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PR2617-Der dunkelste aller Tage

PR2617-Der dunkelste aller Tage

Titel: PR2617-Der dunkelste aller Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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wünscht?« Mit der Hand wischte er sich den Schweiß von der Stirn. »Dorthin fliege ich seit fünf oder sechs Jahren regelmäßig einmal jährlich. Da wohnt niemand, von dem Eremiten abgesehen. Aber der lässt sich nicht blicken. Soweit ich weiß, hat er nicht einmal Bildverbindung. Wer mit ihm reden will, kann das nur über Sprechfunk. Das ist Steinzeit.«
    »Trotzdem«, beharrte Toja. »Das ist unser Ziel.«
    Surtland schüttelte sich. Er warf einen besonders misstrauischen Blick auf die beiden Eiszapfenroboter. »Wenn ich die bloß ansehe, friere ich schon wie ein Springer. Also gut, wickeln wir uns mal wieder in die Schutzanzüge ein.«
    Mit einem knappen Befehl an den Servo schaltete er eine Verbindung in die Zentrale.
    »Dringende Geschäfte zwingen zum Aufbruch. Die LADY ist umgehend startbereit zu machen!«
    »Startbereit?«, klang es zurück. Toja Zanabazar konnte das Übertragungsholo nicht einsehen, doch es war eindeutig eine Frauenstimme, die dem Kapitän antwortete. Wenn sie Frauen und Kinder zusammenrechnete, war das schon beinahe die halbe Besatzungsstärke. »Wohin, um alles in der Welt, sollen wir fliegen? Wir schaffen es ja nicht einmal bis zur Wega.«
    »Die übliche jährliche Routine«, antwortete Surtland. »Ein paar Kleinigkeiten müssen ausgeliefert werden. Absolut nichts Schlimmes.«
    »Das sagst du immer, aber dabei bleibt es nie. Und dann? Lass es uns einmal im Voraus wissen.«
    Flint Surtlands schiefes Lachen gefror schlagartig. »Ich weiß es selbst nicht«, sagte er hart.
     
    *
     
    Die westliche Antarktis.
    Weißes, zerklüftetes Land und Vulkane, die vulkanreichste Region des Planeten Erde. Endlos war dieses Land, so wollte es scheinen, und in Agonie erstarrt. Ewig tobten die Stürme darüber hinweg.
    Ein Hauch von Zeitlosigkeit lag über dem zerklüfteten, in viele Halbinseln aufgespaltenen Land.
    Es war sieben Uhr abends, jedenfalls in Terrania, als die LADY LAVERNA in unmittelbarer Nähe der Basis Altes Eis aufsetzte. Die Antigravfelder der Frachtwalze blieben weitgehend aktiv, um den enormen Druck des Schiffes auf den unsicheren Untergrund abzufangen. Einmal, in besonderen Jahren sogar doppelt so oft, kam Flint Surtland in diese von Menschen verlassene urwüchsige Gegend. Im Auftrag des Grafen brachte er Verpflegung und Dinge des alltäglichen Lebens, nahm Abfälle und Leergut wieder mit.
    Routine.
    Surtland nannte es eher Gewohnheit. Earl Grey war ein besonderer Mensch. Surtland mochte ihn, auch wenn er ihn so wenig wie den Einsiedler zu Gesicht bekam. Aber diese Zuneigung war eigentlich ganz zwangsläufig, denn nur die Hälfte der LADY LAVERNA gehörte Surtland selbst. Eigentümer der anderen Hälfte war der Graf, doch das ging niemanden etwas an. Surtland mochte ein Mensch sein, den man hassen oder lieben konnte. Eines war er ganz gewiss: verschwiegen.
    Nachdenklich schaute er zur Basis hinüber. Im Jahr 2250 alter Zeitrechnung errichtet und zu weiten Teilen in Eis und Fels vorgetrieben, atmete sie terranische Vergangenheit pur. Ein eigenartiges Flair haftete der Station an.
    Ein wenig lag das sicherlich auch an der vermeintlichen Bruchstelle zwischen Feuer und Eis, die sich an diesem Ort deutlich manifestierte. Dabei war der Mount Sidley, dessen Flanke der Station geradezu Schutz zu bieten schien, ein längst erloschener Vulkan. Der Feuer speiende Berg war nicht einmal im Jahr 3585 alter Zeitrechnung zu neuem Leben erwacht, als die Erde und ihr Mond nach langer Odyssee aus der fernen Galaxis Ganuhr an ihren angestammten Platz im Solsystem zurückgekehrt waren.
    Abschätzend wog Surtland den Umschlag in der Hand, den Toja Zanabazar ihm überreicht hatte. VR – die Buchstaben standen für Vergil Rifeshyd. So hieß der Eremit. Surtland hatte den Mann, den er regelmäßig belieferte, nie zu Gesicht bekommen, hatte nur zwei- oder dreimal über Sprechfunk einige Worte mit ihm gewechselt. Es machte ihm nichts aus, die Fracht lediglich abzuladen und wieder zu verschwinden. Er erledigte seine Arbeit, und das machte er gut. Der Earl war zufrieden. Und Rifeshyd, ob menschenscheu oder nicht, musste nicht fürchten, wie ein Tier im Zoo angestarrt zu werden.
    Ein Mensch, der so viele Jahre seines Lebens in dieser Einöde verbrachte, musste menschenscheu sein.
    Die üblichen Paletten wurden ausgeladen. Bei der Arbeit mit dem Antigravkran brauchte Surtland nicht dabei zu sein.
    Er versuchte, Kontakt zu bekommen. Rifeshyd reagierte nicht auf die permanente Rufwiederholung.
    »Und?«, wollte

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