PR TB 036 Die Katakomben Der Besessenen
sich um
hellbraune Metallstäbe, krochen förmlich über seitlich
vorspringende Gitterteile und ließen ihre Ausleger tief
herabpendeln. Die Wurzeln waren unter dem Boden verborgen; und von
dort stäubten auch ständig hauchfeine Wasserfäden
empor, legten einen glitzernden Schleier über die üppige
Pflanzenpracht und gaben ihr das Aussehen immerwährender
Frische.
Dem Oxtorner kam erst später der Verdacht, daß dies
alles von einer klugen Taktikerin arrangiert worden sei. Jetzt jedoch
hatte er keine Bedenken, mit Oira zusammen
einem aromatischen Getränk zuzusprechen. Sie servierte es in
flachen, kristallenen Schalen und mit einem unwiderstehlichen
Lächeln.
Nach dem dritten Glas spürte Omar die seltsame rauschhafte
Erregung. Zuerst erschrak er, doch die Wirkung des Getränks
hatte seine Vernunft schon soweit zurückgedrängt, daß
er nichts mehr von dem tun konnte, was er hätte tun sollen.
Oiras Gesicht kam immer näher. Die mandelförmigen Augen
leuchteten in betörender Glut, und die Woge der Gefühle
schwemmte den letzten Rest klaren Denkens davon.
Tröpfelnd kehrte die Erinnerung in sein Bewußtsein
zurück. Er entsann sich, mit Oira zusammen auf die breite Liege
zugetaumelt zu sein, die hinter der Pflanzenwand stand. Was danach
geschehen war, das entzog sich seinem Gedächtnis, so hartnäckig
er auch versuchte, die Lücke zu füllen.
Omar Hawk biß die Zähne zusammen. Eine Welle der Scham
überflutete ihn, als er sich nackt gewahrte, so wie Oira, die
mit geschlossenen Augen neben ihm lag.
Allmählich fühlte er Zorn in sich aufsteigen. Er hatte
in bodenloser Überheblichkeit geglaubt, mit dem Feuer spielen zu
können, ohne sich daran zu verbrennen. Sie, das Mädchen von
Maarn, hatte ihn überlistet und ...
Verwirrt starrte er ihr zerwühltes Haar an, ihre halb
geöffneten, feuchten Lippen und die weiß
hervorschimmernden Zähne.
Und mit einemmal begriff er, warum das alles hatte geschehen
können ...
Automatenhaft stand er auf und zog sich an. Danach ergriff er die
heruntergeglittene Decke und legte sie über Oiras Körper.
Sie seufzte im Schlaf, reckte sich und tastete suchend umher. Als
sie die Stelle neben sich leer fand, fuhr sie mit einem kleinen,
erschrockenen Schrei auf.
Im nächsten Augenblick sah sie ihn vor sich stehen.
„Setz dich zu mir!“ befahl sie leise und schlug mit
der flachen Hand auf die Kante des Lagers.
Er wandte sich brüsk ab und lief zu einem der Kontursitze auf
der anderen Seite der Pflanzenwand. Seine Finger
suchten die Zigaretten, zogen eine heraus und führten sie zum
Mund. Wenig später klickte das Feuerzeug. Blaugrauer Rauch
kräuselte sich zur Decke und wurde von der Luftumwälzung
zerstreut.
Omar bemühte sich, nicht auf die Geräusche hinter seinem
Rücken zu hören. Mit verkniffenem Gesicht starrte er auf
ein Telebild; es zeigte die brodelnde Ebene einer Sumpflandschaft,
weiße, kahle Stämme irgendwelcher Bäume, schillernde,
blasenartig erhabene Wasserpflanzen -und turmhaft gereckte Hälse
urweltlicher Giganten. Das Bild lebte, aber zweifellos wurde dieses
Leben von einem Bildtonband genährt
und über einen Telekanal gesendet. Eine Aufzeichnung, nicht
mehr.
Hawk versuchte sich einzureden, daß alles halb so schlimm
sei, daß so etwas jedem Mann passieren konnte und Yezo ihm
sicherlich verzeihen würde. Doch dabei wußte er genau, daß
es darauf überhaupt nicht ankam. Was ihn am meisten quälte,
war die Erkenntnis seines psychischen Versagens. Er hatte es in
Wirklichkeit so und nicht anders gewollt, sonst wäre es nicht
geschehen.
Leise Schritte hinter ihm kündigten Oira an. Unwillkürlich
zog Omar die breiten Schultern hoch, als könnte er sich hinter
ihnen verstecken, den Fragen ausweichen, die nun logischerweise
kommen mußten. Sie hatte ihn dahin gebracht, wohin sie ihn
haben wollte - und nun verlangte sie ihren Lohn: Informationen!
Daher war er überrascht, als er den warmen Hauch ihres Atems
in seinem Nacken verspürte und ihre Hand sanft über seinen
Arm strich.
Oira ließ sich auf der Seitenlehne seines Sessels nieder und
blickte ihn mit undefinierbarem Ausdruck an.
„Es tut mir leid“, flüsterte sie.
Omar Hawk erwiderte ihren Blick. Er wich nicht aus, als ihre
Fingerspitzen seine Wange berührten.
„Dir braucht es wahrhaftig nicht leid zu tun!“ stieß
er endlich hervor. „Und ich wollte, ich könnte das gleiche
von mir behaupten. Okay, du hast gesiegt. Aber glaube nur nicht, du
würdest nun von mir alles erfahren, was deine
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