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Priester des Blutes

Priester des Blutes

Titel: Priester des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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sie.
    Zwei andere der nächtlichen Besucher glitten in das Grab, als würden sie wie Schlangen auf dem Bauch kriechen. Mir lief ein Schauder über den Rücken, als ich ihnen zusah und daran dachte, dass ich nun zu einem ihrer Art geworden war. Einer von ihnen war ein älterer Mann von etwa vierzig Jahren, muskulös und mit einem Brustkorb wie ein Fass. Am Kinn trug er einen verfilzten Bart, sein Haar wuchs ihm beinahe bis auf den Rücken. Bis auf einen Fetzen, den er sich als Lendenschurz umgebunden hatte, war er unbekleidet. Der andere war ein junger Mann, der aussah, als wäre er ein Türke, da er die hohen Wangenknochen und stechenden Augen dieses barbarischen Volkes besaß. Sein Haar war allerdings weißblond, wie das der Wikinger. Er war mit einer einfachen Tunika bekleidet. Als er sich er hob, sah ich, wie sich sein Mund öffnete. Dieser war mit so vielen Reihen von Fang zähnen gefüllt, dass es schien, als könnten sie gar nicht alle Platz finden.
    Diese Monster näherten sich der Jungfrau, die sich krampfhaft an mir fest hielt und zu ihren Göttern betete. Die beiden Männer ergriffen die Stricke und banden sie an meinem Leib fest, so dass mein Mund sich nahe an ihrem Hals befand.
    »Du musst dich nähren«, sagte die Vampyrin. »Wenn du das nicht tust, werde ich ihr die Kehle durchschneiden und dir ihre Lebenskraft gewaltsam einflößen. Wir lassen niemanden unserer Art lange leiden. Die Beute leidet ebenfalls, wenn der Räuber zaudert.«

    Dann kletterten sie und die anderen schneller aus dem Grab heraus, als ich es mit meinem Verstand erfassen konnte.
    »Verlasst mich nicht«, flehte ich mit trocken krächzender Stimme.
    Die Frau beugte sich über den Rand, ihr Blick war eisig. »Trinke von ihr. Sie wird nicht lange leiden. Dein Leiden aber wird ohne Blut unerträglich sein. Wir spüren den Schmerz unseres Stammes. Und wir teilen deinen Schmerz als Neugeborener.«
    Und dann verließ sie mich.
    Ich war allein mit der Jungfrau.
    Vielleicht vergingen Stunden, in denen ich dort lag, an die junge Frau gebunden.
    Nun, da ich allein mit ihr war, meine Lippen so nah an ihrer Kehle, und sie jede Gegenwehr aufgegeben hatte, konnte ich nicht länger widerstehen.
    »Vergib mir«, sagte ich.
    Ohne mir auch nur dessen bewusst zu sein, dass ich über sie gerichtet hatte, näherte ich mich ihrem Hals mit meinem Mund. Meine Zähne - die sich zu meinem Entsetzen in scharfe Spitzen verwandelt hatten - versenkten sich in ihr Fleisch. Ich spürte, wie die Haut aufplatzte und mir das Blut dann tief in den Rachen sprudelte. Sobald ich mich von diesem unbeherrschbaren Naturtrieb erholt hatte, zog ich meine Zähne wieder heraus.
    Ich hatte nur wenige Tropfen zu mir genommen, nur ein wenig, aber die Jungfrau war, entweder durch den Schmerz oder durch den Schock, ohnmächtig geworden.
     
    Meine ersten Nächte boten nebelhafte Eindrücke von Gedanken und Erinnerungen, gemischt mit dem Geschmack von Blut. Ich weiß nicht, was mit der jungen Frau geschah, die mir als Gefäß diente, doch eines Nachts erwachte ich, und sie war verschwunden. Die Stricke, mit denen ich gefesselt gewesen war, lagen auf
dem Boden verstreut neben mir. Ich hatte den Schoß meines Grabes noch nicht ver lassen, und obwohl sich mein Körper kräftig anfühlte, hatte ich mich von dem ersten Tod noch nicht erholt.
    Die Vampyrin brachte mir drei Männer aus einer Schlacht, die nicht weit entfernt stattfand. Jeder von ihnen war verwundet und lag vielleicht schon im Sterben, und jeder von ihnen trug Wunden von anderen unseres Stammes: Biss- und Risswunden an Armen, Beinen und in der Nähe des Halses. Ich hatte das Gefühl, mich in einem Traum von Benommenheit und unstillbarem Durst zu befinden. Meine Lippen trockneten aus, und ich fühlte mich, als wäre ich hundert Jahre alt. Unfähig, mit steifen Gelenken weite Strecken zurückzulegen, konnte ich kaum zu dem ersten Mann kriechen, dessen Körper und Geist bereits durch andere gebrochen worden waren. Ich hielt nicht inne, um über meine Abscheulichkeit nachzudenken, denn mein Gefühl für Menschlichkeit hatte dahinzuschwinden begonnen, während sich mein Hunger und die Kraft meine Sinne verstärkt hatten.
    Ich würde sogar behaupten, dass alle Menschen diese Kreatur in sich tragen - dieses Raubtier gegenüber ihren Mitmenschen, das Monster im Inneren, das, wenn eine Verbindung zu ihm aufgebaut wird, möglicherweise vor Erregung fiebert und in dem Blut eines Freundes oder einer Geliebten Nahrung findet. Wir

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