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Prickel

Prickel

Titel: Prickel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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    »Brechen Sie die Fahndung ab«, sagte ich. »Holen Sie sich lieber ein paar Taucher und 'ne Hundertschaft Fußvolk und durchkämmen sie die umliegenden Grüngürtel und Gewässer. Irgendwo wird er rumliegen, baumeln oder treiben. Und es wird wie Selbstmord aussehen. Denn er ist tot, glauben Sie mir.« Schweigen am anderen Ende.
    Inzwischen stieg in mir die Hitze auf. Es war passiert, was ich vorhergesagt hatte. Es war passiert, obwohl ich es vorhergesagt hatte. Laut und deutlich. Und es würde wieder passieren, wenn nicht bald etwas geschähe.
    »Und wenn Sie eh schon am Telefon hängen, dann rufen Sie auch gleich noch mal in Bottrop an, lassen sich ihren Kollegen Kujak geben und von ihm das Protokoll meines letzten Anrufs vorlesen. Vielleicht dämmert es Ihnen beiden dann ja, daß die Frau noch leben könnte, wenn Ihr Bullen nicht so elend hochnäsig und so gottverdammt borniert wärt.«
    Nicht ganz der Tonfall, den ich normalerweise Menden gegenüber an den Tag lege, aber bei Gott, ich kochte und er hatte mir kurz nacheinander zwei massive Schrecken eingejagt, und dafür mußte er einfach etwas zurückkriegen.
    »Und wenn Sie nur ein bißchen weiter nachforschen, werden Sie ohne Mühe ans Licht bringen, daß ihr Verdächtiger in der letzten Zeit öfter mal in Gesellschaft eines kleinen, wieseligen Typen gesehen wurde, und anschließend werden Sie und Ihre Kollegen es hoffentlich allmählich mal in Ihre dicken Schädel kriegen, daß ich recht habe. Der Killer läuft frei herum, und Bernd Roselius gehört, genau wie Ihr Mann mit den Kamelhauern, zu seinen Opfern! So, und jetzt Tschüs, ich habe zu tun.«
    Damit wollte ich den Hörer auf die Gabel knallen, doch Mendens Stimme hielt mich zurück.
    »Alles schön und gut, Kryszinski«, sagte er schnell, »doch trotzdem: Wissen Sie, was meine Vorgesetzten mir sagen werden, wenn ich denen mit dieser ganzen Geschichte komme? Die werden sagen: >Finden Sie uns erstmal diesen Roselius; und dann sehen wir weiter.< Dies ist eine Behörde, Kryszinski.« Er klang beinahe entschuldigend, er klang so, als ob er wirklich nur Roselius zu finden brauchte und ab da würde sich eine wohlwollende Staatsmacht um alle unsere Probleme kümmern. Alles würde sich in eitel Sonnenschein auflösen.
    Oh nein, dachte ich. Komm mir nicht so.
    »Gut«, sagte ich, »dann vergessen Sie einfach, was ich gesagt habe, finden Sie meinen Klienten, schicken Sie ihn zurück nach Ratingen, finden Sie ihren Oberhausener Verdächtigen, tot oder lebendig, hängen Sie ihm rasch den letzten Mord an, und dann legen Sie sich alle wieder schlafen. Und Tschüs!«
    »Augenblick noch. Das wird Sie interessieren. Wir haben den Besitzer des Geländewagens ausfindig gemacht. Ein Barbesitzer, wie es scheint.«
    Heiko! Oh, Mann! Ich hatte ihn verdrängt gehabt. Kam es mir nur so vor, oder war ich tatsächlich bis vor fünf Sekunden ein glücklicherer, vergleichsweise sorgloser Mensch gewesen?
    »Und?« fragte ich, nach außen hin unbeeindruckt.
    »Wir haben ihn natürlich verhört, doch sein Alibi ist makellos. Er blieb auch erstaunlich kooperativ und gelassen, bis wir ihm die Reste seines Autos zeigten. Da war es mit seiner Fassung ein wenig vorbei. Und als dann noch Ihr Name fiel .«
    »Mein Name?!« schrie ich. »Sind Sie von Sinnen?!! Was habe ich damit zu tun?!«
    »Das wollte der Barbesitzer auch gerne wissen. Wir haben ihn dann über Ihre berufliche Verwicklung in den Fall Roselius im allgemeinen aufgeklärt, und er hat sich im Weggehen noch verwundert geäußert, wie jemand nur einen bekanntermaßen so ungeheuer lebensgefährlichen Beruf wie den Ihren ausüben könne. Ungeheuer lebensgefährlich, das waren seine Worte. Finden Sie nicht auch«, fragte Menden väterlich, »daß wir uns dringend mal zusammensetzen sollten, um Licht in diese ganze Angelegenheit zu bringen?«
    Diesmal knallte ich den Hörer auf die Gabel. Wortlos. Nach zwei- oder dreimaligem tiefem Durchatmen begann ich, mich anzuziehen. Eigentlich erwartete ich, daß das Telefon sofort wieder zu schrillen anfing, doch es blieb stumm.
    Über den Schnürsenkeln ging ich das Gespräch mit Menden noch mal durch. Nein, ich hatte mich nirgendwo verplappert. Und das, obwohl mir mittendrin nicht schlecht der Kragen geplatzt war.
    Dann erst traf es mich wie eine Keule: >Det<, oder wer immer sich hinter diesem Kürzel verbarg, befand sich mittlerweile schon wieder vollkommen unbehelligt auf der Suche nach neuen Opfern. Auf der Suche nach mir. Oder nach

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