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Prinz der Düsternis

Prinz der Düsternis

Titel: Prinz der Düsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Neben ihr, um ein, zwei Köpfe größer, füllte die erhabene Gestalt des Prinzen den Gang aus.
    Odams Gesicht war hinter einem helmartigen Schlackegebilde verborgen, das seinen ganzen Kopf umwachsen hatte, fast schwarz und an einigen Stellen glitzernd. Er mochte gut und gerne sechs Fuß groß sein, und das, was von seinem Körper unter der Bekleidung zu sehen war, entsprach ganz und gar nicht den Vorstellungen, die sich Mythor insgeheim vom Prinzen der Düsternis gemacht hatte. Seine Gestalt war ausgemergelt, kaum Fleisch saß an den Knochen, doch dies wenige schien steinhart zu sein. Die sich abzeichnenden Sehnen und Muskeln wirkten wie aus Eisen.
    Odam trug einen purpurroten Umhang über dem Rücken, der vom mit goldenen Schnallen zusammengehalten wurde. Darunter bedeckte ein ärmelloses Hemd mit rundem Halsausschnitt ein Kettenhemd, das bis auf die Oberschenkel fiel. In einem breiten Gürtel befanden sich allerlei Täschchen, über deren Inhalt Mythor nur rätseln konnte. Das zwei Handbreit messende Leder wurde von einer aus Staub gewachsenen Schnalle gehalten. Der Prinz verzichtete auf einen Beinschutz. Dafür trug er bis zu den Knien hinaufreichende Lederstiefel.
    Doch was war all dies gegenüber den Waffen, die er sein eigen nannte! Sein gewaltiges Schwert reichte ihm bis zur Brust, und Mythor zweifelte nicht daran, dass er diesen Beidhänder trotz der dünnen Arme zu schwingen vermochte wie kaum ein zweiter. Dazu trug er zwei Kurzschwerter am Gürtel, ebenfalls aus Goldenem Staub gewachsen. Mythor konnte ihn förmlich vor sich sehen, wie er in Schlachten wütete. Doch die Augen hinter dem steinernen Helm verlangten nicht nach Tod. Etwas anderes sprach aus ihnen, und Mythor fühlte sich gering und klein diesem Mann gegenüber. Er glaubte, in seinem Blick versinken müssen, in all dem Leid und der Einsamkeit, die aus ihm sprachen.
    Dann aber, als Odam den Kopf wandte und auf Shezad herabblickte, trat ein anderer Glanz in sie.
    Dieser Mann ist der Herrscher der Düsterzone! sagte Mythor sich. Dieser Mann ist Prinz Odam, der Schreckliche!
    Indes – er konnte es nicht glauben.
    Shezad löste ihre Hand aus der Odams und trat lächelnd näher. »Mir scheint«, sagte sie, »ihr seid zu spät gekommen, um mich noch zu retten.«
    Sie saßen sich auf prunkvollen Stühlen gegenüber – auf der einen Seite Odam und die Prinzessin, auf der anderen Mythor, Sadagar, No-Ango und die Vogelreiter. Hrobon weigerte sich immer noch, das Gehörte zu akzeptieren. Unsicher suchte er ein Zeichen von Trug zu erhaschen, einen einzigen angstvollen Blick der Prinzessin, eine versteckte Drohgebärde des Prinzen, dessen Blick er floh.
    »Nun kommt, meine Freunde, und trinkt!« rief Shezad ausgelassen und schob den Männern die Pokale zu. Nur Mythor griff danach, dann, seinem Beispiel folgend, Sadagar. Odam selbst hatte noch kein Wort gesprochen. »Es wird euch nichts anderes übrigbleiben, als euch mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass er nicht der Wüterich ist, für den alle ihn halten. Der Kampf, den er zu führen hat, ist härter und unbarmherziger als jeder, den ihr euch vorstellen könnt. Er hat sich Mächten zu erwehren, die schrecklicher sind als in euren kühnsten Phantasien. Ich werde ihm darin beistehen.« Wieder ergriff sie Odams Hand und lächelte, strahlte eine Ruhe und einen Frieden aus, die nur ein Mensch empfinden konnte, der seinem Leben einen Sinn gegeben hatte, der dies voll und ganz ausfüllte. Odam selbst machte durch keine Regung deutlich, was ihn bewegte. Doch der Blick seiner Augen war nicht abweisend.
    »Ich… kann es nicht glauben!« stieß Hrobon hervor.
    »Und doch ist es so, mein treuer Freund. Um es zu verstehen, sollt ihr die Geschichte des Mannes hören, der eigentlich Bodan hieß.«
    Sie blickte Odam an, als wollte sie sich die Erlaubnis einholen, Dinge zu offenbaren, von denen – seltsam genug – nur sie beide wussten. Mythor, der seine ganze Aufmerksamkeit Odam widmete, während er Shezad geduldig und gespannt zuhörte, fragte sich, was es wohl sein mochte, das diese beiden in so kurzer Zeit so zueinander gebracht hatte. Es war nichts Schlechtes, das spürte er. Keine Zauberei und keine Gewalt von Seiten des Prinzen.
    »Es war Bodan«, begann die Prinzessin. Plötzlich schwand das Lächeln aus ihrem Antlitz. Sie stellte den Pokal auf den reich gedeckten runden Tisch aus Stein zurück und legte auch die zweite Hand auf die des Prinzen. »Er, den alle Welt nur als Prinz Odam kennt -oder kennen

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