eher an Gedanken als an Gefühle. An seine inneren Dialoge während der langen, einsamen Stunden, in denen er Transportflüge für das Unternehmen ihres Vaters durchgeführt hatte.
In den ersten Monaten hatte er geglaubt, sie würden für immer zusammenbleiben. Er sagte sich, er hätte die Frau für den Rest seines Lebens gefunden. Er konnte sich nicht vorstellen, eine wunderbarere Frau als sie kennenzulernen, und er legte es auch nicht darauf an.
Aber es war eine Sache, sich solchen Tagträumen hinzugeben, und eine ganz andere, sie in die Realität umzusetzen. Als Trinica mit einer Direktheit, die er zuvor bezaubernd gefunden hatte, von Verlobung zu sprechen begann, erschien sie ihm schon nicht mehr ganz so anbetungswürdig. Es fiel ihm immer schwerer, geduldig zu sein. Er konnte
ihre Fantastereien nicht mehr endlos ertragen. Sein Lächeln wurde starr, wenn sie ihre mädchenhaften Spiele mit ihm trieb. Ihre Scherze schienen alle zu lange zu dauern. Er ertappte sich bei dem Wunsch, sie würde einfach vernünftig sein.
Mit neunzehn war er noch jung. Er stellte keine Verbindung zwischen seiner plötzlichen Übellaunigkeit und Reizbarkeit und der drohenden Hochzeit her. Er redete sich ein, dass er sie heiraten wollte. Es wäre doch dumm, es nicht zu tun. War er nicht zu dem Schluss gelangt, dass sie die Richtige für ihn war?
Aber je mehr er sie anpfiff, desto deutlichere Forderungen stellte sie. Des Wartens müde – vielleicht auch aus Angst, zu lange zu warten –, fragte sie ihn, ob er sie heiraten wolle. Er bejahte und war danach insgeheim für lange Zeit sauer auf sie. Wie konnte sie ihn in diese Lage bringen? Ihn vor die Wahl stellen, sie zu heiraten, was er nicht wollte, oder sie fertigzumachen, was er noch weniger wollte? Ihm blieb nichts anderes übrig, als zunächst einmal Ja zu sagen und zu hoffen, dass er später einen Ausweg finden würde.
Trinica schien von alledem jedoch nichts zu ahnen. Dass er immer häufiger schlechter Laune war, schien ihr nichts mehr auszumachen. Sie war sicher, dass er ihr gehörte, und er schäumte innerlich, dass sie ihren Sieg so voreilig feierte.
Als das Hochzeitsdatum bekanntgegeben wurde, dachte Frey vor allem an Flucht. Er schlief wenig und schlecht. Die unübersehbare Missbilligung ihres Vaters bestärkte ihn darin, die Eheschließung für eine schlechte Idee zu halten. Als weitgehend ungebildeter, nahezu mittelloser und im Waisenhaus aufgewachsener junger Mann war Frey nicht der richtige Partner für die hochintelligente, schöne Tochter eines angesehenen Aristokraten. Die sozialen Barrieren, die
ihnen im ersten Liebestaumel so lächerlich erschienen waren, ragten in Freys Bewusstsein auf einmal hoch auf.
Er wollte als Pilot zur Koalitions-Marine gehen und riesige Fregatten nach Norden fliegen, um mit den Manen zu kämpfen, oder nach Süden, um die Sammies niederzuwerfen. Er wollte zu den Ersten gehören, die auf Neu-Vardia oder Jagos landeten, wenn sich der Große Sturmgürtel beruhigt hatte. Er wollte frei durch den grenzenlosen Himmel fliegen.
Wenn er Trinica anblickte und sie ihr perfektes
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