PR TB 164 Die Höhlen Von Olymp
Sanssouq in den Kreis des Lagers aufgenommen. Man bot
ihm zu essen und zu trinken an. Der Proviant der Siegelbewahrer
stammte aus alten Lagern und war wesentlich schmackhafter als die
Pillen, die Sanssouq während der vergangenen Tage zu sich
genommen hatte.
Oo-Singh fragte ihn nach seinen Plänen. Sanssouq erzählte
von dem alten Datenspeicher, der Informationen enthielt, die für
ihn lebenswichtig waren, wie er sich ausdrückte.
Oo-Singh wiegte bedächtig den Kopf.
„Es ist gut für dich, daß du dich auf Valtari
berufen kannst", sagte er. „Denn wenn du das nicht
könntest, dürften wir dich nicht an den Speicher
heranlassen."
„Warum nicht?" wollte Sanssouq wissen.
„Es ist uns aufgetragen, das Siegel zu bewahren",
antwortete Oo-Singh mit großem Ernst. „Das Siegel ist
eine geheime Information, die sich unter den Datenbeständen des
alten Rechenzentrums befindet. Eines Tages wird der kommen, der die
Milchstraße von der Tyrannei der Laren befreit. Man wird ihn
daran erkennen, daß er zuerst hierherkommt und das Siegel
verlangt."
Oo-Singh wußte nicht, welchen Inhalt die Information hatte,
die er das Siegel nannte. Er war aber fest davon überzeugt, daß
das Siegel Wunderkraft besitze und allen Menschen, die unter der
Oberfläche von Olymp lebten, der Untergang gewiß sei, wenn
das Siegel in fremde Hände geriet. Das war, schloß
Sanssouq, der Anfang einer Legendenbildung, die beizeiten dazu führen
würden, daß die Siegelbewahrer ihre Herkunft und ihre
eigentlichen Probleme völlig vergaßen und nur noch der
Aufgabe lebten, die sie sich selbst gestellt hatten. Diese Aufgabe
würde ihre Tatkraft am Leben halten und die Menschen am
Verkümmern hindern. Es war eine Charakteristik des terranischen
Menschen, daß er sich in Zeiten der allergrößten Not
in die Legende flüchtete und seinen Verstand dadurch vor dem
Zerfall bewahrte, daß er an das glaubte, woran er glauben
wollte. Die Siegelbewahrer, - dessen war Sanssouq ganz sicher, würde
es auch in tausend Jahren noch geben - selbst wenn bis dahin noch
niemand die Laren abgelöst und das Joch der Tyrannei gebrochen
hatte.
„Wirst du mir den Datenspeicher zeigen?" fragte er.
„Morgen früh, sobald wir aufgestanden sind",
versprach Oo-Singh.
Zwar war es Sanssouq nicht nach Schlafen zumute. Aber mit dieser
Auskunft mußte er sich zufriedengeben. Man wies ihm eines der
abenteuerlichen Möbelstücke als Schlafstätte an. Nach
Sanssouqs Schätzung mußte es in früheren Zeiten der
Teil einer Maschinenverkleidung gewesen sein. Es war kurz und
gewölbt, und wer darin bequem liegen wollte, der durfte nicht
länger als anderthalb Meter sein und mußte außerdem
die Gelenkigkeit eines Entfesselungskünstlers besitzen. Sanssouq
verbrachte schließlich die Schlafperiode neben anstatt in dem
angewiesenen Schlafgestell, nachdem er überdies das Angebot
einer Schlafgenossin höflich zurückgewiesen hatte.
*
Am nächsten Morgen - in dieser Gegend brannte die Beleuchtung
dauernd, so daß „Tag" und „Nacht" allein
durch die Willkür des jeweiligen Befehlshabers bestimmt wurden -
nahm Oo-Singh Sanssouq beiseite. Sanssouq hatte ein kräftiges
Frühstück hinter sich und fühlte sich so stark, daß
er Bäume hätte ausreißen können.
„Bist du bereit?" fragte der Anführer der
Siegelbewahrer.
„Jederzeit", versicherte Sanssouq. „Dann laß
uns unauffällig verschwinden", schlug Oo-Singh verstohlen
vor. „Ich habe gestern nacht mit einigen von den Leuten
gesprochen und ihnen gesagt, was du vorhast. Es waren nicht alle
damit einverstanden. Je rascher wir zu Werke gehen, desto weniger
Gelegenheit haben sie, dir Schwierigkeiten zu machen."
„Ich bin dir dankbar", versicherte Sanssouq.
Sie verließen die Halle durch denselben Gang, durch den
Sanssouq am vergangenen Tag mit Hilo gekommen war. Nach einer kurzen
Strecke bogen sie links ab. Durch einen engen, vielfach gewundenen
Gang erreichten sie den Saal des alten
Rechenzentrums. Ehrfurchtsvoll blieb Sanssouq unter dem Eingang
stehen und überflog mit seinem Blick die Menge altertümlicher
Geräte, die seit tausend und mehr Jahren hier standen und
unverdrossen ihren Dienst taten, obwohl es niemand mehr gab, der ihre
Dienstleistung beanspruchte.
Die Einrichtung des Saales war so, wie sie vor tausend Jahren
üblich gewesen war: Die große Zentraleinheit stand in der
Mitte. Unmittelbar an sie gekoppelt war der Arbeitsplatz des
Rechenleiters, mit zwei Datenbildschirmen und einer Konsole. Rings um
die
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