PR TB 004 Sturz in Die Ewigkeit
einer Überlappungszone
der beiden Universen.
Welchen Sinn hatte jetzt sein Dasein noch, zumal er es von sich
aus niemals würde beenden können? Mit erschreckender
Deutlichkeit war ihm zu Bewußtsein gekommen, daß er nicht
sterben konnte. Und wie sinnlos war doch ein Leben ohne die Aussicht
auf den Tod.
Lethargie hatte ihn befallen, verbunden mit Langeweile. Es würde
ja doch immer wieder dasselbe sein; eine neue Welt, eine neue Suche.
Er schätzte, daß er mit halber Lichtgeschwindigkeit
dahintrieb. Ohne Ziel und ohne Richtung, nur dem Zufall überlassen.
Die Sterne schienen etwas verschwommen; der Lichtdrucksturm mochte
die Ursache dazu sein, Ellert war es egal.
Ein kurzes, metallisches Aufblinken erweckte seine Aufmerksamkeit.
Und dann, als er das winzige Raumschiff erblickte, verschwand auch
seine Lethargie.
Seine alte Tatkraft kehrte zurück.
Ein Schiff? Hier, mitten in dem kosmischen Sturm, der voller
tödlicher Strahlung sein mußte?
Gab es in diesem Universum eine raumfahrende Rasse?
Es waren eine Unmenge von Fragen, die auf ihn einstürmten,
aber er konnte sie nicht beantworten. Noch nicht.
Er näherte sich dem Schiff. Es war kaum zwanzig Meter lang
und besaß die Form eines schlanken Torpedos. Der Antrieb war
ausgeschaltet. Die Spiegeldüsen verrie
ten eine Fortbewegungsart, die auf dem Prinzip des Lichtdrucks
beruhte. Photonen oder Ionen vielleicht.
Seitlich waren einige Bullaugen, hinter denen es hell schimmerte.
Ellert umrundete das Schiff und bemerkte, daß der Bug aus einem
durchsichtigen Material bestand. Dahinter lag die Kommandozentrale.
In dem einzigen Sessel vor den Kontrollen lag die zusammengesunkene
Gestalt eines Lebewesens, das entfernte Ähnlichkeit mit einem
Menschen aufwies.
Es hatte zwei Beine und zwei Arme, einen normalen Leib und einen
länglich geformten Kopf mit auffallend spitzen Ohren. Die Hände
lagen auf den Kontrollen, aber sie bewegten sich nicht.
Ellert drang durch die Hülle in das Innere der Kabine ein. Er
hatte ein kurzes Flackern der Augenlider bemerkt und wußte, daß
der Pilot des seltsamen Schiffes noch lebte.
Behutsam schlüpfte er in das Bewußtsein des Fremden und
stieß auf keinen Widerstand. Im Gegenteil, fast schien es so,
als wäre er erwartet worden. Neugierig tastete er sich weiter
vor und versuchte, Kontakt aufzunehmen.
Es gelang.
"Keine Furcht - ich tue dir nicht weh", signalisierte
Ellert.
Und ganz ruhig kam es zurück: "Da bist du ... ich habe
dich erwartet. Schon lange. Ich weiß, daß du mir nicht
wehe tust, Freund.
Es hat noch niemals jemand behauptet, du tätest ihm weh."
Ellert war verwirrt. Der Fremde hatte ihn erwartet? Das war mehr
als unwahrscheinlich.
"Woher wußtest du, daß ich kam?" fragte er
und spürte, wie das Bewußtsein des anderen schwächer
wurde. Es machte ihm Platz. "Du bist mir noch nie begegnet."
"Dir begegnet man nur einmal", lautete die schwache
Antwort. "Ich habe aber niemals geglaubt, daß du mit einem
Sterbenden sprichst."
"Mit einem Sterbenden?" erschrak Ellert, und es wurde
ihm plötzlich klar, daß er nichts für den Fremden tun
konnte. "Du glaubst, daß du sterben mußt? Was ist
geschehen?"
Befremden überflutete ihn wie eine Woge.
"Dein Kommen beweist, daß ich sterben muß. Ich
wurde durch den Stromstoß gelähmt, dazu kam die Strahlung.
Niemand überlebt das. Und nun bist du gekommen, um mich zu
holen.
Warum zögerst du? Ich fürchte mich nicht mehr. Meine
Reise ist zu Ende."
Und da begriff Ellert.
Der Sterbende hielt ihn für - den T od.
Sollte er ihn bei diesem Glauben lassen, oder sollte er ihm die
Wahrheit sagen und ihm so die Illusion rauben, der Tod sei
freundlich, schmerzlos und gnädig? Ellert entschied sich für
das Erstere.
"Deine Reise beginnt jetzt erst", tröstete er und
fügte hinzu: "Wo steht die Sonne deiner Heimatwelt? Welches
war deine Mission?"
In der Antwort lag Verwunderung.
"Ist der Tod nicht allwissend? Warum fragst du?"
"Ich bin nicht allwissend, denn das Leben interessiert mich
nur an seinem Ende. Was vorher war ..."
"Ich habe nicht mehr viel Zeit, nicht wahr? Und sicher hast
du viel zu tun. Mein Schiff ist ein Versuchsschiff. Ich unternahm den
Flug, um eine neue Welt zu finden. Ich weiß nicht, wo ich bin,
denn ich verirrte mich. Dann der Schock, die Strahlung - es geht zu
Ende, aber ich spüre keine Schmerzen."
Das wenigstens hatte Ellert tun können. Im Gehirn des fremden
Individuums hatte er einige Nervenzentren lahmgelegt. Es würde
in Ruhe sterben
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