PR TB 067 Der Endlose Alptraum
es nicht schwerfallen, ihren Aufenthaltsort herauszufinden.
Das bereitete Noir die geringste Sorge. Er würde Ylina finden,
dessen war er sicher. Aber er mußte danach trachten, daß
sich dann dieser Vorfall nicht wiederholte. Er brauchte nicht lange,
um sich für die einzige wirksame Maßnahme zu Ylinas Schutz
zu entscheiden.
»Würden Sie mir das Visiphon reichen?« bat er den
Piloten.
Ohne den Blick von der verkehrsreichen Luftstraße zu lassen,
klinkte der Pilot das tragbare Bildsprechgerät aus der Halterung
und reichte es nach hinten.
»Brauchen Sie eine Nummer?« fragte er.
»Den Raumhafen. Ich möchte einen Flug buchen.«
»Siebzig-drei - null-fünf - zwei-sieben-vier.«
Noch während der Pilot die Zahlen herunterleierte, begann
Noir zu wählen. Bereits nach dem ersten Summton meldete sich ein
Roboter mit sonorer Stimme:
»Transgalaktische.«
»Wann geht das nächste Schiff nach Halperoon?«
unterbrach Noir den Redeschwall bereits in den Anfängen.
»Einen Augenblick, Herr«, sagte der Roboter und schloß
ein Kabel an seinem Brustkasten an, der ihn mit dem Computer der
Raumhafenkontrolle verband. Gleich darauf kam seine Antwort wie aus
der Pistole geschossen: »In drei Stunden startet die CARINA
nach Halperoon.«
»Ich möchte zwei Passagen buchen.«
»Erster Klasse?«
»Ja. Zwei nebeneinanderliegende Kabinen.«
»Mit Verbindungstür?«
»Das wäre ideal.«
»Auf welchen Namen?«
»André Noir. Augenblick. Ich erhöhe auf drei
Passagen.«
»Sehr wohl, Herr.«
»Oder - noch besser - reserviere für vier Personen.«
Der Roboter verharrte regungslos.
»Worauf wartest du?« fragte Noir ärgerlich.
»Ich lasse Ihnen Zeit, Herr, damit Sie sich entschließen
können.«
»Es bleibt bei vier Flugtickets.«
»Sehr wohl, Herr. Vier.«
Noir tastete aus und reichte das Visiphon nach vorne.
Der Pilot nahm es entgegen.
»Können einen manchmal schon zermürben, diese
kalten Metallmonstren«, sagte er mitfühlend.
Er ließ die Maschine tiefer sinken, drehte eine kleine
Schleife und landete auf dem Parkplatz gegenüber dem Hotel
»Elegie«.
»So, da wären wir«, meinte er dann. Aber es blieb
ungehört; wo eben noch sein Fluggast gesessen hatte, lag ein
Hundert-Solar-Schein.
»Schönen Dank, Sir«, rief er dem rundlichen Mann
nach, der in wahren Riesensätzen über die Straße
hastete und im Hotel verschwand.
André Noir war außer Atem, als er die Rezeption
erreichte.
»Befindet sich die Dame von 202 noch auf ihrem Zimmer?«
fragte er den Robot-Portier.
»Nein, Herr. Sie hat das Zimmer vor wenigen Minuten in
Begleitung eines Mannes verlassen.«
»Wohin sind sie gegangen?«
»Das haben sie nicht gesagt. Und ich habe auch nicht danach
gefragt, denn das oberste Gebot unseres Hauses heißt
Diskretion. Aber vielleicht kommt sie bald wieder zurück.«
»Woraus schließt du das?«
»Sie hat den Zimmerschlüssel nicht abgegeben - ja, sie
hat nicht einmal abgeschlossen.«
»Ich gehe hinauf«, entschloß sich Noir.
»Benützen Sie den Lift, Herr«, rief ihm der Robot
nach.
Dieses Rates hätte es nicht bedurft, Noir hatte auch so nicht
vorgehabt, die zwei Treppen zu Fuß zu überwinden.
Als er im zweiten Stock aus der Liftkabine stieg, sah er sofort,
daß die Tür zu 202 sperrangelweit offenstand. Er betrat
das Zimmer und blickte sich suchend um: Keine Anzeichen dafür,
daß ein Kampf stattgefunden hatte. Noir nahm sich fünf
Minuten für eine oberflächliche Durchsuchung Zeit, fand
aber keinen Anhaltspunkt über die näheren Umstände der
Entführung. Erst als er einen zufälligen Blick in das
polarisierte Fenster warf und sein Spiegelbild darin sah, merkte er,
daß das Glas verschmiert war. Er entspiegelte das Fensterglas
mit
einem Knopfdruck. Tageslicht fiel ins Zimmer und blendete ihn für
einen Moment. Dann entdeckte er, daß die Verschmierungen, die
von einem verschwitzten Finger verursacht worden sein konnten, eine
gewisse Regelmäßigkeit aufwiesen. Er hauchte die
betreffende Stelle des Glases an, und dadurch wurden Schriftzeichen
sichtbar.
»Phils Absurditätenschau«, las Noir.
War das ein Hinweis, den Ylina für ihn hinterlassen hatte?
Noir ging zum Bildsprechgerät und wählte Professor
Gerangers Nummer. Das Gespräch wurde erst nach zehnmaligem
Summen angenommen. Aria, Gerangers Frau, meldete sich.
»Sieh an«, sagte sie mit maliziösem Lächeln,
»der Mutant im Dienste des Großadministrators! Was
verschafft uns die Ehre Ihres Anrufes?«
Noir stellte wieder auf Anhieb die
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