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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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dann mit ihren Scheren die Haut vom Leibe gerissen worden war. Die Alkemarerinnen und diejenigen von ihrer Art besaßen Macht über uns. Wenn sie tausend Jahre alt waren, oder auch hunderttausend, so verfügten sie über eine Magie, die weit über unsere eigenen schwachen Fähigkeiten hinausging. Was auch immer es war, das in diesem Berg existierte, es handelte sich dabei um mehr als bloßen Vampyrismus. Dies war die Welt der Götter, nicht die der Lebenden und der Untoten.
    Und dann bot sich mir ein Anblick, der mich mit noch größerer Angst erfüllte.

    Am Pfosten hingen verkehrt herum die Gerippe unserer Geschwister. Die Reißzähne ihrer gebrochenen Kiefer ragten in die Höhe. In ihren Brustkörben staken grobe Pflöcke aus Silber. Das linke Bein eines jeden von ihnen war abgetrennt und ihnen zwischen die Kiefer geklemmt worden, eine barbarische Art, Vampyre davon abzuhalten, zur Schwelle zurückzukehren. die seltsame Rebe hatte sich durch ihre Augenhöhlen an den Knochen entlang nach oben gewunden. Die Blüte war voll aufgeblüht, und die Pflanze wand sich um die Beckenknochen und die der rechten Beine.
    Ausgelöscht. Gemartert selbst noch in dem Nichts der Auslöschung. In ihre Schädel war ein Wort eingeritzt: Maz-Sherah.
     
    »Andere waren bereits vor uns hier«, sagte ich. »Um die Prophezeiung zu erfüllen.«
    Kiya begab sich zu ihnen und schnitt sie ab, wobei sie sorgfältig darauf achtete, die Silberpflöcke zwischen ihren Rippen nicht zu berühren.
    »Es gibt nur einen einzigen Maz-Sherah«, sagte sie. »Und der bist du.«
    »Vielleicht bin ich einer von vielen«, entgegnete ich. »Vielleicht existiert die dunkle Mutter hier. Vielleicht …«
    »Es gibt nur einen wahren Erwählten«, erwiderte sie. »Diese waren die falschen.«
    Plötzlich brach Kiya zusammen, als hätten ihre Beine ihr den Dienst versagt. Ich kauerte mich neben sie und schlang meine Arme um sie, um sie zu stützen.
    Sie musste es nicht aus sprechen. Ich spürte es. Ihr Strom war zu schwach.
    Sie starrte die hängenden Skelette unseres Stammes an, und ich wusste sogleich, was sie dachte: Sie war der Auslöschung bereits sehr nahe. Bis her hatte sie ihre Zusammenbrüche sorgfältig verborgen gehalten. Doch nun konnte sie es nicht länger.

    »Ich komme zurecht«, sagte sie, indem sie sich von mir abstieß, um wieder aufzustehen.
    »Habe keine Angst.«
    »Ich fürchte überhaupt nichts«, entgegnete sie mit einer Stimme wie Stahl, »Maz-Sherah.«
    Sie fuhr fort, unsere seit langer Zeit in der Auslöschung befindlichen Geschwister abzuschneiden. Und als sie schließlich vor ihr auf dem Boden lagen, begann sie ein medhyanisches Gebet zu sprechen, so dass ihre Seelen selbst in der endlosen Ewigkeit, die ihnen nun bevorstand, Frieden fänden. Sie gab jedem Schädel einen Kuss und zog die Knochen zwischen ihren Kiefern hervor.
    Dann ging sie mir voraus, auf die Stadt zu.
    »Was erwartet uns?«, fragte Ewen.
    Ich bemerkte das Entsetzen in seinen Augen und spürte meinen Beschützerinstinkt.
    »Du bist dem Tod einmal begegnet«, antwortete ich. »Du brauchst ihn nicht noch einmal zu fürchten. Wenn diese Prophezeiung der Wahrheit entspricht, so werden wir das erleben, um dessentwillen wir hergekommen sind.«
    »Die Prophezeiung dreht sich um den Maz-Sherah«, erwiderte er. »Yarilo ist verschwunden. Vielleicht werden wir alle ähnliche Schicksale erleben.«
    »Wir werden das finden, was wir finden sollen«, sagte ich zu ihm. Doch ich fügte nicht hinzu, dass das, was wir finden würden, unsere Auslöschung sein könnte. Es spielte viel leicht auch gar keine Rolle, ob unsere Vernichtung durch die Kiefer der Alkemarerinnen oder inmitten dieser bösartigen Totenstadt erfolgte. Ich begann wahrhaftig an mein Schicksal zu glauben. Vielleicht hatte die Tatsache, dass Yarilo dem Strom entrissen worden war, diese Entwicklung bewirkt. Die Blutegel, die Eidechsen und die tödlichen Blüten mochten ausgereicht haben, um menschliche Räuber und Diebe fernzuhalten. Aber wer oder was auch immer
dieses Königreich erbaut hatte, er hatte jedenfalls auch gelernt, wie unser Stamm zu schwächen war.
    Wir wurden erwartet.
    Ich dachte an die Prophezeiungen und an Kiyas Glauben, dass ich »der Erwählte« wäre.
    Doch welcher Geist und welche Zauberei diesen Ort auch erbaut hatten, sie hatten gewusst, dass der Maz-Sherah käme, und sich zweifellos gewünscht, dass »der Eine« allein herkommen, über keine Verteidigungsmittel ver fügen und viel leicht in Alkemara

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